Schwarzer Regen
wurden nur wenige Minuten vor der Explosion erfasst und nach Flensburg übermittelt. Der Standort des Wagens stimmt exakt mit dem berechneten Epizentrum überein.«
»Na schön. Aber wie kam die Bombe in den Wagen?«
Geissling zeigte auf eine der Linien – eine Verbindung zwischen der Terrorzelle in Köln und einem Mittelsmann afghanischer Herkunft. »Nach allem, was wir wissen, hat ein gewisser Tarik al-Madi die Bombe von einem syrischen Waffenhändler namens Moussad al-Baschar übernommen. Sie wurde vermutlich in einem LKW einer polnischen Spedition aus einem versteckten Lager in Westrussland über die Grenzen transportiert. Diese Information stammt von der CIA; ich kann mich für die Richtigkeit nicht verbürgen.«
»Die Information ist richtig«, meldete sich das Pickelgesicht. »Unsere Kontakte beim russischen Geheimdienst FSB haben das bestätigt.«
»Wieso kann ein syrischer Waffenhändler in Russland eine Atombombe verstecken und über drei Staatsgrenzen hinweg schmuggeln?«
»Kann er nicht. Er war nur der Vermittler des Geschäfts. Auf der anderen Seite stand die russische Mafia. Die haben |403| die Bombe offenbar jahrelang versteckt und versucht, verschiedene Deals zu machen, die jedoch alle platzten, weil der Preis zu hoch war oder der FSB ihnen zu nahe gekommen ist.«
»Die spannende Frage ist nicht, wo die Bombe herkommt und wie sie nach Deutschland kam oder wer sie gezündet hat«, ergänzte Marks. »Das wissen wir inzwischen ziemlich genau. Die eigentlich interessante Frage ist, wer die Bombe bezahlt hat. Denn es ist offensichtlich, dass die Mitglieder der Terrorzelle von Köln nur die Handlanger derjenigen waren, die die Bombe gekauft und dafür gesorgt haben, dass sie nach Deutschland kam.«
»Und? Wer hat sie bezahlt?«, wollte Kaiser wissen.
»Hier werden die Dinge leider ein bisschen unübersichtlich«, sagte Geissling mit Blick auf die vielen Verbindungslinien und Namen auf seinem Schaubild. »Angesichts der Zeit kann ich nicht jeden einzelnen Zusammenhang erläutern. Wir wissen leider auch noch längst nicht alles. Eine wichtige Rolle in diesem Spiel scheint ein russischer Oligarch namens Leonid Konstantinow zu spielen – ein Duzfreund des russischen Präsidenten. Ihm werden gute Kontakte zur Mafia nachgesagt. Außerdem unterhält er Wirtschaftsbeziehungen nach Deutschland. Er war angeblich auch mit dem verstorbenen Milliardär Heiner Benz befreundet …«
»… den seine Frau umgebracht hat«, warf Boltenhagen ein, der offensichtlich begierig war, in Anwesenheit des Staatssekretärs auch einmal etwas zu sagen.
Kaiser warf ihm einen missbilligenden Blick zu. »Weiß ich. Stand ja groß in der Zeitung.« Er wandte sich an Marks. »Hat der Mord etwas mit der Sache zu tun?«
»Laut Polizeibericht handelt es sich um Mord aus Habgier«, sagte sie. »Anscheinend sollte die Schuld einem Mann namens Lennard Pauly in die Schuhe geschoben werden, einem Ex-Polizisten, der seinen Sohn in Karlsruhe verloren |404| hat. Benz’ Frau hat ihm wohl weisgemacht, ihr Mann sei einer der Drahtzieher des Anschlags.«
»Und? War er das?«
»Wir haben keine Hinweise darauf, dass er etwas damit zu tun hatte.«
»Das Grundproblem ist«, bemühte sich Geissling, die Gesprächsführung wieder an sich zu reißen, »dass wir noch nicht genau wissen, warum die Bombe ausgerechnet in Karlsruhe gezündet wurde.«
Kaiser zog eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, das sei klar? Es gab doch dieses Verfassungsgerichtsurteil …«
Geissling konnte nur mit Mühe ein Aufstöhnen unterdrücken. »Herr Staatssekretär, den Deal mit der russischen Mafia auszuhandeln und die Bombe nach Deutschland zu bringen hat mindestens ein halbes Jahr gedauert. Vielleicht wurde es schon viel länger im Voraus geplant. Der Anschlag geschah aber wenige Tage nach dem Urteil. Es kann unmöglich der Grund dafür gewesen sein.«
»Vielleicht wurde das Ziel kurzfristig geändert«, warf Marks ein. »Es wäre möglich, dass die Bombe ursprünglich in einer größeren Stadt hochgehen sollte, in Berlin vielleicht oder Hamburg. Nach dem Urteil hat man dann kurzfristig entschieden, dass Karlsruhe das besser geeignete Ziel sei …«
»… weil so alles auf einen islamistischen Hintergrund hindeutete«, nahm Geissling den Faden wieder auf.
»Wollen Sie damit sagen, dass der Anschlag keinen islamistischen Hintergrund hatte?«, fragte Kaiser. »Sie haben doch eben bestätigt, dass dieser al-Madi dahintersteckt und dass die Kölner Terrorzelle die
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