Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
ich will sehen, was ich tun kann. Aber erhoffen Sie sich nicht zu viel von Scotland Yard – es wird ein wenig dauern, bis man sich auf die neue Lage eingestellt hat. Und so mancher denkt vielleicht: Besser zwei Mörder in Haft, als gar keiner.“
Er lachte gut gelaunt, fasste Violet unters Kinn und versprach ihr, sein Bestes zu tun. Dann begleitete er sie zur Haustür, wo Maggy sie bereits mit aufgeregter Miene erwartete, bestieg wieder den Hansom und sie hörte, seine laute, fröhliche Stimme:
„Zu Scotland Yard! Wenn Sie’s in zwanzig Minuten schaffen, zahle ich einen Souvereign.“
Die Angestellten hatten keinen rechten Schlaf finden können. Charles und Maggy hatten versucht, ihre Aufregung vor Mrs Waterbrook zu verbergen, doch sie ließ sich nicht täuschen. Man musste ihr mehrfach ihre Tropfen verabreichen, bis sie endlich einschlief und danach saßen Charles und Maggy noch eine Weile beieinander, um die unsichere Lage zu bereden.
„Es ist alles gut, Maggy“, sagte Violet, als sie in die Halle trat. „Mr. Marlow wird morgen früh wieder zu Hause sein!“
„Oh, Miss Burke!“, schluchzte das Mädchen glückselig und fiel Violet impulsiv um den Hals. „Wir hatten ja solche Angst! Weil wir doch Mr. Forch heute Mittag nicht die richtigen Antworten geben konnten und er sehr unzufrieden mit uns war.“
„Das ist jetzt nicht mehr wichtig, denn der Mörder ist gefasst!“
Maggy lief davon, um Charles die frohe Botschaft zu verkünden, dann überlegte man, ob es klug wäre, Mrs. Waterbrook zu dieser späten Stunde noch zu wecken, um auch ihr die glückliche Neuigkeit zu überbringen. Doch Violet war der Meinung, dass man sie besser schlafen lassen sollte – Charles würde ihr die Nachricht gleich morgen früh, wenn sie aufwachte, erzählen.
Eine Weile saß man noch im Wohnzimmer zusammen und Violet, die jetzt nicht mehr erschöpft, sondern vollkommen aufgedreht war, berichtete, was in der Nacht geschehen war. Sie vermied es, die genauen Zusammenhänge zu erklären, doch ihr Bericht reichte aus, um Charles und Maggy vor Bewunderung erstarren zu lassen. Maggy erklärte, so etwas niemals im Leben tun zu können, allein der Gedanke daran ließe ihr eine Gänsehaut über den Rücken laufen.
„Wir sollten jetzt endlich zu Bett gehen“, entschied Maggy. „Es ist schon weit nach Mitternacht und wir werden morgen das Haus noch ein wenig in Ordnung bringen, damit Mr. Marlow die Unordnung, die die Polizisten angerichtet haben, nicht zu sehen bekommt.“
Charles und Maggy erhoben sich und wünschten Violet eine gute Nacht. Sie hörte, wie die beiden die Treppe hinaufstiegen und dabei leise miteinander redeten, es klang fröhlich und erleichtert. Dann klappten oben im dritten Stock die Türen zu und Violet atmete auf.
Zu ihrer Überraschung war sie immer noch nicht müde. Wieder und wieder zogen die Ereignisse des Abends an ihr vorüber, sie sah die bunten Nebel in der City, die dunklen Umrisse der Häuser am Eaton Place, sie hörte die heisere Stimme des Hausmädchens und dachte darüber nach, dass sie ganz sicher gewusst hatte, dass sich John Chrestle im Haus befand. Am häufigsten jedoch stieg der Augenblick in ihr auf, in dem der Mörder sie angesprungen hatte und von Forchs Männer schließlich in wildem Handgemenge überwältigt worden war.
Nein, es war kein Wunder, nach all diesen Schrecknissen keinen Schlaf finden zu können. Sie erhob sich und zündete den Kamin an, dann spähte sie zwischen den Vorhängen hindurch auf die dunkle Straße und musste über ihre eigene Ungeduld lächeln. Es war kaum anzunehmen, dass man Nicholas noch in dieser Nacht aus dem Gefängnis lassen würde – vermutlich kam er morgen im Laufe des Tages nach Hause. Sie seufzte und hielt die kalten Hände über das aufflackernde Kaminfeuer – schließlich wendete sie sich seinem Schreibtisch zu, um die Papiere zu ordnen, die Maggy vom Fußboden aufgelesen und in einem dicken Stapel auf die Schreibplatte gelegt hatte.
Sie begann, die verschiedenen Dokumente zu sortieren und wieder in die Pappordner hinein zu legen, als sie ein leises Knacken vernahm, das vermutlich von der Treppe kam. Besorgt sah sie auf – war Charles wieder hinuntergekommen, weil es seiner Frau schlechter ging? Würde man einen Arzt holen müssen? Als jedoch kein weiterer Laut zu hören war, wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu.
Der Türknauf wurde langsam und sehr leise umgedreht, doch Violet vernahm das Geräusch und starrte überrascht zur Tür
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