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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Porterhouse-Mann gehört? Sie waren viel zu sehr mit Trinken und Pferdewetten beschäftigt gewesen. Wie viele dieser Figuren nahmen heutzutage noch ein Taxi zur Rennbahn Newmarket und kamen, ohne mit der Wimper zu zucken, um fünfhundert Pfund ärmer zurück? So war es dem Sehr Ehrenwerten Mr. Newland Anno 33 ergangen. Hatte im Aufgang Q gewohnt und war in Boulogne von den Deutschen getötet worden. Skullion fielen noch Dutzende seines Kalibers ein. Das waren noch Gentlemen gewesen. Gentlemen ohne Heckmeck und Firlefanz.
    Sobald die Hauptgänge abgetragen waren und der Stilton seinen Platz einnahm, stieg der Koch die Treppe von der Küche herauf und setzte sich neben Skullion.
    »Ah, Koch, ein erlesenes Festessen. Kann mich an kein besseres erinnern«, teilte Skullion ihm mit. »Wirklich nett, daß Sie das sagen, Mr. Skullion«, sagte der Koch.
    »Besser als die es verdienen.«
    »Irgendwer muß die alten Traditionen hochhalten, Mr. Skullion.«
    »Richtig, Koch, sehr richtig.« Skullion nickte. Schweigend beobachteten sie, wie die Kellner das Geschirr abräumten und der Portwein seine zeremonielle Runde machte. »Und was halten Sie von dem neuen Rektor, Mr. Skullion?« erkundigte sich der Koch.
    Skullion blickte ins bemalte Dachgebälk hoch und schüttelte betrübt den Kopf. »Ein trauriger Tag für das College, Koch, ein trauriger Tag«, seufzte er.
    »Kein sehr beliebter Gentleman?« versuchte es der Koch. »Kein Gentleman«, erklärte Skullion.
    »Aha«, sagte der Koch. Damit war das Urteil über den neuen Rektor gefällt. In der Küche würde er fürderhin das Opfer gesellschaftlicher Schmach sein. »Kein Gentleman, wie? Dabei hat man ihn doch in den Ritterstand erhoben.« Skullion sah ihn mißbilligend an. »Gentlemen sind nicht vom Ritterstand abhängig, Smutje. Gentlemen sind Gentlemen«, sagte er, und der angemessen gerügte Küchenchef nickte. Mit Mr. Skullion stritt man sich nicht, nicht über Fragen gesellschaftlicher Etikette und nicht in Porterhouse. Nicht wenn man wußte, was gut für einen war. Im College war Mr. Skullion eine Institution.
    Schweigend betrauerten sie das Ableben des alten Rektors und den Niedergang des Collegelebens, den die Einsetzung eines neuen Rektors, der kein Gentleman war, mit sich bringen würde.
    »Dennoch«, befand Skullion schließlich, »war es ein erlesenes Festmahl. Kann mich an kein besseres erinnern.« Das sagte er aus Respekt für die Vergangenheit, halb widerwillig. Gerade wollte er nach unten gehen, als der Rektor ruhegebietend auf den High Table klopfte und sich erhob. Von der Musikantenempore glotzten Skullion und der Chefkoch entsetzt auf dieses Schauspiel. Eine Rede beim Festmahl? Nein. Niemals. Das verbot das Gewicht fünfhundertzweiunddreißig vorangegangener Festessen.
    Sir Godber starrte auf die ihm so ungläubig zugewandten Köpfe hinab. Er war zufrieden. Das verblüffte Schweigen, die ungläubigen Blicke und die Spannung, genau das hatte er gewollt. Und nicht ein Kichern. Sir Godber lächelte. »Fellows von Porterhouse, Mitglieder dieses Colleges«, hob er mit der routinierten Weltgewandtheit eines Politikers an, »als Ihr neuer Rektor ist es nach meinem Empfinden die geeignete Gelegenheit, Ihnen einige neue Gedanken zur Rolle von Institutionen wie dieser in unserer modernen Welt zu unterbreiten.« Kalkuliert, jede Beleidigung raffiniert kalkuliert. Porterhouse eine Institution, neu, modern, Rolle. Diese Begriffe, diese Klischees besudelten die Atmosphäre. Sir Godber lächelte. Sein Gespür für Beleidigungen traf ins Schwarze. »Nach einem solchen Mahl«, (auf der Empore zuckte der Koch zusammen), »ist es sicherlich nicht unangebracht, sich über die Zukunft und die Veränderungen Gedanken zu machen, die zweifellos unumgänglich sind, wenn wir in der Welt von heute bestehen wollen ...«
    Leichtfüßig rollten die Platitüden dahin, bedeutungslos, aber wirkungsvoll. Niemand im Saal achtete auf die Worte. Sir Godber hätte die Wiederkunft Christi verkünden können, ohne auf Einwände zu stoßen. Es reichte, daß er anwesend war, sich über die Tradition hinwegsetzte und wissentlich das ihm anvertraute Amt in den Schmutz zog. So etwas war in Porterhouse noch nie dagewesen. Das stellte nicht nur ein Sakrileg dar, sondern Blasphemie reinsten Wassers. Ganz Porterhouse saß schweigend da, von dem sich bietenden Schauspiel wie vom Donner gerührt.
    »Und so lassen Sie mich mit folgendem Versprechen schließen«, kam Sir Godber zu einem entsetzlichen Ende.

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