Schwarz wie Samt
führte er mich hinaus auf den Balkon und wir setzten uns auf die Bank, auf der ich schon mit Salman gesessen war.
„Was ist denn passiert, warum ist Salman abgereist?“, fragte Marek und sah mich neugierig an.
„Er musste zurück nach Kairo, er wird Vater.“, sagte ich so ruhig wie möglich. Ich wollte mich nicht mehr aufregen wegen dieser Sache. Es war vorbei.
„Aber, du bist noch mit ihm verheiratet?“, fragte Marek verunsichert.
„Ja, auf dem Papier. Das zählt jetzt alles nicht mehr. Ich muss nur noch mein Testament ändern.“ Marek blickte verständnislos.
„Du hast schon ein Testament gemacht?“, fragte er.
„Ja, erst vor ein paar Tagen, aber jetzt muss ich noch einmal darüber nachdenken und es ändern.“ Marek schüttelte den Kopf. Dann sagte er:
„Ich kann es nicht verstehen, dass er dich in dieser Situation allein gelassen hat. Ich verspreche dir, dass ich so lange hier bleibe, wie du mich brauchst. Meine Studiotermine für diesen Monat habe ich alle abgesagt.“
„Danke, Marek. Es wird nicht mehr so lange dauern.“
Marek drückte mich eng an sich. „Sag doch nicht solche Dinge!“, flüsterte er.
Ich konnte nicht anders, ich musste ihm erzählen, was der Arzt gesagt hatte. Marek war sehr betroffen, als er hörte, dass nun definitiv mein Ende bevorstand. Ich versuchte, ihn wieder aufzuheitern indem ich sagte:
„Du kannst mir helfen, meinen Abgang zu gestalten. Ich habe da so ein paar Ideen.“
Marek schüttelte wieder den Kopf. „Du bist immer für Überraschungen gut“, sagte er.
„Ich muss das unbedingt noch alles in die Wege leiten, bevor man mich mit Beruhigungsmitteln und Schmerzmitteln so vollstopft, dass ich nicht mehr klar denken kann. Wirst du mir helfen?“
Marek drückte meine Hand und sagte mit Blick in die Ferne: „Was immer ich für dich tun kann, sag mir einfach was es ist.“
Eine Schwester war wieder ins Zimmer gerauscht, und als sie mich nicht im Bett antraf, kam sie auf den Balkon.
„Frau Martinez, es wird jetzt kühl. Ich bringe Ihnen und Herrn …“, ihr Blick lag neugierig auf Marek, „ihr Abendessen.“
„Das ist Herr Kretschmar, ein guter Freund. Bitte veranlassen Sie, dass für ihn ein Bett überzogen wird.“ Die Schwester nickte und verließ uns wieder.
„Das ist ja hier wie im Hotel“, sagte Marek und stand auf. „Komm jetzt herein, willst du wieder ins Bett?“
„Nein, Marek, noch wirkt das Schmerzmittel und ich möchte lieber noch etwas herumlaufen.“, sagte ich und schlüpfte unbeholfen in meinen Morgenmantel.
„Du bist sehr dünn geworden“, sagte Marek. „Ist das Essen hier so schlecht?“
„Nein, es ist ganz gut, aber ich habe einfach keinen Appetit, aber wenn du mir jetzt Gesellschaft leistest, schmeckt es vielleicht besser.“ Marek legte den Arm um mich und wir gingen ein paar Schritte auf dem langen Korridor auf und ab.
„Weißt du“, sagte ich, „ich habe nicht gedacht, dass sich mein Zustand so schnell verschlechtern würde und Dr. König, der Chefarzt hat mir zuerst auch noch Hoffnung gemacht, aber heute hat er mir die Wahrheit gesagt.
„Hast du deine Mutter verständigt?“, fragte Marek und war stehengeblieben.
„Nein, ich weiß nicht, wie ich es ihr sagen soll.“
„Wenn du willst, kann ich das für dich tun.“, sagte er und ergänzte: „Ich bin für sie eine neutrale Person und sie wird mir zuhören. Sie kann ja selbst mit dem Arzt sprechen, wenn sie will.“
Marek war so klar, so hilfreich. Ich begann meine Entscheidungen an ihn abzugeben. Er würde das Richtige tun.
Zurück im Zimmer fanden wir einen nett gedeckten Tisch vor, der mit italienischen Spezialitäten lockte. Marek sagte: „Das ist ja fantastisch. Komm und lass uns ein Glas Rotwein trinken.“ Er kramte in seiner Tasche und beförderte einen edlen Tropfen zu Tage. Dann nahm er aus dem kleinen Glasschrank zwei Gläser und schenkte uns ein. Wir stießen an.
Marek sagte: „Auf uns, aber ganz besonders auf Dich!“ Ich fühlte, wie der starke Wein durch meine wunde Kehle rann und sich ein warmes Gefühl in meinem Magen ausbreitete. Was hatte ich denn noch zu verlieren. Ich trank den Wein in großen Schlucken und hielt Marek mein fast leeres Glas hin. Er schenkte mir noch einmal ein. Das Essen konnte ich leider nicht genießen. Jeder Bissen war eine Überwindung. Doch Marek schob mir immer wieder kleine Happen in den Mund, bis ich mich endgültig verweigerte. Wir lachten viel, der Wein hatte mich für einen Moment meine Situation
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