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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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Zahlenkombination auszumachen. Es dauerte keine Minute, da hatte ich die Schlösser geknackt, und ich wollte gerade den Deckel aufklappen, als leise Zweifel in mir aufkeimten.
    Was, wenn das Ding einen eingebauten Zünder hatte? Was, wenn sie mich reingelegt hatten?
    Nein, das glaubte ich eigentlich nicht, aber nur um ganz sicherzugehen, hob ich einen Finger und lief nach draußen an das dunkle, dunstige Ufer des Kanals, und erst da ließ ich die Schlösser aufschnappen. Mein Herz setzte kurz aus, und ich wendete das Gesicht ab, als ich den Deckel hob. Kein Piepsen war zu hören und keine Stichflamme zu sehen. Ich schaute hin und machte vorsichtig die Augen auf.
    Stapel um Stapel ordentlich gebündelter Geldscheine lang da vor mir. Fliederfarben, mit einer lila 500 bedruckt und mit netten Papierbanderolen gebündelt, auf denen Casinò di Venezia zu lesen stand . Schnell schnappte ich mir eine Hand voll davon, klappte den Koffer wieder zu und lief rasch zurück nach drinnen zu Martin.
    Der wies, als ich ins Wohnzimmer kam, mit dem Kinn auf den Konsolentisch. Dort stand mein Becher mit Scotch. Daneben eine kleine braune Glasflasche und eine Pappschachtel.
    »Desinfektionslösung und eine Schachtel Klammern«, erklärte er mir. »Lassen Sie sich von Ihrer Freundin zusammenflicken. Könnte sein, dass es trotzdem noch genäht werden muss, aber die Wunde soll sich in der Zwischenzeit ja nicht entzünden.«
    Ich wollte ihm das Geld in die Hand drücken, aber er hatte die Arme fest verschränkt und die Hände in den Achselhöhlen vergraben und machte ein finsteres Gesicht. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, schwang mir den Tragegurt der Reisetasche über die Schulter und nahm Reise- und Aktenkoffer. Dann tappte ich etwas linkisch durchs Zimmer, nahm das Erste-Hilfe-Set an mich und ließ dafür die Geldscheine liegen.
    »Ich schulde Ihnen sowieso noch die Miete«, sagte ich. »Statt einer ordentlichen Kündigung. Und es sieht ja fast so aus, als könnte Antea ein bisschen Hilfe brauchen. Ich hoffe, das wird wenigstens einen Teil der Kosten decken. Bitte sagen Sie ihr, dass es mir leidtut, ja? Und sagen Sie ihr, dass ich sehr zu schätzen weiß, was sie alles für mich getan hat – vom ersten Moment an bis heute. Alles.«
    Er warf den Kopf in den Nacken und schüttelte sich den Pony aus den Augen. Kleinlaut schaute ich zu Boden und ging zur Tür, wo ich mich beim Rausgehen noch mal umdrehte.
    »Hören Sie«, sagte ich zu ihm, »ob Sie ’s glauben oder nicht, ich bin wirklich nicht das Monster, für das Sie mich halten.«
    Worauf er mich mit fest zusammengebissenen Zähnen finster anstierte. »Was Sie sich einreden müssen, Jungchen, um sich im Spiegel noch in die Augen schauen zu können, ist mir herzlich egal.«

Vierzig
     
    Ich checkte in einem Ein-Sterne-Hotel unweit des Bahnhofs im Cannaregio ein. Wobei der Laden mit einem Stern gnadenlos überbewertet war. Mein schmales Einzelbett hing in der Mitte durch, die Laken waren alterssteif, und das Schloss an meiner Tür hatte den Namen nicht verdient. Aber ich vermutete, Graziella und Remi würden mich hier nicht unbedingt als Erstes suchen, und wenn, dann hatte ich mich vorsichtshalber mit einem meiner gestohlenen Pässe angemeldet. Ich brauchte dringend Ruhe, jede Menge sogar, und nachdem ich mir den Aktenkoffer unter den Arm geklemmt hatte, legte ich den Kopf auf das klumpige Kopfkissen und verfiel in einen tiefen, zombieartigen Schlaf.
    Stunden später erwachte ich geschlaucht und nicht gerade angenehmer duftend und schleppte mich in meinem geliehenen Smoking bis in ein schäbiges Internetcafé. Kaum hatte ich die erforderlichen Informationen zusammengetragen, rief ich Victoria auf dem Handy an und erzählte ihr von meinem Plan, und dann besuchte ich einige Touristenetablissements und besorgte mir eine Flasche Wasser, eine Pizza fragwürdiger Provenienz sowie eine knallrote Ferrari-Baseballkappe, mit denen ich dann in meine miefige Suite zurückkehrte.
    Die Minuten schleppten sich dahin. Zuerst vertrieb ich mir die Zeit damit, den Käfern an der Decke beim Krabbeln zuzusehen, und dann trieb ich mich durch den Verzehr von zwei Dritteln der matschigen Pizza selbst an den Rand der Ekelgrenze. Danach ließ ich die Schlösser des Aktenkoffers aufschnappen und zählte das Geld. Ich hatte Martin mehr gegeben als beabsichtigt – 50 000 Euro, um genau zu sein –, aber es war immer noch mehr als genug da. 450 000 Euro konnte man wirklich nicht lumpig nennen,

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