Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
Vom Netzwerk:
dauerte an, während die Frauen nacheinander in die Schleuse traten.

    9.

    Die Vorkommnisse wirkten wie erhöhter Puls, und wie prompt sich Ernest Tschuk in der Messe einfand, zeugte von der Kondition des Kreislaufs unter den Kuppeln. Tschuk kaute an einer illegalen Mahlzeit. »Sie sind also schon da«, sagte er und wischte sich den Mund mit dem Handrücken.
      Jermakow sah nicht von seinen Papieren auf. »Wer?«
      »Die Achtbeinigen.«
      »Wer?«
      »Es ist nicht sicher, ob diese Boolies Beine haben, und wenn, dann scheinen es mehr als acht zu sein«, sagte Tschuk grinsend.
      »Boolies?«
      Es ergab sich, daß Jermakow über viele Informationen verfügte, über zu viele. Von den Baals wußte er nichts. Er hatte seine Anlage ins Auge gefaßt, schien ganz und gar in ihrer Betrachtung versunken und hielt seine Finger fest. »So ist das also«, murmelte er. »Ja?« fragte er dann auffordernd und blickte in Tschuks enge Augen. »Du willst mich an deine Kandare nehmen. Bitte!«
      »Kandare, so ein Unsinn«, sagte Tschuk kauend, und dann tat er genau das, was ihm Jermakow unterstellt hatte. Knapp und sachlich brachte er das wenige vor, das er soeben über die Boolies erfahren hatte, es auf das einschränkend, was er für das Wichtige hielt: daß es sie gab. Die drei Frauen meldeten sich zum Rapport. Jermakow hieß sie warten. Tschuk wechselte unverblümt auf das Wasserprojekt über, verknüpfte es mit dem Auftritt der Boolies und wies auf die nunmehr gewachsene Wahrscheinlichkeit von Komplikationen hin. Jermakow hütete seine Hände und sein Gesicht, als sich Tschuk engagierte.
      »Laß die Finger davon, Andrej«, sagte Tschuk, ohne Unmut und Stimme zu zügeln, »es ist genug Wasser da, die Cleaner sind hervorragend projektiert in diesen Hermetikstationen, alle sind damit ausgekommen, von denen ich weiß. Wozu das Risiko, wozu das Kunststückchen, wozu der Unsinn, ich verstehe das nicht.«
      Jermakow blieb gelassen. Ob Tschuk die fotogrammetrische Expertise kenne? Sie belege das Fehlen jederart Indizien für zivilisatorische Aktivität und Technik auf diesem Boden. Die Radiosphäre dieses Gestirns sei frei von elektromagnetischer Information, das Rauschen sei reinweiß, nicht einmal farbig. Ihm, Jermakow, seien keine Gründe ersichtlich, die eingetakteten Aktivitäten anzuhalten. Er bot sogar an, die entsprechenden Unterlagen auf dem Schirm des BECKMESSERS zu präsentieren. Tschuk winkte wütend ab. Jermakow ging ziemlich unbeschädigt aus dem Gespräch hervor, während Tschuks mit Wasser gebändigtes Haar borstig und in verschiedene Richtungen von seinem runden Schädel spießte, als er die Messe verließ.
      Auch der Rapport der Frauen verlief ruhig. Der disziplinarische Verstoß verdrängte die schwarzen Boolies in eine Zone blasser Belanglosigkeit. Jermakow ließ Ana als letzte der Frauen vor. Geradezu und ohne Begründung gebrauchte sie den diffizilen Terminus Kontakt. Jermakow musterte sie über den Rand der Brille, als er keinerlei Anzeichen von Zweifel oder Vorbehalt in ihrer Rede bemerkte, und stieß auf nackte Verständnislosigkeit, als er fragte: »Kontakt, wozu?« Er hatte gelernt, mit Anas Temperament zu rechnen, die ungehaltene Art ihrer Reaktion auf seine Frage berührte ihn dennoch fatal. »Ausgezeichnet!« sagte er, den Rapport beendend, und in plötzlichem Widerspruch dazu: »Es gäbe weit bessere Gründe, disziplinarisch gegen dich vorzugehen, als es zu unterlassen.«
      Später rief er nach Giron.
      »Was soll ich mit diesen Boolies machen?« fragte er sehr direkt. »Sie werden ja wohl wiederkommen.«
      Giron, als er dem Mann gegenübersaß, spürte sofort wieder, wie hoch die Meinung war, die er von Jermakow hatte, und er sah, daß auch Jermakow das wußte. Giron ging seinem Chef fast niemals aus freien Stücken entgegen. Aber er hegte eine gewisse Art von Bewunderung für die Standhaftigkeit, mit der Jermakow immer wieder gegen sich selbst antrat, um den Dingen gerecht zu werden und nicht sich selbst. Er wußte um Jermakows Vergangenheit, unter der dieser litt, gegen die er ankämpfte und der er zu unberechenbaren Zeitpunkten unterlag. Giron musterte die zu präzise aufgereihten Matrjoschkas auf dem Sims, er fürchtete diese Zeitpunkte. »Was sagt Lampoo dazu? Lampoo ist kompetent«, sagte er.
      »Vielleicht werde ich ihn fragen«, antwortete Jermakow. »Aber… Nun, in der Sache, in der ich Ihre Meinung hören möchte, ist er es nicht.«
      Giron wartete auf

Weitere Kostenlose Bücher