Schwarz-Indien
fort, daß nicht der ganze Erdball über und über aus Steinkohle besteht! Das wäre doch ein Vorrath für einige Millionen Jahre!
– Gewiß, Harry, man muß aber doch zugeben, daß die Natur sehr weise gehandelt, unseren Planeten vorzüglich aus Sandstein, Kalk und Granit, d. h. aus unverbrennlichen Stoffen zu bilden.
– Sie wollen damit doch nicht sagen, Herr Starr, daß die Menschen zuletzt den ganzen Erdball verbrannt hätten?…
– Gewiß, mein Sohn, antwortete der Jugenleur. Die Erde wäre bis zum letzten Stück in die Dampfkessel der Locomotiven, Locomobilen, Dampfschiffe und Gasanstalten gewandert und dabei wäre unsere Welt dereinst zu Grunde gegangen.
– Das ist nicht mehr zu fürchten, Herr Starr, dennoch werden wenigstens die Steinkohlen, und vielleicht schneller als die Statistiker jetzt ausrechnen, zu Ende gehen.
– Ohne Zweifel, Harry, und meiner Ansicht nach thut England sehr unrecht daran, sein Brennmaterial gegen das Gold anderer Nationen einzutauschen.
Der Ingenieur sah sich mit betrübten Augen um. (S. 30.)
– Wahrhaftig, bestätigte Harry.
– Ich weiß sehr wohl, fuhr der Ingenieur fort, daß die Hydraulik und die Elektricität ihr letztes Wort noch nicht gesprochen haben, und daß man diese beiden Kräfte einst noch vortheilhaft ausnutzen wird. Doch wie dem auch sei, die Steinkohle gestattet eine so bequeme Anwendung und deckt so verschiedene Bedürfnisse der Industrie. Leider vermögen die Menschen sie nicht nach Belieben wieder zu erzeugen. Wenn die Wälder der Erdoberfläche sich mit Hilfe der Wärme und des Wassers immer wieder ersetzen, so ist das doch mit den Wälderlagern des Erdinnern nicht der Fall, und unser Planet wird voraussichtlich niemals wieder die Bedingungen bieten, welche zu ihrer Bildung unerläßlich sind.«
Immer weiter plaudernd, schritten James Starr und sein Begleiter vieder rüstig vorwärts. Eine Stunde, nachdem sie Callander verlassen, langten ie an der Grube Dochart an.
Selbst ein ganz Unbetheiligter würde von dem traurigen Anblicke des verlassenen Etablissements unangenehm berührt worden sein. Es erschien nur noch als das Skelet dessen, was es bei Lebzeiten gewesen war.
Innerhalb eines weiten, von einigen mageren Bäumen eingefaßten Vierecks bedeckte noch immer der Staub des mineralischen Brennstoffes den Boden, aber nirgends lagen Schlacken oder Kohlenstückchen mehr umher. Alles war weggeschafft und vor langer Zeit verbraucht.
Auf einem mäßigen Hügel erhob sich noch ein umfängliches mehrstöckiges Gerüst, an dem die Sonne und der Regen nagten. Ueber demselben sah man ein großes eisernes Rad, und darunter die großen Trommeln, um welche ehemals die Taue liefen, welche die Kohlenkasten zu Tage förderten.
Das Ganze machte den Eindruck der Verlassenheit. (S. 34)
In der unteren Etage desselben befanden sich jetzt verfallene Räume für die Maschinen, deren Stahl-und Kupfertheile früher so hell und lustig glänzten. Einige Mauerreste lagen da und dort auf der Erde inmitten zerbrochener und nach und nach mit Moos bewachsener Balken. Reste der Balanciers, an welchen die Stangen der Saugpumpen befestigt waren, geborstene und mit Schmutz erfüllte Stopfbüchsen, Getriebe ohne Zähne, umgestürzte Schaukelapparate, vereinzelte Sprossen an den Strebebalken, hervorstehend wie die Dornenfortsätze an den Rückenwirbeln eines Ichthyosaurus, Schienen über einen halb zusammengebrochenen Viaduct, den nur noch zwei oder drei baufällige Pfeiler stützten, Pferdebahngeleise, welche kaum noch das Gewicht eines leeren Wagens ausgehalten hätten – diesen traurigen Anblick bot heute die Grube Dochart.
Der gemauerte Rand der Schachtöffnung, dessen Steine sich verschoben hatten, verschwand unter wucherndem Unkraut. Hier erkannte man wohl noch die Spuren eines Förderkastens, dort eine Stelle, an der einst die Kohle abgelagert wurde, um nach Qualität und Größe sortirt zu werden. Daneben lagen Trümmer von Tonnen mit noch einem Stück Kette daran, Bruchstücke riesiger Balken, Blechtafeln eines geborstenen Kessels, verbogene Pumpenstangen, lange Balanciers über der Oeffnung der Luftschächte, beim Wind erzitternde Fußstege, schmale, unter den Füßen schwankende Brückchen, geborstene Mauern, halb eingedrückte Blechbedachungen, welche früher über den Backsteinkaminen angebracht waren, die durch ihre Verstärkung am Bodenende modernen Kanonen gleichen, deren Schwanzstück mit Stahlringen umgeben ist. Das Ganze machte den Eindruck
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