Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
Vom Netzwerk:
der RheinBank anzulegen, kam für Böhmer schon gar nicht infrage. Sie war der einzige Dax-Konzern, zu dem er gute Beziehungen hatte. Wo ihn jemand ab und zu mit Informationen versorgte. Dem er letztlich seinen Ruf als Finanzexperte verdankte.
    Finstere Geschäfte aufdecken? Womöglich hatte diese frustrierte Tussi alles nur erfunden, um sich aufzuspielen. Eine junge Bankerin, Flausen im Kopf, aber dem Haifischbecken Hochfinanz – seine Wortschöpfung, er liebte lockerlaunige Alliterationen – nicht gewachsen.
    Und selbst wenn ihr Verdacht zutraf: Was hätte er von einer Enthüllung? Nichts als Ärger. Dingendorff war einer der mächtigsten Bosse Deutschlands.
    Am nächsten Morgen erwachte Böhmer mit einem Brummschädel. Er hatte irgendetwas geträumt, worin ein Presslufthammer eine Rolle spielte, aber was da in Wirklichkeit rasselte, war das Telefon.
    Er hob ab. Uschi, die Sekretärin des Chefredakteurs. Mit ihr teilte er seine Vorliebe für Altbier und gelegentlich auch die Abneigung gegen einsame Nächte.
    Böhmer peilte die Digitalanzeige seines Weckers. Kurz nach acht.
    »Sei heute etwas früher im Büro«, sagte sie. »Zieh ein frisches Hemd an und spül deine Beißer mit Mundwasser.«
    »Was ist los?«
    »Seit fünf Minuten tagt die Leitung von Verlag und Redaktion. Sie reden über Planziele.«
    »Entlassungen.«
    »Sie nennen es Verschlankung.«
    Böhmers Magen rumorte wieder. Er suchte in der Schublade des Nachtkästchens nach dem Säurehemmer. Gut, dass er neulich eine Großpackung besorgt hatte.
    »Bist du noch dran, Willi?«
    »Dann kann ich gleich zu Hause bleiben.«
    »Lass dich nicht hängen. Noch ist nichts entschieden. Ich finde, unsere Zeitung braucht alte Haudegen wie dich.«
    »Danke für das ›alt‹.«
    Böhmer legte auf und quetschte sich den weißen Brei aus dem Tütchen in den Rachen. In der Wirtschaftsredaktion waren sie seit Jahren nur noch zu zweit. Wenn die sogenannte Verschlankung einen von ihnen traf, dann garantiert ihn, denn sein Kollege hatte Familie. Und keinen Geldratgeber geschrieben, über den jeder nur spottete.
    Er legte sich wieder hin und schloss die Augen. Tageslicht drang durch die Lider. Er legte den Arm darüber und versuchte, an nichts zu denken.
    Doch dann stemmte er sich aus dem Bett, wühlte in seinem Notizbuch und fand die Nummer, die nicht jeder Journalist kannte. Er griff erneut zum Telefon und wählte. Ihm war eingefallen, wie er vielleicht seinen Job retten konnte. Sein Gehalt, sein geregeltes Leben, den Rest seines Ansehens.
    Alter Haudegen.
    Es dauerte, bis Böhmer endlich die Stimme von Helmut Frantzen vernahm.
    »Was gibt’s?« Der RheinBank-Manager klang mies gelaunt.
    Böhmer wiederholte die Geschichte, die ihm Hanna Kaul erzählt hatte, nannte aber ihren Namen nicht.
    Schweigen am anderen Ende.
    »Übler Tratsch, nicht wahr?«, fragte Böhmer vorsichtig.
    »Von wem haben Sie das?«
    »Die Eigner von Pelican Trust haben jedenfalls ein schönes Schnäppchen gemacht.«
    »Was wollen Sie?«
    Böhmer räusperte sich und nahm all seinen Mut zusammen. »Das Interview mit Herrn Dingendorff, das ich bereits vor Wochen angefragt habe.«
    Er stellte sich einen großen Artikel vor, wie er ihn schon lange nicht mehr ins Blatt bringen konnte. Böhmer hatte auch schon eine Schlagzeile parat: Motor des Aufschwungs – deutsche Finanzbranche gesund wie noch nie . Dem Chefredakteur gefielen positive Geschichten.
    »Kein Problem«, brummte Frantzen am anderen Ende der Leitung.
    »Und außerdem …«
    »Was denn noch?«
    »… wäre ich gern dabei, wenn Herr Dingendorff die Kanzlerin auf ihrer China-Reise begleitet.«
    Nur ein erlauchter Kreis von Reportern wurde hierzu eingeladen und offiziell war das Sache des Kanzleramtes. Nicht auszumalen, wenn das klappte. Böhmer würde täglich für die Morgenpost berichten. Die Verlagsleitung würde Augen machen. Schlagzeile auf Schlagzeile, eine Titelgeschichte nach der anderen, exklusiv aus dem Airbus der Regierungschefin: Kanzlerin spricht Menschenrechte an … Wirtschaftsvertreter vereinbaren Kooperation … RheinBank ermuntert Industrie zu mehr Investitionen im Reich der Mitte …
    Frantzen ließ keine Reaktion hören.
    Böhmer räusperte sich noch einmal. »Natürlich verspreche ich, über besagte Pelikane hundertprozentiges Still schweigen zu bewahren. Ich könnte die Information an den Spiegel oder den Stern verticken, aber ich bin ja nicht käuflich …«
    Böhmer erschrak über das Lachen, das plötzlich aus seinem

Weitere Kostenlose Bücher