Schwarzer Rauch
ganz auf ihre Person, auf die Kontur ihrer Gedanken, die wie eine Handschrift eindeutig einem jeden zugeordnet werden konnte, wie eine persönliche Signatur.
Das war mir bis eben gar nicht bewusst gewesen! Wahrscheinlich handelte es sich hierbei um Wissen aus dem Grimoire Lunaris .
Ich prüfte weiter die Signaturen, die mir bekannt vorkamen, ehe es mich plötzlich mit einem Ruck in ihre Gedanken zog.
Ich konnte mich nur kurz umsehen. Dann schrie ich auf. Der Schmerz des Fluches umkreiste mich einige Male, bevor er wie ein Hammer zuschlug und mich beinahe in Ohnmacht warf.
Gefangenschaft
Sina
Ich verfluchte den Tag, an dem mich mein Neid besiegt hatte.
Seit Tagen saß ich nun hier in meinem Gefängnis und wurde immer wieder ausgefragt oder mein Körper wurde für Rituale missbraucht.
Hätte ich nur nicht in Vics persönlichen Sachen rumgeschnüffelt.
Eine Stimme hatte mir zugeflüstert, dass sie im Besitz eines sehr mächtigen Zauberbuches wäre, das jedem von uns die Macht schenken könnte, die er verdiente.
Wer hörte denn schon auf Stimmen, die einem zuflüsterten? Obwohl die Stimme ja recht hatte: Ich hatte in Victorias Nachtschrank dieses kleine Büchlein entdeckt. Von außen total unansehnlich und zerfleddert, aber sehr geheimnisvoll. Also schlug ich es auf. Schon in dem Moment konnte ich die Macht darin spüren. Die Macht, von der ich dachte, sie hätte Vic so weit gebracht, dass sie nun zur Debütanten-Wahl geschickt worden war.
Ich wollte auch einen Teil davon abhaben. Teilten sich beste Freundinnen nicht alles? Victoria wollte alles für sich behalten. So hatte ich zumindest bis zu diesem einen Tag gedacht.
Ich blätterte in dem Buch und fand, nach was ich gesucht hatte: Einen Spruch zur Erweiterung der Fähigkeiten. Er war teilweise in Latein verfasst, wodurch ich ihn nicht komplett verstehen konnte. Aber was könnte schon passieren, dachte ich mir. Hier stand eindeutig, dass jeder bekommen sollte, was ihm zustand.
Jetzt, wo ich hier saß, halb nackt und mit blutenden Wunden, wünschte ich mir, ich hätte mich an Alea gewandt, ehe ich diesen Zauber aussprach.
Alea! Meine so tolle, so mächtige und so gutaussehende Mentorin. Sie hatte mir doch tatsächlich ins Gesicht gesagt, dass sie meiner Fähigkeit, gut von böse zu unterscheiden, nicht mehr traute und Selena deshalb davon abgeraten hatte, mich zur Wahl zu schicken. Waren wir denn im Kindergarten? Ich konnte mich wohl selbst am besten einschätzen.
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Mike hat Schluss gemacht, weil er auf eine der eingebildeten Schnepfen unserer Schule hereingefallen war, mit der er einen Ferienkurs besuchte. Diese Beziehung würde sicherlich keinen Monat überdauern.
Kurz darauf teilte Alea mir mit, dass ich womöglich aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden könnte, sofern sich meine »negativen Schwingungen« nicht bald auflösten.
Noch in derselben Nacht erhielt ich die SMS von Vic, dass sie zur diesjährigen Debütantin bestimmt worden war und nun auf Lebenszeit einen Sitz im Rat innehatte.
Und ich? Ich hätte ihr am liebsten die Pest an den Hals gewünscht. Auch wenn das ein viel zu geringer Fluch war. Man hätte ihn damals nur nicht an Menschen ausprobieren sollen.
Ich tippte schon die Antwort in mein Handy:
betrügerin! ich weiß von dem buch in deinem nachtschrank. nun kannst du dich nicht mehr herausreden. jetzt gehört es mir!
Eine Stimme flüsterte mir aber zu, dass ich ihr nichts von dem Buch erzählen durfte. Sie würde es nicht teilen wollen und alles dafür tun, dass ich nicht ebenso viel Macht bekäme wie sie. Also löschte ich einen Buchstaben nach dem anderen und schrieb stattdessen nur:
na dann glückwunsch
Ohne weiteres Nachdenken drückte ich auf »senden«. Die Stimme hatte recht gehabt. Vielleicht hätte Victoria sofort ihre Mentorin, unsere Leiterin, angerufen und mich angeschwärzt. Eine weitere Standpauke wäre sicherlich nicht in meinem Interesse gewesen.
»Komm, du willst es doch auch. Jetzt, sofort!«
Ich erschrak, als ich die Stimme aus meinem Kopf wiedererkannte. Nur war sie dieses Mal nicht in meinem Kopf. Sie kam eindeutig aus diesem Buch.
Das Buch sprach zu mir!
»Du bist die Erwählte, ich habe so lange auf dich warten müssen. Ich will dir die verdiente Macht schenken.«
Wie konnte ich nur so blöd sein und darauf hören? Wie konnte ich auf so einen Spruch nur hereinfallen. Auf einen dummen Spruch eines dummen Buches!
Das war mir erst klar
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