Schwarzer Koks (German Edition)
war. Dennoch stach er weiter zu, heulend, rasend vor Zorn, geifernd vor Abscheu, getrieben von einem tückischen Verlangen nach Rache an Patrice, Amonite, Shaun, seinem Vater, seiner Mutter, seiner Gemeinde, Jesus, Gott und der ganzen verdammten Welt. Alle hatten sie ihn verraten. Im Stich gelassen. Gehasst.
Die Möwe kreischte.
Elijah taumelte rücklings weg. Das Messer stak noch in dem, was von Patrices Brust übrig war. Elijah sackte zu Boden. Seine Hände und sein cremefarbener Anzug waren voll Blut. Er legte den Kopf zurück. Er schloss die Augen. Er zitterte am ganzen Leib.
Was hast du getan?
Tränen strömten ihm übers Gesicht, als die Trauer um Patrice nach ihm griff, den einzigen Menschen, den er je geliebt hatte. Immer wieder bat er Gott um Gehör. Während er betete, beruhigte er sich. Die Stimme verschwand. Sein Herzschlag verlangsamte sich. Er betete lauter, kühner. Bis endlich Vergebung am Rand seiner Seele rührte, erst zaghaft, dann beherzter, um schließlich zu einer mächtigen Welle zu werden, die Befreiung und Erlösung versprach.
Gott verstand, warum er das getan hatte. Es ging um sein Überleben, um die Zukunft von Gottes Kirche. Elijah funkelte Patrice an. Es war alles seine Schuld und er hatte dafür mit dem Leben bezahlt. Er war es, der jetzt in der Hölle braten würde, nicht Elijah.
Er zog sich auf die Beine. Er rief Gott an und pries ihn mit erhobenen Armen.
Die Möwe flatterte davon.
Mit einem ungestümen Lachen wandte er sich dem Steuerrad zu und stellte den Kurs auf Nord. Eine bittere Entschlossenheit erfüllte ihn. Er würde den schwarzen Koks verkaufen, ein Vermögen verdienen und damit das größte Drogenimperium aufbauen, das die Welt je gesehen hatte.
Kapitel 46
Bogotá, Kolumbien
13. April 2011
Lippen knabberten an ihm. Dann ein Kratzen.
Nathan furchte die Stirn.
Laura konnte manchmal so was von lästig sein.
Ein Scharren. Dann ein Quieken.
»Lass mich in Ruhe«, murmelte er. »Mir geht’s beschissen.«
Wieso war Laura denn überhaupt hier? Sie hatte ihn doch schon vor Monaten verlassen. Dass sie die Nase voll hätte von seiner Arbeitssucht, hatte sie geschrien. Zu schweigen von seiner Verschlossenheit.
Nathan verzog das Gesicht. Ihm war, als schlüge ihm jemand wiederholt einen Backstein auf den Schädel. War er wieder mal mit Caitlin um die Häuser gezogen? Vielleicht um die Demütigung zu ertränken, dass Laura ihn für einen Maler verlassen hatte, einen Bohemien mit spitzen Ohren vom Hoxton Square.
Das Bett war hart und kalt unter seiner Backe, als läge er auf Beton. Wieder huschte etwas an ihm vorbei, etwas wischte gegen seinen Schenkel, nagte an seiner Kleidung. Wieder piepste es.
Ratten.
Nathan stieß mit den Beinen aus, was die Tiere quiekend davonhuschen ließ. Er versuchte sich aufzusetzen, fiel aber wieder zurück. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt; sie waren taub. Er versuchte sich aufzusetzen, lehnte sich gegen die Wand, atmete tief ein. Er öffnete die Augen.
Es war stockdunkel.
Entsetzen und Klaustrophobie drohten ihn zu übermannen. Er atmete lang und tief durch. Er schloss die Augen und zwang sich zur Ruhe. Erinnerungen an den Kampf bei
El Tiempo
stellten sich ein. Vermutlich befand er sich in irgendeinem Gefängnis. Er konnte sich jedoch nicht erinnern, wie man ihn hergebracht hatte. Er konnte sich weiß Gott wo im Land befinden, wenn er überhaupt noch in Kolumbien war.
Wenigstens war er noch am Leben. Im Geiste checkte er seinen Körper durch. Die Schläfe, an der der Security-Typ ihn mit dem Gewehrkolben erwischt hatte, tat höllisch weh. Sein Körper war voller Prellungen. Knochen jedoch waren keine gebrochen; auch offene Wunden hatte er nicht.
Was war mit Lucia? Hatten sie sie auch erwischt? Falls sie davongekommen war, konnte er nur hoffen, dass sie sich mit Manuel traf. Er hatte bei den Campesinos etwas zu sagen und könnte ihn mithilfe seiner Kontakte aufspüren.
Nathan schüttelte den Kopf: alles reines Wunschdenken. Er hatte vor langer Zeit schon gelernt, mit anderen erst gar nicht zu rechnen. Es war immer besser, nur auf sich selbst zu zählen.
Er stand auf und tastete sich an der Wand entlang. Er befand sich in einer Zelle von etwa zwei mal vier Metern. Die Wände waren aus Stein. Der Boden war feucht. In einer Ecke standen ein Eimer und ein Stuhl. Der Uringestank war überwältigend. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine massive Metalltür. Er tastete nach einer Klinke, nach einem Knauf. Die Tür
Weitere Kostenlose Bücher