Schwarze Herzen
wie sie ihn beobachtete, wusste sie, dass er sich kaum je ausruhte und niemals etwas aus bloßer Freude daran tat.
Sie streckte die Hand aus, wollte damit unbemerkt durch Aerons Haar streichen. Doch plötzlich kreischte die schuppige,krallenbewehrte Kreatur: „Nein, nein, nein!“. Offensichtlich spürte sie Olivias Anwesenheit. Im nächsten Augenblick war Legion verschwunden.
Aeron versteifte sich, und ein Grollen stieg aus seiner Kehle hervor. „Ich hab dir gesagt, du sollst nicht wiederkommen.“
Auch wenn er Olivia nicht sehen konnte, schien auch er es immer wahrzunehmen, wenn sie zu ihm kam. Und er hasste sie dafür, dass sie seine Freundin verscheuchte. Aber sie konnte nichts dafür. Engel waren Dämonenhenker, und die Lakaiin musste die Bedrohung spüren, die von ihr ausging.
„Verschwinde“, befahl er.
„Nein“, erwiderte sie, auch wenn er sie nicht hören konnte.
Er schob das Magazin zurück in die Waffe und legte sie neben das Bett. Mit finsterer Miene erhob er sich. Seine veilchenblauen Augen verengten sich, als er das Zimmer nach einer Spur von ihr absuchte. Traurigerweise würde er niemals eine finden.
Olivia betrachtete ihn aufmerksam. Das Haar trug er raspelkurz, die dunklen Stoppeln waren kaum zu sehen. Er war so hochgewachsen, dass sie neben ihm wie ein Zwerg wirkte. Seine Schultern waren so breit, dass sie zweimal hineingepasst hätte. Mit den Tätowierungen, die seine Haut überzogen, war er die wildeste Kreatur, die sie je gesehen hatte. Vielleicht war es das, was sie so unwiderstehlich anzog. Er stand für Leidenschaft und Gefahr, war bereit, alles zu tun, um diejenigen zu retten, die er liebte.
Die meisten Unsterblichen stellten ihre Bedürfnisse über die aller anderen. Aeron dagegen stellte die Bedürfnisse aller anderen über die eigenen. Dass er so handelte, schockierte Olivia immer wieder aufs Neue. Und sie sollte ihn vernichten? Sie sollte seinem Leben ein Ende setzen?
„Man hat mir gesagt, du bist ein Engel“, sagte er.
Woher hatte er das? – Ah, die Dämonin, begriff sie. Auch Legion mochte nicht in der Lage sein, sie zu sehen. Aber wie Olivia bereits erkannt hatte, wusste die kleine Lakaiin, wann sie sich in Gefahr befand. Außerdem kehrte Legion jedes Mal, wennsie ihn verließ, in die Hölle zurück. Es waren feurige Mauern, die sie nicht mehr halten konnten, sie aber jederzeit willkommen hießen, wenn sie es wünschte. Olivias Versagen musste den Höllenbewohnern größtes Vergnügen bereiten.
„Wenn du ein Engel bist, solltest du wissen, dass mich das nicht davon abhalten wird, dich abzuschlachten, wenn du auch nur den Versuch wagst, Legion etwas anzutun.“
Und wieder dachte er an das Wohlergehen einer anderen statt an das eigene. Er wusste nicht, dass Olivia sich um Legion nicht kümmern musste. Dass das Band der Dämonin zu ihm verdorren würde und sie wieder an die Hölle gebunden wäre, sobald Aeron tot sein würde. Mit zaghaften Schritten näherte Olivia sich ihm. Erst als sie nur noch eine Haaresbreite von ihm entfernt war, blieb sie stehen. Seine Nasenflügel bebten, als wüsste er, was sie getan hatte, doch er bewegte sich nicht. Es war bloß Wunschdenken ihrerseits, das wusste sie. Wenn sie nicht fiel, würde er sie niemals sehen, niemals riechen, niemals hören.
Sie streckte die Hände nach oben und legte sie sanft an seinen Kiefer. Wie sehr sie sich wünschte, ihn spüren zu können. Anders als Lysander, der der Elite angehörte, konnte sie sich auf dieser Ebene nicht materialisieren. Nur ihr Schwert würde das. Ein Schwert, das sie aus nichts als Luft schmieden würde und dessen himmlische Flammen weit heißer wären als die der Hölle. Ein Schwert, das Aerons Kopf im Bruchteil einer Sekunde von seinem Körper trennen würde.
„Man hat mir gesagt, du bist weiblich“, fügte er hinzu, sein Tonfall hart, barsch. Wie immer. „Aber auch das wird mich nicht daran hindern, dich abzuschlachten. Denn, und jetzt pass gut auf, wenn ich etwas will, lasse ich nicht zu, dass sich mir etwas in den Weg stellt, was es auch sei.“
Olivia erschauerte, doch nicht aus den Gründen, die Aeron vermutlich im Sinn hatte. Diese Entschlossenheit …
Ich sollte verschwinden, bevor ich ihn noch mehr verärgere . Seufzend breitete sie die Flügel aus, sprang und erhob sich aus der Festung in den Himmel.
6. KAPITEL
D u, Wolke, gehörst mir“, erklärte Bianka. Das war kein Fluchtversuch und auch kein weiteres sexy Outfit, deshalb war es erlaubt. „Lysander hat dich
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