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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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Platte. Elton John.
    »Scheint, der Vogel ist gerade eben erst ausgeflogen«, meinte
ein Polizist.
    Daß dem nicht so war, stellten die Beamten fest, als sie den
ersten Stock und das Schlafzimmer betraten. Blut, zwei Leichen
auf dem Bett. Eine Hinrichtungsszenerie, wie sie kein Filmregisseur
hätte besser gestalten können. »Tja«, sagte ein Polizist,
während sich sein Kollege mit kalkweißem Gesicht abwandte,
»ich fürchte, die beiden reden nicht mehr. Wir sind zu spät gekommen.
«
    Die Liebesstunden mit Alicia waren zauberhaft gewesen. Noch
nie in seinem Leben war Christian Wagner von einer Frau so
gekonnt verwöhnt worden. Unermüdlich hatte sie seinen ganzen
Körper gestreichelt, voller Geduld erkundet, wo seine lustempfänglichsten
Stellen waren, hatte ihn dort geküßt, ihre Zunge
über seine Haut gleiten lassen und mit den langen, dunkelroten
Fingernägeln sanfte Spuren gezogen Sie hatte unter ihm gelegen
und ihn mit Armen und Beinen umschlungen, was ihm das
Gefühl gab, von Schlingpflanzen festgehalten zu werden, aber es
war die beste Gefangennahme der Welt. Als sie auf ihm saß und
ihre Schenkel sich in seine Seiten preßten, schrie sie, lustvoll und
schamlos. Sie warf den Kopf nach vorn, daß ihre Haare über sein
Gesicht fielen; sie biß ihn spielerisch in den Hals, kitzelte ihn mit
dem Finger unter dem Kinn, und dann, plötzlich und unerwartet,
fing sie an, sich heftig auf ihm zu bewegen, und Christian wußte
nicht, schaukelte das Bett, das Schiff oder war es das Vibrieren in
seinem Körper. Er stöhnte, als er kam, und hielt Alicia umklammert,
naß von Schweiß. Als er wieder atmen, denken, sprechen
konnte, sagte er: »Alicia, ich muß in mein Hotel zurück!« Sie
starrte ihn an. »Ich glaubte, es hätte dir mit mir gefallen!«
    Christian hob die Hand und strich ihr die langen schwarzen
Haare hinter die Ohren zurück. »Natürlich. Du bist eine wunderbare
Liebhaberin, Alicia. Aber ich habe ein paar Probleme, und
ich hätte vielleicht nicht hierherkommen sollen.« Alicia erhob
sich schweigend und verschwand im Bad. Als sie wiederkam,
hatte sie einen Morgenmantel aus cremefarbener Seide angezogen,
sich die Haare gebürstet und die Lippen neu geschminkt.
    Sie ist eigentlich zu schön, um sie zu verlassen, dachte Christian
bedauernd. »Ich sage dem Kapitän Bescheid«, sagte Alicia. »Man
wird Sie dann mit einem Motorboot an Land bringen.«
    »Danke, Alicia.« Er blickte ihrer schlanken, hochgewachsenen
Gestalt nach. Idiotisch, diesen Ausflug abzubrechen. Wenn er
ehrlich war, so geschah es nur wegen dieses Mädchens, dieser
Marion. Als ob es einen Grund für ihn gäbe, sich Sorgen zu
machen. Ein verwöhntes, dummes kleines Ding, nichts weiter.
Wahrscheinlich lag sie quietschvergnügt am Strand und sonnte
sich und würde höchst unwillig reagieren, wenn er plötzlich
auftauchte. Und trotzdem… Er langte nach seinen Kleidern.
Besser, als hier zu grübeln. Genießen würde er den Tag doch
nicht richtig.
     
    Als Marion aufwachte, verspürte sie starken Brechreiz, hatte
einen schlechten Geschmack im Mund und brennenden Durst.
Sie blickte sich um, aber nirgendwo stand eine Flasche oder ein
Krug mit etwas Trinkbarem. Einen Augenblick überlegte sie, ob
sie rufen sollte, damit man ihr etwas brachte, aber sie hatte
Angst, daß Taleb ihr wieder eine Spritze geben würde, wenn er
feststellte, daß sie wach war. Davor fürchtete sie sich so, daß sie
lieber dursten wollte.
    Verzweifelt fragte sie sich, wo Christian bliebe. Inzwischen war
sie überzeugt, da man sie nicht mehr gehen lassen wollte. Als sie
nach Corinna gefragt hatte, war keine Antwort gekommen.
Instinktiv begriff Marion, daß mit der Freundin etwas Schlimmes
geschehen war. Natürlich würde ihr kein Mensch glauben, wenn
sie versicherte, sie werde nicht zur Polizei gehen. Diese Männer
waren keine Anfänger.
    War Corinna noch am Leben? Marion fragte es sich wieder und
wieder. Hatte sie irgend etwas entdeckt, und war ihr das zum
Verhängnis geworden? Sie dachte an den Tag zurück – war es
gestern gewesen oder vorgestern? –, als sie die Freundin in Torremolinos
getroffen hatte und als sie zusammen so lustig und
zuversichtlich nach Puerto Banus gefahren waren, um sich nach
besten Kräften zu amüsieren. Inzwischen stand die Welt auf dem
Kopf, und beinahe wäre Marion in Tränen ausgebrochen.
    Doch sie riß sich zusammen. Sie durfte jetzt nicht über Corinna
nachgrübeln. Ihr eigenes

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