Schwarz und Weiss (German Edition)
hinter ihm geschlossen wurde und er sich wieder Peter gegenüber auf sein Bett setzen musste. Die Wache verschwand hinter der Sicherheitskontrolltür. Sofort schwollen wieder die lauten Gespräche ringsherum an.
„Jetzt sag schon, Kleiner“, brummte Peter, „warum bist du hier?“
Tony schwieg.
„Bist wohl nicht sonderlich gesprächig, hm? Das ist gut, ich mag keine Schwätzer.“ Mit diesen Worten legte Peter sich auf den Rücken, kramte eine zerfledderte Zeitung unter seinem Kissen hervor und schwieg die nächste geschlagene Stunde, in der Tony seine Zeit damit verbringen durfte, nichts zu tun.
Endlich ertönte der abendliche Gong und das Licht ging aus. Tony drehte sich also auf den Rücken und versuchte, einzuschlafen. Morgen um diese Zeit würde er achtzehn Jahre alt sein. Nicht, dass sich dadurch irgendetwas an seinem Leben ändern würde.
Kurz darauf ertönte lautes Schnarchen aus Peters Richtung.
Muss das sein?
Tony klatschte sich das dünne Kissen über das Gesicht, um das nervende Geräusch aus seinem Kopf zu verbannen. Es half nichts. Missmutig setzte er sich wieder auf und versuchte, Peter in der Dunkelheit auszumachen. Wenn das Kissen auf dem Kopf ihm selbst schon nichts brachte, dann vielleicht Peter. Vorsichtig zog Tony es unter Peters Kopf hervor und versuchte, es so auf Peters Gesicht zu platzieren, dass das Schnarchen etwas leiser wurde. Peter grummelte im Schlaf. Tony machte vorsichtshalber einen Schritt rückwärts und wäre auch noch beinahe auf der Zeitung ausgerutscht, die Peter achtlos auf den Boden geschmissen hatte. Er hob sie auf und warf sie in die Ecke, wo sie geräuschvoll in ihre Einzelteile zerfiel.
Zufrieden stieg er wieder in sein Bett. Kurze Zeit später war das Schnarchen wieder zu hören.
Eine letzte Wache machte ihren Rundgang und Tony tat, als würde er schlafen. Die Schritte hallten von den Wänden wieder und eine Lampe schwenkte von links nach rechts. Der Kegel der Lampe leuchtete in Tonys Zelle, verharrte dort ein paar Sekunden und bewegte sich dann weiter.
Der Wachmann setzte seine Runde fort und die Schritte entfernten sich schließlich. Tony blieb in völliger Dunkelheit zurück. Er war längst noch nicht müde, er befürchtete, dass er noch lange wachliegen würde. Vorausgesetzt, er würde überhaupt schlafen können unter Peters Schnarchen und dem Gedanken, dass er ihm nicht traute.
Tony hatte zwar keine Uhr, aber er wusste, dass es spät war, als ihn endlich die Müdigkeit einholte. Peters Schnarchen dröhnte von links zu ihm herauf, aber dennoch schaffte er es nach langer Zeit, einzuschlafen.
Sonderlich viel Schlaf bekam er allerdings nicht. Die Nacht endete um fünf Uhr früh mit einem Schrei. Tony blinzelte. Es war stockdunkel und er verfluchte in Gedanken denjenigen, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte, wer auch immer es gewesen war. Ohne Vorwarnung ging das Flurlicht an und ein heller Streifen künstliches Licht schien durch die Türgitter, sodass Tony kurz geblendet die Augen schließen musste. Er hörte eilige Schritte an seiner Tür vorbeigehen und stand auf, um einen Blick auf das Geschehen draußen zu erhaschen.
Auch in die anderen Zellen kam jetzt Leben, nur Peter schlief wie ein Stein, den einen Arm aus dem Bett hängend. Tony presste sein Gesicht gegen die Tür. Zu sehen bekam er erst einmal den Rücken eines Wachmanns, der sich gerade angeregt mit seinem Nachbarn unterhielt: „Und ich dachte unsere Sicherheitsmaßnahmen hier seien gut…“ „Halt die Klappe!“, zischte dieser und er verstummte. Missgelaunt nahm er einen Schritt Abstand und gab den Blick auf die Zelle gegenüber von Tony frei. Die Tür stand offen und eine Lache dunkles Blut floss hindurch. Zwei Männer in weißen Kitteln trugen eine Trage hinaus. Es war nichts darauf zu sehen als ein weißes Tuch, aber Tony konnte sich nur zu gut vorstellen, was darunter lag. Er sog zischend die Luft ein.
„Hey Mann, zurück in dein Bett!“, schimpfte eine Wache und Tony wich zurück. Instinktiv wusste er, was passiert war. Es kam zwar öfters vor, dass ein Streit zwischen Zellengenossen im Krankenhaus endete, aber dass jemand auf einer Trage mit Leichentuch herausgetragen wurde, damit hätte Tony nicht gerechnet. Durcheinander setzte er sich auf das Ende von Peters Bett, der weiterhin seelenruhig dalag und es nicht einmal mitbekam.
Nur kurze Zeit später ertönte der Gong und eine Stimme teilte allen durch den Lautsprecher mit, dass es in zehn Minuten ein Treffen in der
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