Schwarzer Schwan
Gelegenheit bietet, der nutzt sie auch, und zwar nicht nur aus finanzieller Not, sondern oft aus reiner Geltungssucht. Warten Sie nicht ab, sondern werden Sie rechtzeitig aktiv. Ihre Mitarbeiter brauchen Kontrolle. Ich kann das nur immer wieder betonen.«
Dominik wollte nicht länger warten und hob erneut die Hand. Zwei, drei Anzugträger glotzten herüber.
»Sie stören die Besprechung!«, mahnte die junge Frau im Flüsterton und packte Dominik am Ärmel.
Jochen klopfte gegen das Flipchart. In großen Lettern stand dort: Erfahrung, Fingerspitzengefühl, Diskretion.
»An diesem Punkt kommen wir ins Spiel. Ein moderner Detektiv beherrscht die Kunst der verdeckten Observation ebenso wie die neueste Technik, von der Miniaturvideoüberwachung bis zu satellitengestützten Geräten. Die Mitarbeiter von Urban Ermittlungen haben ihr Ermittlerhandwerk im MAD, BND oder bei der Polizei gelernt, vor allem im Bereich Fahndung oder bei Spezialeinheiten.«
Dominik hatte mit seinem Freund nie über die Details seines Geschäfts geredet. Möglicherweise trug Jochen etwas dick auf. Andererseits – warum sollte er bei entsprechender Bezahlung nicht auch ehemalige Geheimdienstler und SEK-Beamte rekrutieren können?
»Ich selbst bin Mitglied im Bundesverband Deutscher Detektive, im Bund Internationaler Detektive, in der World Association of Detectives sowie im Verband für Sicherheit in der Wirtschaft, NRW. Operative Teams stehen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Wenn es nötig ist, ermitteln wir auch weltweit. Und übrigens – ein Privatdetektiv ist nicht bewaffnet. Vergessen Sie also, was Sie aus dem Fernsehen kennen.« Jochen zeigte ein breites Grinsen.
Die Zuhörer lachten.
»Bevor wir ins Detail gehen, machen wir fünf Minuten Pause. Den Rauchern unter Ihnen steht die Terrasse zur Verfügung.«
Kurzer Applaus.
Jochen trat aus dem Karree, packte Dominik bei den Schultern und schob ihn den Gang entlang. »Was soll das? Hier geht’s um einen Millionenauftrag!«
»Nein«, widersprach Dominik. »Es geht um Mord.«
»Was ist los, mein Junge? Du bist ja völlig durch den Wind!«
»Sax war es nicht. Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen, aber ich muss jetzt …«
»Warte«, unterbrach Jochen. Sie traten auf die Terrasse, stiegen die Treppe hinunter und suchten sich ein ruhiges Plätzchen zwischen den parkenden Autos.
Jochen lehnte sich gegen eine Kühlerhaube und zündete sich eine Zigarette an. »So, jetzt schieß los!«
Dominik zog den Zettel aus der Tasche, den sein Freund ihm gestern gegeben hatte. »Erzähl mir was über die beiden. Die Namen sagen mir nichts!«
»Das halte ich mit meinen Subunternehmern immer so. Keiner kennt den anderen.«
»Wer von denen fährt einen alten Golf II, Farbe weiß?«
»Sieht so das Auto des Mörders aus?«
»Und desjenigen, der Leonie verschleppt hat.«
»Der gleiche Autotyp in beiden Fällen? Komischer Zufall.«
»Nicht wahr?«
»Weißer Golf … Nein, da klingelt nichts bei mir. Was kann ich sonst für dich tun?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, wie ich deine Mitarbeiter offiziell unter die Lupe nehmen kann. Ich meine, ohne zu verraten, dass auch ich an der Observierung von Hanna Kaul beteiligt war.«
»Und die wäre?«
»Jeder weiß, dass wir beide ehemalige Kollegen sind und befreundet. Da ist es völlig plausibel, dass wir uns ab und zu mal treffen und uns dann auch über die Arbeit austauschen. Die Brandleiche vom Nordpark ist ein spektakulärer Fall, ich erwähne die beiden Frauen, die observiert wurden, eines ergibt das andere, und dann hast du die beiden Namen auf den Zettel geschrieben, um mir zu helfen.«
»Verstehe.« Jochen zog lange an seiner Zigarette. »Das bedeutet, dass du erzählen müsstest, dass meine Firma die hübsche Bankerin bespitzelt hat.«
»Richtig.«
Einige der Kunden standen auf der Terrasse, rauchten ebenfalls und spähten herüber. Ein Lastzug donnerte auf den Hof und hielt vor der benachbarten Druckerei.
Dominik wartete. Er hatte beschlossen, es von der Entscheidung seines Freundes abhängig zu machen, wie er sich verhielt.
»Dass Sax nicht der Mörder war, steht ohne Zweifel fest?«
Dominik nickte. »Der Tünnes hat Kinderpornos gesammelt, aber nicht Patrick Neidel erschossen. Und auch nicht Paula Busch am Tag zuvor. Er war fast fünfhundert Kilometer weit weg.«
»Gut.« Jochen trat seine Kippe in den Kies. »Kein Problem. Tu, was nötig ist. Ich drück dir die Daumen, dass du den Kerl kriegst.«
»Was ist mit
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