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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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immer noch erfüllen, und ich halte meinen Kummer in Schach, indem ich mich auf die Erfüllung dieses Schicksals freue.
    Seit ich Pico Mundo verlassen hatte, war die Karte aus dem Wahrsageautomaten immer bei mir gewesen, während ich mich intuitiv von Ort zu Ort treiben ließ. Aus Angst, sie in einem turbulenten Moment zu verlieren, trug ich sie jedoch nicht permanent in der Tasche.
    Was an diesem Tag geschehen war, wies darauf hin, dass das Böse in Roseland eine mir bisher unbekannte Form angenommen hatte. Annamaria war mir zwar eine Hilfe, konnte mich jedoch nicht beschützen, und meine Chancen, bis zum Morgen zu überleben, schienen mir nicht besonders groß zu sein. Ich gab mich nicht der törichten Vorstellung hin, unverwundbar zu sein, solange ich die neun Worte der Zigeunermumie bei mir führte. Aber ich hatte das womöglich törichte Gefühl, wenn ich im Augenblick des Todes einen Beweis für das mir versprochene Schicksal dabei hätte, würden die Kräfte im Jenseits sich eher verpflichtet sehen, mich direkt zu Stormy zu führen.
    Es macht mir nichts aus, für töricht gehalten zu werden. Ich bin ein Narr wie jedermann, mehr als manche sogar, und dass ich das immer im Sinn behalte, bewahrt mich davor, übermütig zu werden. Übermut bringt einen um.
    In meinem Zimmer nahm ich den Rahmen, löste die Clips an der Papprückwand und holte die Karte heraus. Diese steckte ich in eines der durchsichtigen Kunststofffächer in meiner Geldbörse .
    Abgesehen davon waren die Fächer leer. Ich trug kein Foto von Stormy bei mir, weil ich keines brauchte. Ihr Gesicht, ihr Lächeln, ihre Gestalt, die Schönheit ihrer anmutigen Hände und ihre Stimme waren allzeit in mir lebendig. Alles hatte sich unauslöschlich in meine Erinnerung eingegraben, in der Stormy lebte, sich bewegte und lachte, während ein Foto nur einen einzigen erstarrten Moment des Lebens hätte bieten können.
    Über meinen Pullover zog ich ein Sportsakko, den ich mir bei meiner Einkaufstour in die Stadt besorgt hatte. Es ging mir nicht darum, mein Image aufzupolieren; ein Sakko hatte Taschen, in denen man allerhand verstecken konnte.
    Wie Noah Wolflaw angeordnet hatte, verschloss ich die schmalen, vergitterten Fenster und zog die Vorhänge zu. Ich schaltete alle Lampen an, damit ihr Licht später, wenn es dunkel war, meine Anwesenheit vortäuschte.
    Nachdem ich meine Wohnung abgeschlossen hatte, stieg ich die steinerne Wendeltreppe ins zweite Geschoss hinauf. Die Knöchel meiner rechten Hand klopften ins Leere, denn die Tür ging auf, noch bevor ich sie berührt hatte.
    Raphael, der Golden Retriever, den wir in Magic Beach gerettet hatten, lag auf dem Boden. In den Vorderpfoten hielt er einen Nylonknochen, an dem er mit Genuss kaute. Zur Begrüßung klopfte er mit dem Schwanz auf den Boden, doch der Knochen interessierte ihn momentan eindeutig mehr, als von mir gestreichelt oder am Bauch gekrault zu werden.
    Boo befand sich entweder irgendwo anders im Apartment, oder er war draußen, um Roseland zu erkunden. Als Geisterhund konnte er nach Belieben durch Wände gehen und alle anderen geisterhaften Dinge tun. Ich hatte jedoch beobachtet, dass er wie lebende Hunde ungeheuer neugierig war und es genoss, unbekannte Orte zu erforschen.
    Wie bei meinem letzten Besuch, so waren auch jetzt die Vorhänge geschlossen, und für Beleuchtung sorgten nur zwei Buntglaslampen. Annamaria saß wieder an dem kleinen Esstisch, doch diesmal sah ich darauf keine dampfenden Teebecher.
    Stattdessen stand eine große, flache Schale auf dem Tisch. Sie war blau und mit Wasser gefüllt, in dem drei riesige weiße Blüten schwammen. Von der Form her erinnerten sie ein wenig an Magnolien, waren jedoch viel größer und hatten Blütenblätter, so dick, als wären sie künstlich aus Wachs gemacht.
    Ich kannte diese Blüten schon von einem gewaltigen Baum, der vor dem Haus in Magic Beach stand, in dem Annamaria eine Weile gelebt hatte. Außerdem hatten wir schon einmal zusammen an einem Tisch gegessen, auf dem drei solche Blüten in einer großen, flachen Schale gewissermaßen geschwebt hatten.
    Die Namen von Dingen zu kennen ist für mich eine Möglichkeit, der Schönheit der Welt, die mich am Leben und meinen Kummer in Schach hält, Respekt zu erweisen. Deshalb kenne ich die Namen vieler Bäume, nicht jedoch des Baums, von dem diese Blüten stammten.
    »Wo hast du die denn her?«, fragte ich, während ich zum Tisch trat.
    Der Lampenschein fiel auf die Blumen, deren wächserne

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