Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
Vom Netzwerk:
Rechnung.«
    Zweifellos hatte die Entscheidung ihrem Kunden geschadet, womöglich auch der RheinBank selbst. Profiteur war diese ominöse Stiftung auf den Cayman Islands. Und das vielleicht nicht zum ersten Mal.
    »Die Armleuchter da oben haben doch nie einen Plan, was abgeht«, versuchte einer der anderen zu trösten.
    »’n Abend, Frau Kaul.«
    Hanna drehte sich um. Vor ihr stand Böhmer, den Vornamen hatte sie vergessen, ein Wirtschaftsredakteur bei der Morgenpost, der unlängst über sie geschrieben hatte: Frauen im Haifischbecken Hochfinanz – Böhmers Artikel hatte Hanna als junge Bankerin geschildert, die kurz vor dem großen Karrieresprung stand. Tja, das war einmal.
    Böhmer trug eine Seidenfliege zur Jeansjacke. Sein Mundgeruch war schrecklich, Hanna bemühte sich um Abstand.
    Der Journalist zwinkerte vertraulich. »Haben Sie vielleicht einen Anlagetipp für einen in die Jahre gekommenen Schreiberling?«
    Der war ja noch übler drauf als sie.
    »Riester-Rente«, antwortete Hanna – ihr Standardscherz auf die Frage, die alle Banker ständig zu hören bekamen. Die Umstehenden lachten.
    Böhmer gluckste mit.
    Tobias warnte: »Vorsicht, Hanna, der Typ will dich nur aushorchen.«
    »Wie verkauft sich Ihr Buch?«, fragte einer.
    Böhmers Miene verdüsterte sich und er schob ab.
    Zwei weibliche Groupies hatten sich unter die Treasury-Jungs gemischt. Im Haar übergroße Sonnenbrillen, obwohl es längst dämmerte. Die Hitze hielt sich zwischen den Häusern. Mit steigendem Alkoholpegel wurde das Gelächter schriller. Die Kollegen zogen ihre Sakkos aus und achteten darauf, dass ihre Chronometer von Breitling oder Panerai zur Geltung kamen.
    Hanna dachte an Helmut und hatte den Spott ihrer Schwester im Ohr: Du leidest an einem Vaterkomplex. Als sei es pervers, auf reifere Männer zu stehen, die ihren Platz in der Welt nicht noch erobern mussten. Und so alt war Helmut mit seinen sechsundvierzig Jahren gar nicht.
    Hatte sie sich am Telefon zu zickig verhalten? Von Helmut konnte sie nicht verlangen, dass er jederzeit zur Verfügung stand. Der Mann war ein Sparringspartner, kein Kuschelbär.
    Hanna wehrte ab, als Tobias noch einmal ihr Glas füllen wollte. Sie beschloss, sich von der Treasury-Clique abzusetzen und auf Weißweinschorle umzusteigen, von der sie keinen schweren Kopf bekam. Ein letztes Glas.
    Sie betrat das Brauhaus. In einer Ecke brütete ein älterer Zecher über einem Kreuzworträtsel. Sonst gab es hier drinnen keinen Gast außer Böhmer, der am Tresen stand und die Schaumblasen in seinem Bierglas zu zählen schien. Hanna gab ihre Bestellung auf.
    »Na, Haifischbecken Hochfinanz, wie steht’s denn so?«, fragte Böhmer von der Seite und zupfte seine Fliege zurecht.
    »Mal so, mal so.«
    »Und heute eher so.«
    »Stimmt.«
    »Das geht vorbei, wenn man jung ist wie Sie.«
    Hanna spürte, wie der Groll sie wieder packte. Eigentlich sollte sie die RheinBank verlassen. Doch die Lage auf dem Arbeitsmarkt war in ihrem Metier nach wie vor angespannt. Die Banken boomten, ohne Leute einzustellen.
    »Ich will Sie wirklich nicht aushorchen«, sagte der Redakteur. »Wir können auch übers Wetter reden.«
    Hanna musterte den Mann, der ein Lächeln zeigte, als rechne er sich Chancen aus, sie abschleppen zu können. Nicht mit der bunten Fliege an deinem Hals, dachte Hanna. Und nicht mit diesem schlechten Atem.
    »Einen Anlagetipp habe ich nicht«, sagte sie. »Aber vielleicht einen Rechercheansatz für Ihr nächstes Buch.«
    Böhmer winkte ab. »Gibt kein nächstes Buch.«
    »Warum nicht?«
    »Schreibblockade im Endstadium.«
    Der Köbes stellte ein randvolles Weinglas vor Hanna ab, dann trug er ein Tablett mit Bier nach draußen, wo die Stimmung gerade hochkochte. Gelächter, Gehupe, Gegröle.
    Hanna nippte an ihrem Glas. Saurer Fusel mit zu wenig Wasser. Sie blickte sich um.
    Der Zecher in der Ecke war eingenickt. Sie und Böhmer waren praktisch allein. Ihr war plötzlich ganz leicht zumute, offenbar tat der Alkohol seine Wirkung.
    »Stellen Sie sich eine Bank vor, deren Kunde einen Kredit braucht, um sich einen Mitbewerber einzuverleiben. Aber in letzter Minute wird der Kredit vom Vorstand der Bank verweigert.«
    »Pech für den Kunden.«
    »Die Übernahme platzt, der Börsenwert des Kunden sinkt.«
    »Klar.«
    »Die Bank besitzt Anteile an der Kundenfirma und verkauft sie.«
    »Mit Verlust.«
    »Warum das Ganze?«
    »Lieber ein Verlust, der sich in Grenzen hält, als ein Kredit, den der Kunde nicht bezahlen kann,

Weitere Kostenlose Bücher