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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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baumelte mit den Beinen. Sie reichten noch nicht ganz bis auf den Boden.
    Rachaela ging wieder nach draußen. Sie lief leise den Korridor entlang und verspürte eine seltsame Heiterkeit.
    Vor der Treppe hielt sie kurz an. Alles war still. Das Haus murmelte und murrte leise vor sich hin. Das Meer rauschte. Die Scarabae verbargen sich in ihren Nestern.
    Unten in der Halle brannten die Lampen, die rubinrote Lampe und die Lichter im Wohnzimmer.
    Rachaela lief durch Wohnzimmer und Esszimmer. Sie riss die Tür zum Wintergarten weit auf, danach die Tür zum Garten.
    Die Luft war angefüllt mit Düften, Rosen und Jasmin und dem salzigen Geruch des Ozeans. Plötzlich überkam sie ein Gefühl der Nostalgie für etwas, das bald Vergangenheit sein würde. Sie hatte nie richtig verstanden, was sie für dieses Haus empfand.
    Die Eibe war sehr schwarz. Darunter lag der Kater und verweste langsam bis auf die Knochen.
    Dort draußen auf dem Meer tanzten Anna, Dorian und Peter, Alice und Sylvian mit der Flut. Und hinter ihr im Turm herrschte Adamus.
    Adamus.
    Sie wandte sich auf dem Rasen um und blickte auf das Kuppeldach des Turmes, und in diesem Moment wurde dort eine riesenhafte Saite angeschlagen, schien in ihrem eigenen Körper nachzuklingen, vibrierte von ihren Fußsohlen bis in ihre Wirbelsäule, in ihrem Herzen und ihrem Kopf.
    Es klang wie eine metaphysische Note, wie die gesprungene Saite in The Cherry Orchard. Übertrug sie doch gleichzeitig auch ein Gefühl von Verlust, irgendeine unwiderrufliche Grausamkeit des Schicksals …
    Rachaela schüttelte dieses Gefühl ab, das sich wie ein Umhang fledermausartig über ihr ausgebreitet hatte.
    Sie rannte zurück ins Haus, durch Zimmer und Vorhalle und eilte die Treppe empor.
    Auf dem Treppenabsatz machte sie wiederum Halt. Erneut vernahm sie nur das Schweigen gedämpfter Geräusche.
    Sie öffnete ihre Tür, und Ruth war verschwunden.
    Es gab nur einen Ort, wohin Ruth gehen würde. In den Turm. Zu Adamus.
    Seine plötzliche Abneigung und seine Gewalttätigkeit hatten für Ruth keine Rolle gespielt. Sie waren irrelevant. Ihn zu sehen, war das Einzige, was für sie zählte.
    Rachaela versuchte, ihren rasenden Puls und die schreckliche Angst unter Kontrolle zu bringen.
    Schließlich war Ruth längst dort. Was geschah jetzt zwischen den beiden?
    Sie war zu ihrem Zimmer gerannt, jetzt flog sie am Treppenabsatz vorbei, durch den Anbau und die Treppe hinunter. War die Tür abgesperrt, und würde Ruth noch davor warten? Aber Ruth war nicht da. Und die Tür … war angelehnt.
    Rachaela trat ein. In dem oberen Raum brannte Licht. Sie stieg mühsam nach oben, als läge eine große Last auf ihren Schultern.
    Sie kam an die Tür und spähte hindurch.
    Ruth kauerte in der Mitte des Zimmers neben einem Tisch, auf dem viele Kerzen standen, deren Schein sich wie beabsichtigt auf ihrem Gesicht widerspiegelte.
    Sie saß ziemlich still, ihre Hände waren unter dem Kinn gefaltet, und ihr schwarzes Haar fiel auf den Boden herab. Sie drehte sich nicht zu Rachaela um. Ihre Aufmerksamkeit war gefesselt.
    Von einem Deckenbalken über dem Klavier baumelte irgendetwas Dunkles herab, schaukelte leicht hin und her. Es schien keine Gestalt zu haben, doch als es sich bewegte, sah man einen blassen Schatten, eine Art Gesicht, unkenntlich, der mit einer kurzen, schwarzen Saite am Hals festgebunden zu sein schien.
    Seine Füße waren gegen das Klavier gestoßen, als der Stuhl umgefallen war. Das war das Geräusch gewesen, das Rachaela gehört hatte.
    Er wirkte wie ein formloser Kokon, der von der Decke hing und mal stärker, mal schwächer hin und herschwang.
    Ruth bewegte sich. Sie stand auf.
    » Ist er tot?« Ihre Stimme klang hoch und dünn.
    Rachaela versuchte zu sprechen. Sie brachte keinen Ton heraus.
    » Ich glaube, er ist tot«, sagte Ruth.
    Sie hickste laut und bedeckte voller Angst ihren Mund.
    Rachaela versuchte einen Schritt nach vorn zu machen, konnte sich jedoch nicht rühren.
    » Adam«, sagte Ruth. Sie nahm den Kerzenständer vom Tisch und ging näher an das hängende, schaukelnde Ding heran. Sie hob die Kerzen hoch, um besser sehen zu können. Dann schrie sie. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu schreien, und ihr schrecklich schrilles Kreischen dröhnte in Rachaelas Ohren. Sie musste Ruth zum Schweigen bringen. Sie machte einen Schritt nach vorn, und Ruth hielt die Kerzen an den hängenden Mann, Lichtströme züngelten an seinem Körper empor. Das Feuer machte ihn lebendig.
    » Nein …«

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