Schwarzer Koks (German Edition)
verwüstete Anbauflächen mitten im Dschungel; dann die Nahaufnahme eines ekelhaften schwarzen Käfers. Wahrscheinlich ein weiteres Umweltdesaster infolge der Begasungsaktion.
Sie wandte sich wieder der Küche zu. Der Holzboden knarrte.
Lucias Puls überschlug sich sofort wieder. Sie schlich den Flur hinab, an der Diele vorbei. Sie warf einen Blick ins Bad. Es war leer. Sie ging in das Schlafzimmer.
Eine Hand legte sich über ihr Gesicht, riss ihr den Kopf nach hinten, erstickte ihren Schrei. Eine zweite Hand packte ihren Arm und zwang sie, das Messer fallen zu lassen. Klappernd landete es auf dem Boden. Ihr Angreifer zerrte sie nach hinten, zurück ins Wohnzimmer. Sie versuchte mit den Ellbogen auf ihn loszugehen. Der Griff war zu stark. Sie wand sich unter ihm, aber die Hand auf ihrem Gesicht drückte nur noch fester zu. Sie bekam keine Luft mehr. Sie biss zu, so fest sie nur konnte. Trotzdem zog man sie nach hinten.
Man knebelte sie. Zog ihr eine Kapuze über. Man riss ihr die Hände auf den Rücken, fesselte sie. Dann stieß man sie auf die Couch. Sie versuchte aufzustehen, trat mit den Füßen. Man schlug sie so hart in den Magen, dass sie nach Luft schnappend zusammenklappte. Sie stöhnte. Alles in ihrem Kopf drehte sich.
»Wo ist Kershner?«
Es war eine tiefe, raue Stimme, nicht ganz Mann, nicht ganz Frau. Wieder versetzte man ihr einen Schlag, diesmal gegen die Brust. Ein stechender Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen.
Wieder die Stimme: »Lass sie reden.«
Jemand griff unter die Kapuze und nahm ihr den Knebel aus dem Mund. Dann schlug man ihr gegen die Wange, ein Schlag, der durch die Kapuze gemildert wurde. Blut mischte sich auf ihrer Zunge mit Speichel. Sie spuckte es aus.
»Sag mir, wo Kershner ist«, sagte die Stimme.
Lucia schüttelte den Kopf. Rasender Zorn hatte ihre Angst ersetzt.
»Ich habe dir doch gesagt, dass sie ein toughes Luder ist«, sagte die Stimme.
»Lass mich mal.« Diese Stimme gehörte einem Mann. Sie hatte sie schon mal irgendwo gehört.
»Tu dir keinen Zwang an.«
Man stopfte ihr den Knebel wieder in den Mund. Sie versuchte zu schreien, als die Schläge auf sie einhagelten. Sie warf sich zu Boden, versuchte wegzurollen; sie schrie, drohte aber an dem Knebel zu ersticken. Verzweiflung mischte sich in die Qualen. Sie waren hier in Kolumbien. Hier wurde jeden Tag einer ermordet oder entführt. Selbst wenn ihre Nachbarn sie hörten, würde keiner Hilfe rufen.
»Stopp!«
Noch ein Schlag. Diesmal gegen Lucias Schienbein.
»Verfluchte Scheiße, Dex«, sagte die erste Stimme. »Ich sagte, stopp!«
»Okay, okay«, sagte der Mann, den die erste Stimme Dex genannt hatte. »Ist wirklich ein zähes Luder, die kleine Schlampe.«
»Nimm ihr die Kapuze ab und den Knebel.«
Lucia blinzelte, als das Licht im Zimmer sie blendete. Durch den Nebel ihrer Schmerzen sah sie schemenhaft zwei Gestalten vor ihr aufragen. Sie versuchte die Hände zu heben, um sich zu schützen, aber sie waren hinter ihrem Rücken zusammengebunden. Sie wälzte sich herum und begann davonzukriechen.
»He, wo willst du denn hin?« Ein Paar kräftiger Hände warfen sie zurück auf die Couch. Lucia trat um sich und erwischte ihren Angreifer im Schritt.
»Dummes Luder!«, rief Dex und hob einen Baseballschläger. Die andere Person fiel ihm in den Arm. »Lass fallen.«
Dex rang mit sich, bevor er den Schläger fallen ließ. Die Hände zwischen den Beinen, warf er sich in den Sessel. Lucia erkannte die gezackte Narbe auf seiner Backe und wäre fast in Ohnmacht gefallen. Dex war der Mann aus der Bar, dem sie das Bier übers Hemd geschüttet hatte.
Sie versuchte sich auf die Person vor ihr zu konzentrieren. Sie war groß und gebaut wie ein Rugbyspieler. Ihr Gesicht war grob, die Nase plump, die Lippen dünn, die dunklen Augen standen eng beisammen.
Dann kam es ihr; die Person war gar kein Mann.
»Amonite Victor«, stammelte Lucia durch ihre zerschlagenen Lippen.
»Hi, Lucia.« Amonite grinste, was Lucia ihre kaputten Zähne sehen ließ. Lucia stockte der Atem.
Amonite kniete neben ihr, die Hände auf ihren Knien. »Willst du mir jetzt sagen, wo Kershner sich verkrochen hat, oder müssen wir die Daumenschrauben anwenden?«
Lucia schüttelte den Kopf.
»Bloß weil dich einer gefickt hat, meine Gute, heißt das doch nicht, dass er dich auch liebt.«
Lucia spuckte Amonite ins Gesicht. Der Speichelfaden lief ihr über die Wange auf die Lippen. Amonite wischte ihn mit dem Ärmel weg.
»Das wirst du noch
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