Schwarze Seide, roter Samt
Brüste zeichneten sich unter dem engen Satin des Tops ab, das
Leder an ihrem Körper knirschte. Marco hatte die erste Erektion
seines Lebens. Jahre später, er war sechzehn, versuchte er es
selber bei Silvana. Sein Vater war auf einer Geschäftsreise, und so
schlich er nachts in Silvanas Schlafzimmer. Es war eine heiße
Sommernacht; Silvana hatte ihre Bettdecke abgeschüttelt, sie lag
nackt auf dem Laken, mit nichts bekleidet als einem winzigen
roten Tanga. Er legte sich neben sie, ohne daß sie davon erwachte.
Vorsichtig strich er mit den Fingern über ihren Arm. Dann
über ihren Oberschenkel. Ihr Fleisch fühlte sich fest und voll an,
ihre Haut war sehr weiß. Marco betrachtete im Mondschein ihren
halbgeöffneten Mund, die über den sehr kleinen Zähnen sanftgerundeten,
vollen Lippen. Ihre Kehle pulsierte leise, ihre Brust
hob und senkte sich gleichmäßig. Er hatte nie zuvor so schöne
Brüste gesehen, so groß und rund und fest. Die Spitzen waren
hart, schienen ihm entgegenzuwachsen, leuchteten in einem
bräunlichen Rot. Er konnte sich nicht beherrschen, er mußte
seine Hand darauf legen, mußte fühlen
Silvana erwachte,
schien eine Sekunde lang erschreckt, erkannte dann aber, wer da
neben ihr lag. Marco ließ seine Hand, wo sie war, und einen
Moment der Glückseligkeit lang glaubte er, sie beginne im Bewußtsein
seiner Nähe vor Erregung zu zittern.
Doch dann begriff er: Sie zitterte vor Lachen. Sie lachte und
lachte und lachte, und als sie wieder sprechen konnte, stieß sie
hervor: »Oh, Marco, überlaß das anderen, die es besser können!
Nein, bist du süß! Lieber Himmel, mich hat lange nichts mehr so
amüsiert!«
Das Bild seines Vaters verschwamm von da an in seiner Vorstellung
mit seinem eigenen; mal wand der Alte sich im Staub,
dann er selber. Er haßte Frauen! Er haßte sie alle! Ohne daß er es
bemerkt hatte, war er vor Marions Kabine angelangt. Leise öffnete
er die Tür.
Christian kam gegen sechs Uhr im Hotel an. Er war müde und
sehr schlecht gelaunt. Müde deshalb, weil er und Alicia sich doch
recht heftig geliebt hatten, mißmutig, weil er sich selber für einen
Trottel hielt, der einen schönen Ausflug abbrach, nur weil er sich
Sorgen um ein unbelehrbares dummes Ding machte. Er dachte
an die Worte seines Freundes Diego: »Du bist verliebt, Christian.
In irgendein Mädchen mußt du verliebt sein, sonst würdest du
nicht solchen Unsinn machen!«
»Quatsch! Es ist
wegen ein paar geschäftlicher Angelegenheiten
«
Diego hatte laut gelacht. »Mein lieber Junge, mir brauchst du
wirklich nichts vorzumachen. Ist ja auch keine Schande, sich hin
und wieder zu verlieben! Fahr zu ihr und mach dir ein paar schöne
Stunden!«
Schöne Stunden mit diesem Biest! Christian lächelte verächtlich,
als er an die Rezeption trat und seinen Zimmerschlüssel
verlangte. Catlina schob ihn ihm über den Tisch. »Hier, Senor
und hier
«, sie griff noch einmal in sein Fach, »hier ist auch
noch ein Brief für Sie
«
Kapitel 8
Meistens, wenn Marco Garibaldi mit einer Frau geschlafen
hatte, verfiel er danach in hemmungslose Sentimentalität.
Er fing an, sich entsetzlich zu bemitleiden, und heute war es
besonders schlimm. Er fühlte sich von aller Welt so schlecht
behandelt, daß ihm beinahe die Tränen kamen. Niemand wußte
seine Qualitäten zu schätzen. Was hatte er nicht alles schon für
Taleb getan! Die Drecksarbeit hatte er gemacht, das war es,
wofür er gerade gut genug war. Und jetzt wollte Taleb ihn nicht
mehr. Nur weil ihm ein Mißgeschick unterlaufen war. Corinna
hatte ja nicht sterben sollen!
Inmitten seines Kummers ahnte Marco mit feinem Instinkt, daß
er in Gefahr schwebte. Wer bei Taleb in Ungnade fiel, lebte meist
nicht mehr lange. Der ganz große Boß, Mandouh, den die wenigstens
je gesehen hatten, haßte es, Mitwisser zu haben, die irgendwo
in der Welt herumliefen und von denen man nie wußte,
wie weit sie die Schnäbel zum Singen aufrissen. Es war besser,
ihnen gründlich die Flügel zu stutzen sehr gründlich. Marco
hatte Angst. Und er hielt sich für einen Versager. Und sein Vater
war an allem schuld. Und die grausame Silvana natürlich auch.
Mit der quengeligen Stimme eines kleinen Kindes hatte er Marion
alles erzählt. Er hatte sich neben sie auf das Bett gelegt, ihr
langsam den Rock abgestreift, seine Finger hatten sich sanft hin
und her bewegt. Er hatte sie geliebt, aber es war nicht überwältigend
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