Schwarze Blumen auf Barnard Drei
weitere Erklärungen. Als sie nicht kamen, fragte er: »Sie möchten über diesen zwielichtigen Sachverhalt reden, den man gemeinhin Kontakt nennt?«
»Ja, bitte. Über den.«
»Die Meinung der BEAGLE?«
»Glauben Sie, Giron, auf diese großartige Idee wäre ich nicht schon selbst gekommen? Ich habe den Gedanken schon vergessen.«
»Ich denke, ich kann Ihnen folgen«, gab Giron zu. »Man würde Ihnen empfehlen, sich gewisser Generalanweisungen zu erinnern. Man würde die Empfehlung mit einigen Zahlen garnieren. Als Tip.«
Jermakow lächelte dünn.
»Sie wissen, daß ich die Kerle noch gar nicht gesehen habe?«
»Ich auch nicht«, erwiderte Jermakow sofort. »Aber andere haben sie gesehen, und ich kenne Ihre Beziehungen zu Ana Reis. Wir wissen nun, daß es die Frage gibt, wir wissen, daß wir uns stellen müssen, aber wir wissen nicht, wann und wie.«
»Wir müssen?«
Jermakow sah einen Augenblick ins Leere. »Eigentlich nicht.«
»Die Wasserleitung?«
»Ja, die. Aber die steht jetzt nicht zur Debatte.« Giron glaubte das nicht. Er behielt diesen Gesichtspunkt im Kopf, als er sagte: »Sie kennen die Affäre mit den Polypeden in den Sira-Gärten, wie unglaublich einfach sich die Dinge dort entwickelten?« Giron fuhr fort, ehe Jermakow Einwände vorbringen konnte: »Und wissen Sie auch über die Tockies Bescheid, denen man monatelang allenfalls Reflexe zubilligte, bis es ein grausames Erwachen gab? Und über die teuren Verwicklungen auf Beatle-Island?«
»Ja, natürlich«, antwortete Jermakow. Giron dachte einige Augenblicke nach. »Ich habe den Eindruck, die schwarzen… – nun, wie nannte man die? – waren freundliche Burschen«, sagte er dann.
»Und Sie halten es für nötig, sich zu vergewissern, daß ich über die Tockies, über Beatle-Island und über die Protokolle der Kokow-Gruppe informiert bin. An die denken Sie doch auch und daran, daß von der Gruppe nichts übrigblieb als diese elende Logkonserve.«
Giron rückte mit seinem Stuhl, um nicht immerfort die militante Linie der Holzpuppen betrachten zu müssen. »Andrej, Sie sind unsicher«, sagte er. »Aus welchem Grunde sollte ich es nicht sein?«
»Aus keinem. Hören Sie, Giron, ich kann die Lage, in der Sie sich befinden, ganz gut einordnen.«
»Und wie ordnen Sie ein, was Ana vorbrachte?«
»Das, Giron«, Jermakow spreizte die Finger weit auseinander und betrachtete sie eingehend, »werde ich Ihnen nicht sagen.«
Es entstand eine Pause. Als stünde er daneben, sah Giron, wie sich sein Verhältnis zu dem Manne Jermakow und die Frage, in der ihn Jermakow zu einem Ja oder Nein hintrieb und zu nichts Dazwischenliegendem, miteinander verwickelten wie zwei Fäden in einem Knäuel. Es war genau die Position, in die er am wenigsten hineinzugeraten wünschte. Girons Gedanken liefen sichtbar über sein Gesicht hin wie wechselndes Licht über eine Fassade. Auf den knochigen Buckeln in seinem Gesicht erschienen rote Flecke. Jermakow saß nur da, reglos und steinern in seiner undurchlässigen Grämlichkeit. Giron erhob sich plötzlich und ging zu dem Sims hin, den die Linie der Matrjoschkas besetzt hielt. Mit raschen Griffen brach er verwirrend in die erstarrte Kundgebung der Ordnungsmäßigkeit, er unterteilte die Reihe in Gruppen, um darzutun, daß es Dinge gab, über die die Puppen miteinander zu reden hatten.
Jermakow sah diesen Manipulationen zu, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich werde es Ihnen doch sagen«, erklärte er, »die Variante der Ana Reis gibt es nicht. Hier sind keine Anthropoiden.«
»Das ist sicher?«
»Absolut. Die fotogrammetrischen Gutachten…« Giron unterbrach seinen Chef mit einer höflichen Geste. »Ich hatte inzwischen Gelegenheit, mit Ernest Tschuk zu sprechen, und bin über Ihre Ansichten informiert. Und die Boolies?«
»In diesem Falle vermisse ich ein logisches Ziel Ihrer Frage«, sagte Jermakow. »Die zivilisatorische Potenz dieser… Schwarzen ist durch ebendie Unterlagen bestimmt, die ich anführen wollte. Besser: ihre Impotenz.«
»Aha«, sagte Giron ein wenig verblüfft. »Und welches logische Ziel verfolgen Sie dann mit mir?«
Jermakow lächelte Giron offen zu. Giron entdeckte wieder den Zug von Jungenhaftigkeit, die das grämliche Grau dieses Gesichts zu durchbrechen vermochte. »Ich möchte Ihre persönliche Meinung erforschen«, sagte Jermakow. »Ich muß wissen, mit wem ich es zu tun haben werde in der
Weitere Kostenlose Bücher