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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Huismann
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Reloncaví-Fjord zu einem Massenausbruch von 130.000 Lachsen. Da Lachse Raubfische sind, haben sie den Fjord leergefressen. Für die Fischer bleibt da nichts mehr übrig. Héctor Kol kennt hier jede Lachsfarm, denn er hat für die Industrie als Projektentwickler gearbeitet, bis ihm klar wurde, dass er mit seiner Arbeit dazu beitrug, das Ökosystem der Fjorde zu zerstören. Er kündigte und berät seitdem für einen Hungerlohn die Genossenschaften der Kleinfischer. Wo immer es im Süden Chiles einen Streik der Lachsarbeiter gibt oder eine Blockadeaktion aufgebrachter Fischer, ist der drahtige und hochnervöse Kettenraucher nicht weit. Er wird von einer Mission getrieben.
    In der Lachsbranche gilt er als Rädelsführer und Verräter –
    er muss auf der Hut sein. Umweltaktivisten aus Santiago haben ihn vor einem möglichen Anschlag auf sein Leben gewarnt, aber Héctor Kol hat schon gegen die Diktatur Pinochets gekämpft: »Ich höre erst auf, wenn auch die Lachsdiktatur in Chile am Ende ist.« Bei unserer Fahrt auf den holprigen Sandwegen am Rande der Fjorde zeigt er auf weiße Silos am Ufer: »Weil zu viele Lachse in den Käfigen sind, reicht der Sauerstoff nicht und sie ersticken.« Die Silos sind Sauerstoffkompressoren, mit denen das Meer künstlich beatmet wird.
    Héctor Kol hat in vielen Farmen Proben gezogen – immer auf der Flucht vor den Booten mit den Security-Männern der Lachskonzerne. Auch die Umweltberichte der Firmen kennt er alle: »In Norwegen darf man ein Gramm Antibiotikum pro Tonne produziertem Lachs einsetzen, in Chile gibt es keine Beschränkung. Hier wird teilweise das Achthundertfache an Antibiotika eingesetzt, verglichen mit Europa. Und zwar die gleichen Antibiotika, die auch in der Humanmedizin verabreicht werden. Das ist gefährlich, denn die Bakterien werden gegen sie resistent. Marine Harvest hat in diesem Fjord in einem Jahr in einer einzigen Farm so viel Antibiotika ins Futter gemischt, wie die gesamte Lachsindustrie Norwegens im gleichen Jahr.«
    Neben den Antibiotika werden auch gefährliche chemische Substanzen eingesetzt, damit die Produktion noch mehr Lachse ausspuckt. Héctor Kol kennt sie alle: »Schon die Lachseier sind mit Pilzmitteln behandelt; darunter sind krebserregende Substanzen wie Kristallviolett oder Malaquit. Die Mastkäfige bekommen regelmäßig Antifaulanstriche mit schwermetallhaltigen Farben.«
    Der Biologe öffnet seinen Laptop und zeigt uns Videoaufnahmen vom Meeresgrund, gedreht von einem Muscheltaucher unterhalb der Käfige einer Lachsfarm. Ich erkenne jede Menge Müll: Rohre, alte Netze und Käfigteile, verfaultes Futter und eine dicke Schicht aus Lachsfäkalien; in der Brühe treiben tote Muscheln, Seeigel und Seesterne. »Da unten ist alles abgestorben. Die Industrie benutzt das Meer als Müllhalde; die Lachse in unseren Farmen produzieren genauso viele Fäkalien wie die 14 Millionen Einwohner Chiles. Das Meeressystem wird wegen der schnellen Rendite rücksichtlos kaputt gemacht – und der WWF unternimmt nichts dagegen.«
    Wenn der Panda mit dem Lachs
     
    Tatsächlich hat der norwegische WWF im April 2008 einen Partnerschaftsvertrag mit Marine Harvest geschlossen. Gemeinsam, so heißt es in der Presseankündigung, werde man die »nachhaltige« Zucht von Lachsen voranbringen. In den Ohren von Héctor Kol klingt das wie blanker Hohn: »25.000 Arbeiter sind schon arbeitslos, weil die Hälfte aller Zuchtbetriebe dichtmachen musste. Wo ist die soziale Nachhaltigkeit, von der der WWF redet? Er behauptet, dass die Industrie gut für Chile sei. Damit fällt er uns in den Rücken.« Ich wende ein, der Dialog des WWF mit dem Unternehmen habe doch auch positive Seiten. Es gibt kleine Fortschritte. So haben der WWF und Marine Harvest in Chile ein Pilotprojekt vereinbart: Die jungen Lachse, Smolte genannt, sollen in Zukunft in geschlossenen Tanks heranwachsen, damit sie die Binnenseen nicht länger verschmutzen. Héctor wischt den Einwand beiseite: »Ein Alibi-Projekt. Wo sind diese Tanks? Es gibt sie nur auf dem Papier, Marine Harvest wird dafür keinen Peso ausgeben.«
    Am folgenden Tag treffen wir Adolfo Alvial, den technischen Direktor von Marine Harvest Chile. Er gibt ohne Umschweife zu, das Projekt Wassertank sei tatsächlich »ausgesetzt« worden. Das Unternehmen habe jetzt andere Sorgen: »Auch wir sind von der Viruskrise schwer getroffen. Wenn die Zeit reif ist, werden wir die Idee wiederaufgreifen. Der WWF hat Verständnis für uns.« Alvial gehört im

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