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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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waren abgesprungen. Nur sie ging noch mit. Sonst würde Schmidt anders auftreten.
    »Sie wollen also den Gesamtkredit um einhundert Millionen aufstocken, einfach so?«
    »Einhundertzwölf, um exakt zu sein.«
    »Die Summe ist nicht das Hauptproblem.«
    »Sondern?«
    »Wir werden die Provisionen anheben müssen. Und den Zinssatz.«
    »Frau Kaul, Sie dürfen die Geschichte für uns nicht noch teurer werden lassen!«
    »Einen Moment.« Hanna legte den Hörer weg und zählte leise bis fünf. Der Kali-Fuzzi sollte zappeln. Jetzt brauchte er die RheinBank mehr als umgekehrt.
    Sie hob den Hörer wieder ans Ohr und bemühte sich um die entscheidende Portion Selbstbewusstsein in ihrer Stimme. »Okay. Weil Sie es sind und weil wir den Vertrag schon so gut wie perfekt haben: Ich bin bereit, unseren Gremien die Erhöhung vorzulegen. Morgen Mittag trifft sich unser Gesamtvorstand. Natürlich kann ich nicht garantieren, dass wir die Zustimmung bekommen und dann auch noch so schnell, wie Sie das wünschen. Was die Sache einfacher machen würde, wäre eine Structuring Fee, über die wir in einem Side Letter zum eigentlichen Vertrag Einigung erzielen sollten. Und die Provision sollte nicht weniger als einhundertzwanzig Basispunkte betragen – on top.«
    »Ich dachte …«
    »Wir können das Geld nicht drucken. Und wir müssen dem Bankenkonsortium etwas bieten, damit es mitzieht.«
    »Eins Komma zwo Prozent?«
    »Dafür könnte ich den Zinssatz stabil halten. Keine andere Bank bietet Ihnen das so günstig. Nicht für diesen Kreditrahmen. Nicht bei dieser Unsicherheit am Markt.«
    »Zusätzlich zu dem, was wir beredet haben?«
    »Richtig.«
    »Sagen wir … einhundert Basispunkte?«
    Fast hätte Hanna laut gelacht. »Hundertfünfzehn. Das letzte Wort.«
    »Hundertzehn?«
    »Nein.«
    »Kommen Sie, treffen wir uns in der Mitte.«
    »Nein, unmöglich.«
    Stille in der Leitung. Hanna knabberte an ihrer Unterlippe. Ihr war trotz der Klimaanlage heiß geworden, aber sie wusste, dass es dem Mann am anderen Ende nicht besser ging.
    »Okay«, sagte Schmidt, fast tonlos.
    Bingo!
    Hanna nahm ihre Unterlagen und machte sich auf den Weg zu ihrem Abteilungsleiter.
    Deal-Modus: Sie hatte die Mitteldeutsche Kali AG im Griff.
    Sie hatte die Welt im Griff.
5.
    Lothar Mierscheid kontrollierte den Sitz seiner blau-rot gestreiften Krawatte. Gleich würde er vor dem Deutschen Bundestag reden.
    Von seinem Platz in der hintersten Reihe überblickte er weitgehend verwaiste Bänke. Mierscheid schätzte die Zahl der anwesenden Kolleginnen und Kollegen auf schlappe fünf Prozent der gewählten Volksvertreter – wenn nach den Reden von Regierungsmitgliedern und Fraktionschefs die Kamerateams abzogen, büßte das Parlament seinen Rang als Verhandlungsort der gesellschaftlichen Interessen schlagartig ein. Und auch Mierscheid hätte sich jetzt lieber mit einem seiner Freunde aus der Finanzwelt zum Schnitzelessen im Borchardt getroffen.
    Siebzehnte Wahlperiode, 124. Sitzung, erste Beratung des dritten Ergänzungsgesetzes zur Finanzmarktstabilisierung, eingebracht von den Fraktionen der schwarz-gelben Koalition. Mierscheid mochte Berlin auch nach neun Jahren nicht. Aber Reden zu halten und Parteilinien zu vertreten war vermutlich das, was er am besten konnte.
    Er holte sein Handy hervor und las noch einmal die beiden SMS-Nachrichten, wegen derer er sich auf die Rednerliste hatte setzen lassen. Die erste stammte von Helmut Frantzen, Kommunikationschef und Mitglied des Vorstands der Düsseldorfer RheinBank AG: Versäumen Sie es bitte nicht, im Plenum unseren Standpunkt einzubringen .
    Immerhin hatte er ›bitte‹ geschrieben.
    Und dann die Aufforderung von Paula Busch, Berliner Repräsentantin der Deutschen Börse AG: Lieber Lothar, misch dich ein. Erinnerst du dich noch an früher?
    Dass Frantzen ihn kontaktierte, war Mierscheid gewohnt.
    Aber Paula? Es musste dreizehn Jahre her sein, dass sie zuletzt ein längeres Wort miteinander gewechselt hatten.
    Mierscheids Vorredner, Nothbeck von den Sozis, appellierte mal wieder an die gesellschaftliche Verantwortung der Besitzenden und fand kein Ende. Seit Jahren die gleiche Leier: Wer vom Boom des Finanzsektors profitiert habe, solle auch für die Kosten aufkommen, die durch das Platzen der Blase entstanden seien. Als wäre die Krise nicht Schnee von gestern.
    Nothbecks Gesten wirkten, als habe er sie noch zu Zeiten der Großen Koalition von der Kanzlerin abgekupfert: die sanfte Faust, das Fingerzelt, die halbe

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