Schwanentanz
verschüchtertes Kind, dem ansonsten die Rute vom Nikolaus drohte, statt des Stiefels voll Geschenke.
Ehe Suzanna es sich anders überlegen konnte, stand sie auf. „Wartet. Verehrte Cara.“ Die Anrede Lady sparte sie sich sehr bewusst. Nun galt es, alles auf eine Karte zu setzen und die Sídhefürstin zu überraschen, ja gar zu schockieren. „Ich würde gerne etwas darbieten“, rief Suzanna. „Ich will für euch tanzen!“
Am Tisch wurde es unruhig und sehr deutlich hörte sie das gezischte „Was zur Hölle tust du!“ von Brandon heraus.
„Was macht sie denn?“, rief Aiden, und Seamus flüsterte beschwörend: „Suzanna, lass es.“
„Tanzen?“
Cara hatte angebissen, zumindest machte es den Anschein. Suzanna trat vor und schüttelte Brandons Hand ab, der versuchen wollte, sie zurückzuhalten. Sie krallte sich an ihrer Handtasche fest.
„Ja, Cara. In meiner Welt bin ich eine berühmte Ballerina. Ich könnte den ehrenvollen Abend mit einem Tanz bereichern. Du magst Musik, Kultur und Tanz. Hast du je ein klassisches Ballett gesehen?“
„Du bist berühmt?“, hakte Cara mit schräg gelegtem Kopf nach. Sie verbarg ihre Neugier kaum. „Ist das wahr?“
Brandon stand auf, auch wenn er deutlich zu erkennen gab, dass er lieber still sitzen geblieben wäre. „Es ist wahr. Viele Zeitungen der Menschen zeigen ihre Fotos auf der Titelseite.“
Danke fürs Übertreiben, dachte Suzanna erleichtert und zwang einen Abglanz von Selbstbewusstsein in ihr Gesicht. Bühnenarroganz hatte sie selbstredend gleich nach dem Bühnenlächeln gelernt. „Natürlich kann ich als Primaballerina nicht umsonst für dich tanzen.“ Sie lächelte, als wäre das jedem im Raum bewusst; ein Lächeln, das meist ein verkrampft gerufenes „Aber natürlich nicht!“ nach sich zog. Cara schwieg, und das bedeutete, dass Suzanna schnell sein musste, um sie zu überraschen und den Handel abzuschließen. „Es ist nur eine Kleinigkeit, die ich verlange, nur eine Gabe, eher symbolischer Natur.“ Suzanna hörte, wie Brandon am Tisch die Luft zwischen den Zähnen einzog. Obwohl sie ihm mit dem Rücken zugewandt stand, wusste sie genau, wie er dort saß, während er begriff. Die Unterarme auf den Tisch gepresst, die Fäuste geballt, den Kopf gesenkt. Wut pulsierte sichtbar in den Adern an seinen Schläfen. Wut über diese Dummheit.
„Ich möchte, dass du deinem ersten Lord, Brandon, die Freiheit schenkst.“
Stille.
Absolute Stille. In der Luft flirrte jene Art der Anspannung, die nach einem exzessiv getanzten Solo einsetzte. Die Sekunde der Fassungslosigkeit, ehe die Leute applaudierend aufsprangen, Blumen warfen und ihren Namen riefen. Darauf konnte sie heute länger warten. Der Applaus kam in Form von Caras schmalem Lächeln.
„Das ist ein sehr, sehr hoher Preis. Ich hänge an meinen Kriegern. Und an ihm ganz besonders.“
„Beruht das auf Gegenseitigkeit?“, fragte Suzanna schärfer als beabsichtigt.
„Aber ja. Ja doch!“
„Dann ist es nur eine Förmlichkeit. Wenn er dich liebt, wird er weiterhin dein Krieger sein. Für dich ändert sichnichts. Du zahlst mit nichts außer einem kleinen Risiko.“
Caras Lächeln blieb bestehen, aber ihr Blick ging nach innen und Suzanna wusste, dass sie die Alte am Arsch hatte. Sie würde sich nie die Blöße geben zu gestehen, dass Brandon sie nicht liebte, verehrte, vergötterte.
Doch dann zuckte die Sídhefürstin mit den Schultern. „Ach, dass ein Balletttanz nun etwas derart Ungewöhnliches sein soll, mag ich kaum glauben. Mein Angebot lautet wie folgt: Du tanzt, danach entscheide ich, ob die Darbietung einer Entlohnung würdig war.“
„Nein.“ Das Lächeln halten konnte Suzanna auch. „Es ist ein ganz besonderer Tanz, den ich dir anbiete, musst du wissen. Es ist mein letzter Tanz.“ Sie winkelte das Knie an und hob den Fuß knapp über den Boden. „Wie du weißt, ist mein Knie schwer verletzt. Tanze ich, so wird es nie mehr heilen.“
„Nein, Schluss mit dem Quatsch!“, rief Brandon. Er machte Anstalten, zu ihr zu kommen, aber Cara wies ihn mit einem scharfen Befehl zurück.
„Setz dich sofort wieder hin, Brandon!“
Sie leckte sich die Lippen. Ja, sie war so neugierig, so gierig und so verliebt in die Idee dieses verrückten Tauschgeschäfts. Schließlich schoss sie Suzanna einen eiskalten Blick zu.
„Abgemacht, Tänzerin. Hol diese interessanten Schuhe.“
„Ich habe sie bei mir.“
Das Wildbret vertrocknete auf seinem Teller zu grauen Scheiben, während er
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