Schwarze Herzen
der Hochzeitsgesellschaft folgte ihnen.
„Wollen wir?“, fragte Strider und hielt ihr den Arm entgegen.
„Sie kann nicht“, ging Paris dazwischen und zog Bianka mit sich. „Du wirst da drinnen gebraucht“. Mit der freien Hand wies er auf einen Nebenraum.
„Warum?“ Wollte er sich an ihr rächen, weil sie ihn zum Öl-Catchen mit Lysander gezwungen hatte? In den Tagen seit ihrer Rückkehr nach Buda hatte er nichts davon erwähnt, aber besonders zufrieden konnte er nicht mit ihr sein. Dabei hätte er ihr danken sollen, um Himmels willen. Er hatte Lysanders Körper in all seiner Pracht berühren dürfen.
Paris verdrehte die Augen. „Jetzt geh schon rein, bevor dein Freund beschließt, dass er lange genug gewartet hat, und hier rauskommt.“
Ihr Freund. Lysander? Das konnte nicht sein. Oder? Aber warum hätte er herkommen sollen? Mit pochendem Herzen ging sie weiter. Sie erlaubte sich nicht, zu rennen, obwohl sie es verdammt dringend wollte. Jetzt stand sie vor der Tür. Mit zitternden Fingern drehte sie den Knauf.
Die Angeln quietschten. Dann starrte sie … in einen leeren Raum. Sie knirschte mit den Zähnen. Paris’ Art, sich zu rächen, genau wie sie vermutet hatte. Natürlich. Dafür würde die verschissene Ratte bezahlen. Er würde nicht bloß öl-catchen müssen, nein, sie würde …
„Hallo, Bianka.“
Lysander .
Keuchend fuhr sie herum. Ihre Augen wurden groß. Innerhalb eines Augenblicks hatte die Kapelle sich vollkommen verwandelt. Nicht länger waren ihre Schwestern und Freundedarin. Jeder freie Zentimeter war besetzt mit Lysander und seinen Brüdern und Schwestern. Überall waren Engel, von denen ein strahlendes Licht ausging, das Gwens Kerzen weit in den Schatten stellte.
„Was machst du hier?“, verlangte sie zu wissen und wagte nicht, zu hoffen.
„Ich bin gekommen, um dich um Verzeihung zu bitten.“ Er breitete die Arme aus. „Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich stolz bin, dein Mann zu sein. Ich habe meine Freunde und Brüder mit mir gebracht, damit sie Zeugen meiner Worte sind.“
Sie schluckte, ließ noch immer nicht zu, dass die Hoffnung von ihr Besitz ergriff. „Aber ich bin böse, und das wird sich nicht ändern. Ich bin deine Versuchung. Du könntest, ich weiß nicht, alles verlieren, wenn du mit mir zusammen bist.“ Wie ein Schlag traf sie der Gedanke, und am liebsten wäre sie im Boden versunken. Er könnte alles verlieren. Kein Wunder, dass er sie hatte vernichten wollen. Kein Wunder, dass er sie hatte verstecken wollen.
„Nein, du bist nicht böse. Und ich will nicht, dass du dich änderst. Du bist schön, intelligent und mutig. Aber viel wichtiger: Du bist mein Ein und Alles. Ohne dich bin ich nichts. Nicht gut, nicht richtig, nicht vollständig. Und sorge dich nicht. Ich werde nicht alles verlieren. Du hast keine unverzeihliche Sünde begangen.“
Sie schluckte. „Und wenn ich es irgendwann doch tue?“
„Dann werde ich fallen.“
Okay. Ein winziger Funken Hoffnung keimte in ihr auf. Aber auf keinen Fall würde sie zulassen, dass er fiel. Niemals. Er liebte es, ein Engel zu sein. „Woher der Sinneswandel?“
„Ich hab mir endlich den Stock aus dem Arsch gezogen“, entgegnete er trocken.
Er hatte Arsch gesagt. Lysander hatte soeben das Wort Arsch in den Mund genommen. Wild flackerte die Hoffnung in ihr auf. Bianka musste die Lippen zusammenpressen, um nicht zulächeln. Und um nicht zu weinen! Tränen traten ihr brennend in die Augen.
Konnten sie es wirklich schaffen? Konnte ihre Beziehung funktionieren? Noch vor kurzer Zeit war sie dankbar gewesen – oder hatte jedenfalls so getan, als ob –, dass sie nicht länger zusammen waren, weil ihnen so viele Hindernisse im Weg gestanden hatten.
„Ich hoffe nur, dass du einen so törichten Mann lieben kannst. Ich bin bereit, zu wohnen, wo immer du willst. Um dich zurückzugewinnen, bin ich bereit, alles zu tun, was du brauchst.“ Er fiel auf die Knie. „Ich liebe dich, Bianka Skyhawk. Ich wäre geehrt, der Deine zu sein.“
Er war stolz auf sie. Er wollte sie. Er liebte sie. Alles, wovon sie die vergangene Woche über insgeheim geträumt hatte. Ja, sie konnten es schaffen. Sie würden zusammen sein, das war das Wichtigste. Aber nichts davon sagte sie ihm.
„Jetzt?“, kreischte sie stattdessen. „Du hast beschlossen, mich jetzt deinen Freunden vorzustellen? Wenn ich so aussehe?!“ Mit finsterer Miene spähte sie über seinen Kopf hinweg in die verblüfften Gesichter seiner Begleiter.
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