Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
Es war Zeit, alles auf eine Karte zu setzen.
„Das ist ein Wahnsinnsunternehmen“, murmelte er.
„Die einzige Möglichkeit, einen Wahnsinnigen zur Strecke zu bringen, Mr. Forch.“
Während Forchs Abwesenheit blieb Violet in der Warwick Street. Gemeinsam mit Charles und Maggy versuchte sie, das Durcheinander, das die Hausdurchsuchung hinterlassen hatte, wieder einigermaßen zu beseitigen. Gegen Abend zog Nebel auf, feiner Nieselregen netzte die Fensterscheiben und der Junge, der mit einem Arm voller Zeitungen durch die Straße lief, versuchte die Blätter mit seiner Jacke vor der Nässe zu schützen.
„Prostituierte in der Cullumstreet niedergestochen. Verdächtiger wieder auf freiem Fuß.“
Forch kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück, sein Mantel war feucht, Regentröpfchen hingen in seinem Backenbart. Seine Augen glänzten im Jagdfieber.
„Diese Pressegeier haben den Köder geschluckt, als sei es eine gebratene Taube. Passt doch hervorragend zu ihrem Lieblingsthema: Scotland Yard ist eine Ansammlung von unfähigen Trotteln. Ich bin froh, dass ich keine Zeit haben werde, das Geschreibsel von heute Abend zu lesen.“
„Wann werden wir die Aktion starten?“
Er sah sie voller Bewunderung an. Dieses Mädchen würde heute Nacht ihr Leben riskieren, doch anstatt nervös oder ängstlich zu sein, stand sie seelenruhig im Wohnzimmer und räumte Bücher in die Schränke.
„Die Zeitungen werden seit einer halben Stunde in der ganzen Stadt verkauft. Ich denke, er wird eines der Blätter erwerben, um die näheren Umstände zu erfahren. Dann wird er wütend sein und überlegen, was zu tun wäre. Es kann sein, dass er ziellos durch die Stadt irrt.“
„Es kann aber auch sein, dass er sich in sein Versteck zurückzieht“, sagte Violet. „Er hat noch ein einziges Messer, eine einzige Chance, Nicholas einen weiteren Mord anzuhängen. Diese Tat muss er sorgfältig planen, denn Nicholas darf kein Alibi für die Tatzeit haben.“
Forch nickte und schwieg über das, was beide jetzt dachten. Es war sehr wahrscheinlich, dass John Chrestle dieses Messer für Violet aufbewahrte.
„Er ist kaltblütig genug, seine Chance abzuwarten, Miss Violet.“
„Er ist kaltblütig und zugleich wahnsinnig, Mr. Forch.“
Sie ließen eine gute Stunde verstreichen, dann zog sie den Mantel über und setzte einen Hut auf, während Forch verstohlen zwischen den Ritzen des Vorhangs auf die Straße spähte. Er hatte einige Überzeugungskraft aufwenden müssen, um seinen Nachfolger, Mr. Winderson, zu dieser Aktion zu überreden, doch er hatte schließlich erreicht, dass einige der besten Leute ihm für diesen Abend zugeteilt worden waren. Er kannte sie alle noch aus seiner aktiven Zeit, man konnte sich auf sie verlassen. Zwei würden Violet in einem Hansom folgen, die übrigen waren in der Gegend von Eaton Place stationiert. Auch er selbst würde einige Minuten nach Violets Abfahrt eine Kutsche nehmen, um sich an Ort und Stelle zu begeben.
„Verfluchter Nebel“, murmelte er und wandte sich vom Fenster ab. „Kommt immer, wenn man ihn nicht brauchen kann.“
Das unangenehme Wetter bewirkte, dass sich die Straßen an diesem Abend zeitig leerten. Violet schritt an den beiden Männern vorüber, die sich neben einem Hauseingang in der Warwick Street postiert hatten und ein leises, belangloses Gespräch miteinander führten, als seien sie alte Bekannte, die sich per Zufall wieder getroffen hätten. Kein Blick, keine Bewegung ließ erahnen, dass sie die junge Frau fest im Auge hatten.
In der Beak Street winkte Violet einen Hansom herbei, nannte ihr Fahrziel und stieg ein. Durch das Rückfenster konnte sie erkennen, dass auch die beiden Polizisten ein Fahrzeug bestiegen hatten und ihr folgten, doch einige Straßen weiter wurde der Verkehr dichter und es war ihr nicht mehr möglich, die Kutsche ihrer Beschützer von anderen Wagen zu unterscheiden. Die Straßen der City waren von vielfarbigen Nebeln erfüllt, Schaufenster, Gaslampen und die Laternen der Kutschen verzerrten sich zu weiten, dunstigen Flächen, die ineinander liefen. Schemenhaft tauchten die dunklen Massen der Kutschen und Pferde neben ihr auf und bewegten sich wieder fort, auch der Straßenlärm schien gedämpft, als breite der Nebel einen weichen Teppich über das Pflaster, um die Geräusche der Stadt zu verschlucken.
Sie war angespannt, ihr Herz schlug rasch, dennoch verspürte sie keine Angst. Es war gut, zu handeln, anstatt sich hilflos den Ereignissen
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