Schwarz und Weiss (German Edition)
ist Wäsche waschen.
Regelmäßig planen einige Häftlinge einen Ausbruch, was im besten Fall damit endet, dass sie noch während der Planung erwischt oder verraten werden und eine Strafarbeit ableisten müssen. Also Wäsche waschen.
Die Verpflegung lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Man darf unter Aufsicht in die Kantine zum Essen, welches mindestens fünf Mal die Woche aus Suppe und Eintopf besteht, und wird genauestens überwacht, um bereits erwähnte Planungen zur Flucht zu unterbinden. Trotzdem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, seinen Verbündeten etwas mitzuteilen, wenn man es will. Niemand, auch nicht die wachsamste Wache, ist in der Lage, jedes Gespräch zu verfolgen.
Anthony Blackwell grauste es bei diesen Gedanken. Er wusste nicht, wie er es überleben sollte, sein gesamtes restliches Leben in einem dieser Gefängnisse verbringen zu müssen. Vor allem, da er gerade mal achtzehn war.
Genau genommen würde er erst am folgenden Tag achtzehn werden, und bis zum heutigen Tag hatte Tony sein Leben ebenfalls in Gefangenschaft verbracht, allerdings zusammen mit Leuten, die in seinem Alter waren, in einem Jugendgefängnis in Texas. Sein ursprüngliches Urteil hatte vorgesehen, dass er an dem Tag, an dem er achtzehn werden würde, freigelassen werden sollte, aber irgendetwas musste damals schiefgelaufen sein, denn vor einem Jahr besuchten ihn zwei wichtig aussehende Beamte, komplett mit Aktenkoffer und Krawatte, um ihm mitzuteilen, dass es ihnen leid täte, seine Strafe sich allerdings auf lebenslangen Gefängnisaufenthalt erweitert hätte.
Tony war von Anfang an klar gewesen, dass er folglich früher oder später in ein anderes Gefängnis verlegt werden würde, aber dieser Tag war letztendlich schneller gekommen, als er gedacht hatte und nun saß er in diesem Van, auf einer Straße quer durch Texas, auf dem Weg in ein Gefängnis für normale, erwachsene Verbrecher.
Ihm gegenüber saß ein Mann, den er nicht kannte, sie hatten ihn von irgendwo abgeholt, nachdem sie etwa eine Stunde gefahren waren, um ihn in dasselbe Gefängnis zu bringen wie Tony.
„Was hast du denn verbrochen, Kleiner?“, war seine erste Frage gewesen, als er Tony gesehen hatte.
„Banküberfall und versuchter Mord“, hatte Tony in monotoner Stimme geantwortet, dieselbe Antwort, die er schon so oft hatte geben müssen. Genau so stand es zwar in seiner Akte, aber Tony könnte schwören, dass er das nicht getan hatte. Allerdings wüsste er nichts, womit er sich verteidigen könnte. Mit sechzehn Jahren war er verurteilt worden, wegen etwas, von dem er nichts wusste. Denn alles, was passiert war, bevor er festgenommen wurde, schien aus seinem Gedächtnis gestrichen worden zu sein. Er hatte keine Erinnerungen an irgendetwas.
Anfangs hatte Tony wirklich versucht, zu beteuern, dass er kein Verbrecher, Bankräuber oder sogar Mörder war, aber irgendwann hatte er es aufgegeben. Es hatte mehr als genug Beweise und angeblich sogar einen Augenzeugen gegeben. So hatte Tony selber angefangen, an seiner Unschuld zu zweifeln. Er hätte diese Bank auch überfallen können und alles vergessen haben.
Tony fragte sich wirklich, wie sechzehn Jahre seines Lebens einfach so aus seinem Gedächtnis gestrichen werden konnten, und es ärgerte ihn, dass niemand ihm geglaubt hatte, als er davon erzählt hatte.
Es war ihn auch noch nie jemand besuchen gekommen, keine Freunde, keine Verwandten, und Tony hatte viele Stunden damit verbracht, nachzudenken, was für ein Idiot er gewesen sein musste, dass ihn niemand sehen wollte.
Der Van, in dem Tony, der Kerl von gegenüber und ihre vier Begleitpersonen saßen, ruckelte über die schlechte Straße und Tony konnte genau sehen, wie Mr.Gegenüber grün im Gesicht wurde. Er verkniff sich die Frage, ob ihm schlecht sei.
Es gab kein Fenster im hinteren Teil des Vans, aber Tony konnte einen Blick hinter das Netz werfen, das ihn von den Fahrern trennte. Durch das Fenster, das in Richtung Fahrbahn zeigte, konnte er genau das sehen: die Fahrbahn. Gelegentlich zeigten sich Büsche und verdorrte Bäume, aber größtenteils fuhren sie durch karge Landschaft, in der niemand zu wohnen schien.
Mr.Gegenüber fing an, das Gesicht zu verziehen, und Tony fragte sich, ob er es jetzt schon bereute, was auch immer er verbrochen haben mochte. Er selbst zumindest war sicher, dass er es getan hätte, wenn er wüsste, was er bereuen sollte. Er konnte sich schöneres vorstellen, als sein gesamtes Leben damit verbracht zu haben, in einer
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