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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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Samtwestchen vom Flohmarkt. Jetzt drehte sie sich lachend um und hob den rechten Daumen. „Bahn frei!“, rief sie übermütig.
    Rike seufzte. Ihr Verhältnis zu Elina war nicht frei von Spannungen. Natürlich konnte nicht jedes Mädchen so tüchtig sein wie Fiona, die wie ihr Vater Jura studiert hatte und jetzt in einer Frankfurter Anwaltskanzlei arbeitete. Aber warum Elina in der heutigen Zeit zwei Kinder von verschiedenen Vätern bekommen musste, das konnte sie noch immer nicht verstehen. Kinder waren eine Bereicherung, keine Frage, aber sie bedeuteten auch Verantwortung; unter dem Strich war das Leben ohne sie sehr viel einfacher.
    Elina sah das anders. Ihr erstes Kind, Mariacarla, hatte sie sieben Wochen nach dem Abitur bekommen. Thomas, der Vater, war ein Jahr jünger als Elina, ging aber in ihre Klasse, und die vier Großeltern waren der einhelligen Meinung, dass man ein Ungemach, nämlich die Schwangerschaft, nicht mit einer verfrühten Ehe toppen müsse. Als Elina Modedesign zu studieren begann, teilten sie das Kinderhüten unter sich auf.
    Das änderte sich, als sich Elina zwei Jahre später von Axel schwängern ließ, das Studium an den Nagel hängte und in Axels Fünf-Personen-WG zog, um dort zunächst einmal gnadenlos ihr erstes Ziel zu verfolgen: die Mitbewohner rauszuekeln.
    Mariacarla war ein temperamentvolles Kleinkind, das zu Zornausbrüchen neigte und nächtliche Schreiorgien liebte. Elina unterstützte die Anstrengungen ihrer Tochter weidlich. Außerdem lebte sie ihre schwangerschaftsbedingten Brechattacken unüberhörbar und vorzugsweise am sehr frühen Morgen aus, betonte die Ringe unter ihren Augen mit grauem Lidschatten und bat mit schwacher Stimme und leidvoller Miene die Mitbewohner, sich bitte ein klein bisschen um Mariacarla zu kümmern. Dann verzog sie sich mit einem Becher allerfeinster Trinkschokolade und einem Buch der Sorte „Wie man ein echtes Miststück wird“ ins Bett. Zwei Wochen später lagen die Nerven der Mitbewohner blank; sie begaben sich auf Zimmersuche und ahnten nicht, dass sie Elinas Nestbauinstinkt, der einem Killerinstinkt gleichkam, zum Opfer gefallen waren.
    Als die anderen Studenten ausgezogen waren, verschwand Elinas Übelkeit im Handumdrehen, Mariacarla wurde für ihre aktive Mitarbeit jeden Abend mit einem Fläschchen extra belohnt, schlief fortan selig durch die Nächte, und die dreieinhalb Personen waren alleinige Bewohner einer wunderbaren Beletage mit fünf Zimmern, einem großen Abstellraum, Küche, Bad, Wintergarten und Balkon in zentraler, aber dennoch ruhiger Lage inmitten hoher, alter Bäume.
    Den Rest ihrer zweiten Schwangerschaft verbrachte Elina damit, ihr Nest angemessen auszupolstern und für Axel Modell zu stehen. Mit seinen Fotos von ihrem wachsenden Bauch verhalf er nicht nur einem Naturkosmetikunternehmen und einem Energydrink zu beachtlichen Verkaufszahlen, ihm gelang auch der Durchbruch als Werbefotograf. Das zweite Mädchen, Radita, war nun ein halbes Jahr alt. Rike lächelte, als sie an Lottes ersten Besuch bei Elina dachte, die ihr Patenkind war. Sie hatte der glücklich strahlenden Mutter einen Weingeschenkkarton mit riesiger, roter Schleife überreicht.
    „Ich stille“, hatte Elina gesagt. „Vielen Dank, aber den Wein kann ich erst viel später trinken.“
    „Du könntest ihn auch mir schenken“, sagte Heiner.
    „Warum soll der Großvater nicht auch etwas bekommen?“ Lotte lachte frech. „Elina, mach das Geschenk auf.“
    Elina zog die Schleife auf, öffnete den Karton – und starrte fassungslos auf den Inhalt. Im ersten Fach lag ein großer Gutschein für die Pille, im zweiten eine imponierende Auswahl an Kondomen in allen nur denkbaren Farben und Formen, im dritten stapelten sich allerlei Schächtelchen mit Zäpfchen zum Einführen – und in der Mitte der Herrlichkeiten prangte ein rotbackiger Apfel mit einem Fähnchen, auf dem stand: „Anstatt funktioniert nicht!“
    Heiner hatte zuerst „Wie kannst du nur, Lotte!“ gerufen und dann den Inhalt sehr interessiert gemustert.
    „Pa, soll ich dir was abgeben?“, hatte Elina gefragt. Daraufhin hatte Heiner einen roten Kopf bekommen und fluchtartig das Zimmer verlassen.
    „Warum grinst du, Ma?“, fragte Elina und nahm ein Glas
    Essiggurken aus dem Kühlschrank.
    „Weil ich gerade an Lottes Geschenk gedacht habe … Sag mal, bist du schon wieder schwanger?“
    „Nö. Geht nicht. Axel hat einen Auftrag von einem Sportbekleidungshersteller; ich ziehe die Hemdchen an und muss

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