Schwarze Seide, roter Samt
gewesen. Nun redete er, und wieder streichelten seine
Finger Marion sanft, immer zwischen Haut und Strumpf. Marion
hörte geduldig zu, stellte mit weicher Stimme Zwischenfragen
und strich ihm über die Haare. Sie war mit ihren Nerven am
Ende, so sehr, daß sie hätte schreien mögen, aber sie hielt eisern
an ihrem Vorhaben fest: Sie brauchte einen Freund auf diesem
verdammten Schiff. Einer der ihr später helfen konnte, zu entkommen. Das Schicksal hatte ihr Marco gesandt, und sie war fest
entschlossen, ihn zu halten. »Weißt du, daß ich etwas sehr
Schlimmes getan habe?« flüsterte Marco. Seine monotone Stimme
jagte Marion einen Schauer nach dem anderen über den
Rücken.
Sie sah ihn sanft an. »Nein. Was hast du denn getan, Marco?«
»Ich habe das rothaarige Mädchen getötet. Sie war deine Freundin,
nicht wahr? Sie hieß Corinna. Sie war sehr schön
«
Marion verbarg nur mit größter Mühe ihr Entsetzen. Corinna
war tot! Und sie lag mit ihrem Mörder im Bett! Sie schluckte, und
sie merkte, daß ihre Stimme ganz fremd klang, als sie fragte:
»Aber wie konnte denn das passieren?«
»Ich habe ihr Tabletten gegeben! Sie sollte nicht sterben, sie
sollte nur einschlafen. Wir liebten uns, sehr lange und immer
wieder. Nachher war sie tot. Ich habe nicht einmal bemerkt, wie
sie starb.«
»Natürlich
hast du es nicht bemerkt. Und du hast es auch
nicht gewollt, ich weiß. Es war ein Unfall.«
»Ja
«, sagte Marco gedankenverloren. »Ein schrecklicher Unfall.
Und du bist mir nicht böse?«
»Nein. Ich bin dir nicht böse, Marco!« Du perverser Verbrecher,
dachte sie bei sich, du Dreckskerl! Seine Hände, die noch
immer über Marions Beine glitten, wurden zupackender, gruben
sich in ihre Schenkel. Marion konnte ihren Ekel nur betäuben,
indem sie immer wieder dachte: Irgendwann wirst du im Gefängnis
sitzen! Du wirst im Gefängnis sitzen, und du wirst dafür
bezahlen, daß du Corinna getötet hast! Die Erinnerung an Corinna
hatte Marco in höchste Erregung versetzt. Auf einmal konnte
er sich nicht mehr beherrschen. Er zerrte Marion den Slip herunter
und rollte sich auf sie. Da sie nicht im mindesten erregt war,
tat es ihr weh, aber sie biß sich auf die Lippen und flüsterte: »Ja,
Marco, ja! Komm zu mir, Marco! Es ist wunderbar mit dir!« Bald
registrierte sie voller Erleichterung, daß es vorbei war, aber kaum
konnte sie wieder denken und atmen, da merkte sie noch etwas
anderes: Ein Zittern lief durch das Schiff, ein Rollen und
Schwanken und sie fragte sich verwundert: Was ist denn jetzt
los?
Bis sie begriff: In diesem Augenblick hatte die Maria Luna ihre
Anker gelichtet. Bald würde die Küste von Puerto Banus nur
noch ein schmaler Streifen am Horizont sein.
Christian sprach genug Spanisch, um sich auf der Polizeiwache
von Torremolinos mit dem Beamten verständigen zu können. Er
hatte Marions Brief dabei und las ihn dem Beamten in einer
etwas holprigen Übersetzung vor. Der hörte stirnrunzelnd zu.
»Und?« fragte er dann. »Ich befürchte, daß Marion Rönsch in
Gefahr ist«, erwiderte Christian. »Sie hatte Angst, auf die Maria
Luna zu gehen, sonst hätte sie diesen Brief nicht geschrieben. Ich
habe inzwischen mit den Eltern des Mädchens gesprochen, die ja
wohl wegen einer Vermißtenanzeige schon hier bei Ihnen waren.
Marion ist bis jetzt nicht wieder im Hotel aufgetaucht!«
»Wir haben letzte Woche eine Razzia auf der Maria Luna gemacht.
Dabei ist uns nichts Verdächtiges aufgefallen.«
»Letzte Woche! Sie wissen ganz genau, daß sich das von einem
Tag zum anderen ändern kann. Es sind doch immer wieder
andere Leute an Bord dieser Yachten.«
»Nur weil ein Teenager
«
»Dieser Teenager«, sagte Christian langsam und mit Nachdruck,
»schwebt möglicherweise in Lebensgefahr. Und ich kann Ihnen
nur versichern, Sie werden verdammt viel Ärger bekommen,
wenn Sie nichts unternehmen, das garantiere ich Ihnen!« Etwas
in seinen Augen, in seiner Stimme schien den Polizisten zu überzeugen,
daß es besser wäre, seiner Aufforderung Folge zu leisten.
Umständlich erhob er sich. »Mal sehen, was sich machen läßt«,
murmelte er.
»Ich werde immer für dich da sein«, sagte Marco leise. »Aber du
mußt auch immer für mich da sein, ja?«
Er lag auf dem Bett und rauchte eine Zigarette. Bedächtig blies
er die Rauchkringel in die Luft. Er sprach jetzt wieder mit ganz
normaler Stimme, hatte das Weinerliche verloren. Marion strich
ihm eine
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