Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
Sanddünen. Das ist die flippige Idee des Kreativdirektors.“ Er machte eine Pause, ehe er Sonja fragte:
„Wie geht es denn Tiger, meiner dreibeinigen Promenadenmischung? Hat er sich schon eingelebt?“ Als Sonja nicht antwortete, redete er einfach weiter: „Frisst Sancho auch genügend? Geht er in seinem Käfig auf und ab? Du weißt, ein Potenco braucht Bewegung, damit seine Gelenke nicht mürbe werden.“
„Du, du fragst nicht, wie es mir geht?“, brüllte Sonja so plötzlich, dass David beinahe sein Handy fallen gelassen hätte. „Immer geht es nur um die verdammten Hunde. Wie geht es Tiger, meiner dreibeinigen Promenadenmischung?“, äffte Sonja seine Stimme nach. „Ich habe ihn ertränkt! Jawohl, damit du’s weißt. Jane hatte doch so einen Köter. Da habe ich gedacht, da Jane ja tot ist, soll auch der Köter sterben.“
„Du hast was?“, schrie David und die Narbe, die seine rechte Augenbraue zerteilte, begann plötzlich zu jucken. „Du hast Tiger getötet? Scher dich aus meinem Haus! Wenn ich zurückkomme, will ich nichts mehr von dir sehen! Hast du mich verstanden?!“
„Es war doch nur ein Scherz, David“, knipste Sonja wieder ihre glockenhelle Kleinmädchenstimme an. „Natürlich geht es den Hunden gut. Es war nur ein Scherz, wirklich.“ Sie begann zu schluchzen. „David, es tut mir leid, ich, ich liebe dich doch so sehr.“
„Ich rufe dich wieder an!“ Das war alles, was David noch imstande war zu sagen, und er legte auf. Hatte das Leben mit Sonja noch eine Zukunft? Er wusste es nicht. Auch er spielte nicht mit offenen Karten. Gab vor, ein Fotograf zu sein, obwohl er Aufträge durchführte, bei denen er Menschen tötete. Und er konnte problemlos in sein altes Leben zurückkehren. War er nicht genauso verrückt wie Sonja?
Doch David war Profi genug, um sich nicht mit diesen Gedanken zu zerfleischen. Er musste an seinen Auftrag denken. Das bedeutete, wieder in das Gewühl der Stadt einzutauchen und zu beobachten, um dem Skorpion auf die Spur zu kommen.
Nach Einbruch der Dunkelheit lehnte David in einem Torbogen, der zu einem mit Brettern versperrten Innenhof führte. Im „Café de Berbès“ schräg gegenüber hatte man wie üblich Lautsprecherboxen auf den Gehsteig gestellt, aus denen schon wieder eine Liveaufnahme von Cheb Khaleds „Aicha“ dröhnte, zu der die Männer laut mitsangen. Er hatte mit seiner Vermutung recht gehabt, dass es sich bei dem Café um einen Treffpunkt für Leute des Skorpions handelte, denn durch die offene Tür konnte er die beiden Araber in ihren glänzenden schwarzen Trainingsjacken erkennen, die ihn tags zuvor auf dem Djemaa el Fna beschattet hatten. Einer von ihnen lehnte gerade an der Bar und telefonierte mit seinem Handy.
Kurze Zeit später hielt ein rostiger Lieferwagen vor dem „Café de Berbès“ und ein europäisch aussehender Mann mit lockigen schwarzen Haaren und einem kleinen Bart stieg aus. David zuckte zusammen, denn irgendetwas an dem Mann kam ihm bekannt vor, er konnte allerdings nicht sagen, was es war. Während er versuchte, sich zu erinnern, war der Mann aber bereits im Café verschwunden und begrüßte die beiden Araber.
Die Männer auf dem Gehsteig sangen ausgelassen zu der Musik, die aus den billigen Boxen dröhnte, und rauchten würzigen Tabak mit ihren Wasserpfeifen. Durch die offene Tür sah David, dass sich der Fahrer des Lieferwagens angeregt mit einem der Araber unterhielt, der mit seinen Händen wild gestikulierte. Der zweite Mann war anscheinend verschwunden. David betrachtete einen Augenblick lang die Ladefläche des Lieferwagens, wo sich ein Jutesack hin und her bewegte. Das war nicht weiter ungewöhnlich, denn die Marokkaner transportierten ihre Ziegen aus Platzgründen oft in Säcken.
Deshalb konzentrierte sich David wieder auf das Geschehen in dem Café. Dort schlug der Fahrer plötzlich mit seiner Faust wütend auf den Bartresen und Stein hatte kurz das Gefühl, als würde der Fahrer sein Gegenüber merkwürdig intensiv anstarren. Doch kurz darauf klopfte der Fahrer dem Araber auf die Schulter und half ihm, die auffällig glänzende schwarze Trainingsjacke auszuziehen. Der Fahrer schnippte kurz und der Patron des Cafés warf ein neutrales Blouson über den Tresen, das sich der Araber schnell überzog.
„Stein, wir haben ein Handytelefonat aus dem Café in eine Häuserzeile in der Medina von Marrakesch zurückverfolgen können“, hörte er plötzlich Robyns Stimme aus seinem Ohrknopf, doch das Display blieb
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