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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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kommst!“
    „Moment.“ Rike nahm den Hörer ab. „Fiona! Liebes, gibt’s was Neues?“
    Lotte fuhr sich durch die Haare. Da hatte Rike doch tatsächlich einen Zeitzeugen aufgetrieben! Jemand, der das Gut kannte, ihre Mutter, ihre Halbbrüder, jemand, der sich sicher noch daran erinnerte, wie die Landschaft aussah, das große Haus samt Park, die Stallungen, die …
    „Ist es so schlimm, dass du dir sogar einen Tag freinehmen musstest? Na so was! Aber selbstverständlich bist du jederzeit willkommen“, hörte sie Rike sagen. „Wir sprechen morgen darüber, ja? Ich melde mich. Jetzt machen wir’s kurz, Lotte ist da.“
    Rike legte auf. „Fiona hat Liebeskummer, muss sich ausweinen und will getröstet werden. Wo war ich stehengeblieben?“
    „Bei dem Mann, der …“
    „Ach ja, bei Herrn Billek. Also, während Oskar bei euch festhing, weil seine Wunde wieder aufgebrochen war, bekam er natürlich mit, wie sich deine Familie zur Flucht bereitmachte. Er war dabei, als der große Leiterwagen beladen wurde …“
    „Tatsächlich? Meine Mutter hat uns Kindern immer wieder von diesem Wagen erzählt. Sie besaßen noch zwei Pferde und konnten allerlei mitnehmen.“
    Rike nickte. „Davon hat er auch gesprochen. Er konnte zwar nicht helfen, aber er hat gesehen, wie die Koffer, Kisten, Bündel und Decken aufgeladen wurden, während er auf die Zwillinge aufpasste, die in einem Kinderwagen lagen. Die Kleinen weinten, und um sie zu beruhigen, wollte er sie auf dem Hof umherfahren, doch das war gar nicht einfach. Der Wagen aus weißlackiertem Peddigrohr hatte nämlich, wie es sich gehört, vier Rädchen – aber keinen Schiebebügel.“
    „Genau dieser Bügel spielt in der Familiengeschichte eine große Rolle! Was wusste dein Patient?“
    „Langsam, Lotte. Oskar hat mir erzählt, wie kurz vorm Aufbruch am frühen Morgen das Kochgeschirr, einige Bündel Holz und der Kinderwagen – mit Schiebebügel – dazukamen. Später hätte ein alter Schmied oder Schreiner des Guts mit ihm eine kostbare letzte Zigarette geteilt, der Mann hätte auf den Wagen gedeutet und gesagt: ›Das ist eine ganz dreckige Geschichte. Irgendwann wird sie ans Licht kommen … Na, aber vielleicht überleben die Bälger ja auch nicht.‹“
    „Wen meinte er mit ›Bälger‹?“, fragte Lotte erstaunt. „Doch nicht die Zwillinge? Die waren damals erst wenige Monate alt.“
    „Er war sich sicher, der Alte hätte mit den Bälgern die Zwillinge gemeint.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Aber das ist noch lange nicht alles! Billek ist mehr tot als lebendig im Westen angekommen und wurde von einer Frau, deren Mann in Frankreich gefallen war, gesundgepflegt. Die beiden haben geheiratet. Als Oskars Frau dann vor etwa zwanzig Jahren starb, fiel ihm vor Kummer und Einsamkeit die Decke auf den Kopf. Er hatte keine Kinder, alle Familienangehörigen waren verstorben, und so hat er sich schließlich aufs Reisen verlegt.“
    „Warum erzählst du mir denn das alles?“
    „Hör zu. Vor fünf Jahren nun hat ihn eine Tour durch Namibia und Botswana geführt. In einer Lodge am Rand der Kalahari saß die Reisegesellschaft dann abends vor dem Kamin, wobei sich alle recht unbehaglich fühlten, denn die Frau des Besitzers war erst eine Woche zuvor gestorben. Alles ging noch drunter und drüber, und weil das Essen nahezu ungenießbar gewesen war, füllten sie ihre knurrenden Mägen mit Bier. Später kam dann doch noch der Besitzer dazu und bemühte sich, sie mit einigen Jagdstorys bei Laune zu halten.“
    „Den Löwen, dessen Fell links an der Wand hängt, habe ich unter Lebensgefahr erlegt?“
    Rike nickte. „So ähnlich wird es gewesen sein. Jedenfalls – zwischen den Geweihen über dem Kamin entdeckte Oskar ein ausgebleichtes Stück Peddigrohrgeflecht. Er fragte nach, was dies zu bedeuten habe, und der Besitzer der Lodge hat dann berichtet …“
    „Der Wein ist leer. Hast du noch eine Flasche für uns, Rike?“
    „Später. Vielleicht brauchst du dann ohnehin etwas Stärkeres, warte also“, antwortete Rike und holte eine Flasche Mineralwasser aus der Küche.
    Wie es weitergeht, erfahren Sie in/Lesen Sie weiter:
    Sissi Flegel
Weiber, Wein und Wibele
Roman
    www.dotbooks.de

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