Schwarz und Weiss (German Edition)
dumm er war, aber Tony ging trotzdem hinein. Was hatte dem Aufseher solche Angst gemacht? Auf dem Tisch, versteckt unter einem Haufen Papiere, lag eine Akte. Das musste die sein, die vernichtet werden sollte. Tony griff danach und schlug sie auf.
„Was…“ Er war überrascht, als er sein eigenes Gesicht auf dem Foto erblickte. Er sah zwar etwas jünger aus als jetzt, aber die schulterlangen, dunkelbraunen Haare und die hellen, blauen Augen hatte er immer noch.
Warum hatte der Aufseher sie nur verschwinden lassen wollen?
Plötzlich ertönte hinter ihm ein Räuspern und Tony fuhr herum. In der Tür standen der Aufseher und sein Begleiter. Sie machten zufriedene Gesichter.
Tony sah sich instinktiv nach einem Fluchtweg um, obwohl er wusste, dass die Beiden den einzigen versperrten. Er legte die offene Akte zurück auf den Tisch.
„Ich habe doch gesagt, dass ich etwas gehört habe!“, rief der Begleiter triumphierend. Der Aufseher brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
„Schön, dass du da bist“, sagte er gespielt freundlich.
Tony schwieg.
„Ich wusste ja schon, dass du ein bisschen blöd sein musst, um die Zeitung neben deinem Opfer liegen zu lassen, aber dass du so bescheuert bist, hier aufzutauchen…“ Er schüttelte kurz den Kopf, „das hätte ich nicht mal von dir erwartet.“
„Ich fasse das mal nicht als Kompliment auf“, sagte Tony matt. Es war vorbei, er hatte es vermasselt. Wie konnte er nur so blöd gewesen sein, in diese Falle zu tappen?
„Vielleicht hätte ich ja heute Nachmittag beim Richter ein gutes Wort für dich eingelegt, aber jetzt…“ Der Aufseher zuckte scheinbar bedauernd die Schultern. Tony bezweifelte zwar, dass er die Wahrheit sagte, aber in seiner Situation hielt er lieber den Mund.
„Das wird dem Richter überhaupt nicht gefallen“, fuhr er genüsslich fort.
„Das glaube ich auch!“, ergänzte der Begleiter eifrig und fing sich einen bösen Blick ein.
Irgendwo schepperte es.
„Geh nachschauen!“, befahl der Aufseher und der Mann machte sich unterwürfig auf den Weg.
„Ich weiß ja nicht, wie es dir gerade geht, aber ich fühle mich großartig“, sagte er dann zu Tony.
Tony verzog den Mund kurz zu einem gespielten Lächeln. Das Büro war eine Falle gewesen. Warum hatte er sich dazu verleiten lassen, hineinzugehen? Und was war mit seiner Akte? Tony wusste nicht mehr, was er denken sollte. Da kam ihm der Unbekannte von letzter Nacht gar nicht mehr so unnatürlich vor, auch wenn irgendetwas an ihm mysteriös war.
Als hätte der Aufseher seine Gedanken gelesen, sagte er: „Damit du es weißt, die Akte soll tatsächlich vernichtet werden. Aber dir wird sowieso niemand glauben, wenn du das erzählen solltest. Immerhin bist du ein Mörder.“ Er legte eine besondere Betonung auf das letzte Wort.
„Was dauert denn so lange?!“, brüllte er dann aus der Tür zu seinem Kollegen. Er erhielt keine Antwort und seufzte entnervt, als es erneut schepperte. „Hallo?“, rief er nach draußen.
„Das tut mir jetzt wirklich leid…“ Tony erkannte die Stimme sofort. Dem Aufseher klappte die Kinnlade herunter, als der Unbekannte, der Tony letzte Nacht besucht hatte, hereinkam. Sehr viel von ihm konnte man nicht erkennen. Er trug einen langen, dunklen Mantel mit tiefer Kapuze und eine dunkle Maske, die den letzten Rest, der von seinen Augen zu erkennen gewesen wäre, verdeckte. Das einzige, das man erkennen konnte, war sein Mund.
Was zum...
Er hielt ein blutverschmiertes Messer in der Hand.
„Was tut Ihnen leid?“, fragte der Aufseher dümmlich.
„Die Schweinerei, die ich da hinten angerichtet habe.“ Der Mann betrachtete bedauernd das Messer. „Aber Tony und ich müssen jetzt gehen. Schön, Sie kennen gelernt zu haben.“ Er nickte ihm höflich zu und wandte sich ab.
Das Gesicht, das der Aufseher machte, war einfach köstlich. Tony bewegte sich zögerlich und wie benommen auf den Ausgang zu. Was hat er getan?
„Sie denken doch nicht ernsthaft, dass ich Sie Beide jetzt einfach so gehen lasse, oder?“, fragte der Aufseher verdattert und versuchte, selbstbewusst zu wirken.
„Das denke ich ehrlich gesagt schon“, meinte der Unbekannte sicher, „schließlich kommen Sie mir nicht wie jemand vor, der sein Leben gerne aufs Spiel setzt.“ Er grinste vielsagend.
„Wie sind Sie hierher gekommen?“
„Das wollen Sie nicht wissen, glauben Sie mir. Und es hat mich einige Mühe gekostet. Ich musste sogar noch einen neuen Mantel auftreiben.“ Er sah
Weitere Kostenlose Bücher