Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
aufzurichten und wenigstens den Kopf über die Bordwand zu legen. Jemand aus dem Kaffeehaus, vor dem der Wagen stand, musste sie doch sehen!
Andere Säcke lagen auf der Ladefläche, das bemerkte sie, als sie hin und her rollte. Die Bordwandkante war verdammt hoch, einfach zu hoch, denn sie konnte keinen Halt finden, um sich in dem Sack hochzustemmen. Tränen der Wut liefen ihr über das Gesicht und das Blut rauschte in ihren Ohren. Der Geruch nach Tabak war so stark, dass sie dachte, sie würde direkt neben einem der Tische liegen. Mehrmals versuchte sie zu schreien, doch alles, was sie hervorbrachte, war nur ein dumpfes Stöhnen, das in dem allgegenwärtigen Straßenlärm und der lauten Musik völlig unterging.
Stella ahnte, dass sie nur diese eine Chance haben würde, und ließ sich deshalb nicht entmutigen. In ihrem Sack robbte sie zum Rand der Ladefläche, vielleicht war ja die rückwärtige Bordwand nicht hochgeklappt und sie könnte sich dort einfach auf die Straße fallen lassen. Diese Gedanken gingen ihr durch den Kopf und für einen kurzen Augenblick blitzte so etwas wie Hoffnung auf und sie verdoppelte ihre Anstrengungen.
Plötzlich verspürte sie ein Kratzen im Hals, das wohl von dem Staub kam, der sich wie eine Decke über die Stadt, über die Straße, den Lieferwagen und den Sack legte. Stella wollte das Kratzen ignorieren, weiter zum Rand der Ladefläche robben, doch der Hustenreiz wurde stärker und ihr Herz begann immer heftiger zu schlagen. Dann brach die Panikattacke über sie herein, als der Hustenreiz immer stärker wurde, das Atmen unmöglich machte, das Pflaster auf ihrem Mund nicht nachgab und sie glaubte zu ersticken. Ihre Tränen vermischten sich mit dem Blut aus ihrer Nase, dem Schweiß und dem Dreck in dem Sack. Panisch riss sie ihren Kopf vor und zurück, hing plötzlich in ihrem Sack nach unten. Sie hatte es trotz Panik tatsächlich geschafft, an den Rand der Ladefläche zu rutschen und jetzt brauchte sie sich nur querzulegen, dann konnte sie sich nach unten auf die Straße fallen lassen und wäre gerettet. Eine Welle der Erleichterung durchflutete sie und die Hoffnung kehrte in ihr Herz zurück.
Doch ein plötzlicher Faustschlag traf Stella wie ein Hammer und während sie gegen die Ohnmacht ankämpfte, krachte sie zurück auf die Ladefläche. Schwere Säcke wurden auf sie geworfen, hinderten sie am Atmen, aber sie wollte auf keinen Fall das Bewusstsein verlieren und stemmte sich mit aller verfügbaren Gewalt dagegen. Doch dann erlahmten ihre Kräfte und sie versank erneut in einer tiefen Ohnmacht.
13. Marrakesch – Criée Bèrbère
Tag 3, abends
David Stein war erst gegen Mittag aus einem tiefen Schlaf erwacht. Noch am Abend hatte er sich vom Portier seiner Pension ein starkes Schmerzmittel geben lassen, denn die Wunde brannte und hatte sich bereits leicht entzündet. Doch der Schlaf war heilsam gewesen und er fühlte sich wieder fit.
Mit seiner Kamera schoss er am Nachmittag einige interessante Motive, denn für seine Freundin Sonja Hamsun war er ja als Fotograf nach Marrakesch gereist, um Aufnahmen für ein internationales Modelabel zu machen. Als er die Nummer von Sonja gewählt hatte, stellte er überrascht fest, dass er sich auf ihre Stimme freute.
„Hallo, Sonja. Ich mache gerade eine Pause. Hier in Marrakesch ist es wunderschön, da sollten wir ...“
„Ist es die blonde Kindfrau mit dem dümmlichen Ausdruck im Gesicht?“, hatte ihn Sonja ohne Begrüßung wütend unterbrochen. „Die Set Card liegt ja ganz oben in deinem Schreibtisch!“
„Was hast du an meinem Schreibtisch zu suchen?“ Davids positive Stimmung war schlagartig verflogen. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er sich auf die helle Stimme von Sonja gefreut. Er hatte sich gedacht, sein Leben mit ihr in ruhigere Bahnen zu lenken und mehr auf ihre Wünsche einzugehen. Doch Sonja hatte mit ihrer ewigen Eifersucht alles zunichte gemacht.
„Was hast du in meiner Finca zu suchen?“, rief er aufgebracht. „Und wieso stöberst du in meinen Sachen herum?“
„Ich muss doch deine erbärmlichen Köter füttern! Schon vergessen, David Stein?“, kreischte Sonja. „Für dich bin ich ja bloß eine bessere Haushälterin. Jemand, der sich um deine verdammten Hunde kümmert, während du mich mit den jungen Models betrügst!“ Sonja holte tief Luft und diese Pause nutzte David, um die Stimmung wieder etwas zu beruhigen.
„Es gibt am Set kein blondes Model. Wir fotografieren Snowboard-Kleidung auf den
Weitere Kostenlose Bücher