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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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Haarsträhne aus dem Gesicht. »Natürlich werde ich
immer für dich da sein«, sagte sie. »Du weißt, was Taleb mit dir
vorhat, wenn wir in Marrakesch sind?«
    »Ich kann es mir vorstellen. Glaubst du, es gibt eine Chance,
ihm zu entkommen?«
    »Es gibt immer eine Chance. Ich selber möchte auch fort von
ihm. Aber mir geht es schlechter als dir. Mich werden seine Leute
um die halbe Welt jagen.« Er zündete sich die nächste Zigarette
an. »Wer einmal seine Hände im Heroingeschäft hatte, kann im
Grunde nie mehr raus. Mit Drogen zu handeln ist das Härteste
der Welt.«
    »Heroin? Habt ihr mit Heroin zu tun?«
    »Klar. Was meinst du, warum Taleb es gerade jetzt nicht gebrauchen
kann, daß du nach Marbella zurückkehrst und uns die
Polizei auf den Hals hetzt?«
    »Ich verstehe das gar nicht«, sagte Marion, »ich dachte, reiche
Menschen haben das gar nicht nötig!«
    »Das ist nicht nur eine Frage des Geldes. Es ist eine Frage
von… Ach, das ist bei jedem verschieden. Taleb tut es, weil er
ein Faible für schmutzige Geschäfte hat und beim besten Willen
nicht die Finger davon lassen kann. Und ich tu es, weil – mein
Gott, du hast keine Ahnung, wie langweilig das Leben eines
reichen Erben sein kann, der nichts zu tun hat! Immer nur
Champagner, immer dieselben aufgetakelten Mädchen, eine Party
nach der anderen… Es macht wirklich irgendwann keinen Spaß
mehr. Und du fängst an, dich nach etwas anderem umzusehen,
nach irgendeinem Mist, nach irgend etwas, das ein bißchen Abwechslung
in dein eintöniges Leben bringt… und ehe du dich
versiehst, hängst du in einem idiotischen Rauschgiftgeschäft drin
und bist mit Leuten wie Taleb zusammen! Scheiße, das alles!«
    »Wir müssen sehen, daß wir mit heiler Haut davonkommen!«
sagte Marion nachdrücklich. Natürlich war ihr Marcos Schicksal
völlig gleichgültig, abgesehen davon, daß sie ihn am liebsten
hinter Gittern gesehen hätte, aber im Augenblick brauchte sie
ihn. Genauer gesagt: Er war ihre einzige, winzigkleine Chance.
Marco schmiedete bereits Pläne. »Wir werden beide eine völlig
neue Identität annehmen. Und dann sollten wir nach Südamerika
gehen. Das ist immer noch am sichersten, wenn man untertauchen
will. Und dort machen wir uns das beste Leben, nicht wahr,
mein Süßes?« Zärtlich strich er ihr über die Haare. »Keine Sorge«,
flüsterte er, »ich laߒ dich nicht im Stich! Marco bringt dich hier
raus!«
    Er stand auf, trat an die Mini-Bar, nahm ein Glas heraus und
eine kleine Flasche Sekt, schenkte das Glas voll und ließ unbemerkt
zwei kleine weiße Tabletten hineinfallen. Sicher war sicher.
Besser, das Mädchen schlief während der Überfahrt nach Marrakesch,
dann konnte es kein Unheil anrichten. Es war auszuschließen,
daß Marion ebenso überempfindlich auf Medikamente
reagierte wie Corinna.
    »Trink das«, sagte er sanft.
    Marion trank. Sie hatte sich zwar vorgenommen, auf der Maria
Luna nichts mehr anzurühren, aber das würde sie nicht durchhalten
können. Schon kurz darauf wurden ihre Lider schwer, ihre
Glieder fühlten sich an wie Blei. Ich muß wach bleiben, dachte
sie – und war im nächsten Moment eingeschlafen.
     

Kapitel 9
     
    Sie erwachte von einem Flüstern. »Marion! Marion, wach auf!
Nun wach schon auf!« Es fiel ihr unendlich schwer, die
Augen zu öffnen. Ihre Lider fühlten sich geschwollen an, ihr
Mund war trocken, und sie hatte das Gefühl, als schiebe sie einen
Watteball von einer Seite zur anderen. Ein würgendes Kratzen im
Hals sagte ihr, daß sie sich gleich würde übergeben müssen.
Kaum hörbar murmelte sie: »Wo bin ich?«
    »Wir sind in Sicherheit, mein Liebling. Wir haben es geschafft.
Taleb kann uns nichts mehr anhaben!«
    Sicherheit… für eine Sekunde gab sich Marion dem Glauben
hin, sie sei tatsächlich in Sicherheit und alles Erlebte sei nur ein
böser Traum gewesen. Aber dann erwachte langsam alle Erinnerung
und sie begriff, wer da zu ihr sprach. Es war Marco. Marco,
der Corinna getötet hatte. Der Mörder, mit dem sie gemeinsame
Sache machte, um sich vor Taleb in Sicherheit zu bringen. »Was
ist geschehen, Marco?« Sie setzte sich auf, drängte mit Gewalt die
Übelkeit zurück und ignorierte den wütenden Schmerz, der
sofort in ihrem Kopf lostobte. Dabei registrierte sie, daß sie auf
einem Bett saß und daß der Boden unter ihr nicht schaukelte.
Offenbar hatten sie das Schiff verlassen.
    Eine Nachttischlampe verbreitete ein mattes Licht. Schwach

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