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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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versuchen, einen wirksamen Gasfilter dagegen zu entwickeln. Nur reicht im Falle von Sarin keine Maske. Man braucht einen Ganzkörperschutz.«
    David wirkte nachdenklich. »Ist das ein deutsches Gas? Oder haben die Alliierten das Zeug ausgebrütet?«
    »Das wollte mir Smith nicht sagen. Aber er hat mir eingeschärft, besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Himmel, wie recht er hatte. So etwas wie Sarin habe ich noch nie gesehen. Es tötet, indem es das zentrale Nervensystem lahmlegt. Meine Experimente haben ergeben, daß es die Wirkung von Phosgen um das 80fache übertrifft.«
    David wirkte nicht sonderlich beeindruckt.
    »Weißt du, was das bedeutet, David? Phosgen war im letzten Krieg das Gas mit der tödlichsten Wirkung. Aber im Vergleich zu Sarin ist es ... nichts. Schon ein Zehntel Milligramm Sarin, ein Tropfen von der Größe eines Sandkorns, würde dich in weniger als einer Minute töten. Selbst in tödlicher Konzentration ist es unsichtbar, und es durchdringt die menschliche Haut. Es geht einfach durch die Haut.«
    David kaute auf einem unsichtbaren Etwas herum. »Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Sprich weiter.«
    »Letzte Woche hat mir General Smith einen weiteren Besuch abgestattet. Diesmal hat er mich gefragt, was ich sagen würde, wenn ich erführe, daß Sarin ein deutsches Giftgas sei, und daß die Alliierten nichts Vergleichbares in ihrem Arsenal hätten. Er wollte wissen, was ich tun würde, um alliierte Städte zu schützen. Ich habe ehrlich geantwortet. Nichts. Die Einwohner einer Stadt vor Sarin zu schützen, ist unmöglich. Es wirkt nicht wie ein schwerer Bombenangriff. So schlimm die auch sein mögen: Die Menschen können aus den Luftschutzbunkern kommen, wenn der Angriff vorbei ist. Aber je nach Wetterlage kann Sarin tagelang in den Straßen liegenbleiben und alles überziehen; Bürgersteige, Fenster, Gras, Nahrungsmittel.«
    »Okay«, meinte David. »Und was ist dann passiert?«
    »Smith hat gestanden, daß Sarin ein deutsches Giftgas ist. Die Probe sei >aus dem Herzen des Deutschen Reichs< gestohlen worden, wie er sich ausdrückte. Und dann hat er mir gesagt, daß ich mich irre. Ich könnte doch etwas tun, um unsere Städte zu schützen.«
    »Und das wäre?«
    »Ich könnte ein genauso tödliches Gas entwickeln, damit Hitler nicht wagen würde, Sarin einzusetzen.«
    David nickte zögernd. »Wenn er die Wahrheit über Sarin gesagt hat, dann klingt das wie die einzige Möglichkeit. Ich verstehe dein Problem nicht.«
    Mark starrte ihn fassungslos an. »Du verstehst das nicht? Himmel, gerade du solltest es doch kapieren.«
    »Hör zu ... Ich will nicht schon wieder diese Pazifismusdiskussion führen. Ich dachte, du hättest das endlich für dich geklärt. Zum Kuckuck, du arbeitest schließlich seit 1940 für die Briten!«
    »Aber nur in Einrichtungen, die der Verteidigung dienen, das weißt du genau.«
    David blähte die Wangen. »Um dir die Wahrheit zu sagen: Dieser Unterschied war mir nie besonders einsichtig. Entweder arbeitest du in Kriegseinrichtungen oder nicht.«
    »Da gibt es einen großen Unterschied, David, glaub es mir. Selbst im liberalen Oxford bin ich offiziell ein Aussätziger.«
    »Sei froh, daß du in Oxford bist. Auf meinem Air Force Stützpunkt würden sie die Scheiße aus dir rausprügeln!«
    Mark rieb sich die Stirn. »Sieh mal, ich verstehe ja die Logik der Abschreckung. Aber es hat noch nie eine solche Waffe gegeben. Noch nie!« Erleichtert bemerkte er, wie die beiden Professoren den Pub verließen. »David, ich werde dir jetzt etwas erzählen, was kaum jemand weiß, und über das wir noch nie diskutiert haben. Bis vor etwa einem Monat war Giftgas die humanste Waffe der Welt.«
    »Was?«
    »Es ist die Wahrheit. Trotz der Qualen der Verletzungen und dem Entsetzen, das chemische Waffen hervorrufen, waren 94 Prozent aller Männer, die im Großen Krieg mit Giftgas in Kontakt kamen, nach neun Wochen wieder einsatzbereit. Neun Wochen, David. Die Sterblichkeitsrate für Giftgas liegt irgendwo bei zwei Prozent. Hingegen liegt die Sterblichkeitsrate von Schuß- und Granatverletzungen bei 25 Prozent. Das ist zehnmal so hoch. Schmerzlich ist nur die Tatsache, daß unser Vater eine Ausnahme war.«
    Verwirrt runzelte David die Stirn. »Was willst du mir damit sagen, Mark?«
    »Ich versuche dir zu erklären, daß meine Abneigung gegen chemische Kriegsführung bis zur Erfindung von Sarin vor allem auf dem Entsetzen basierte, das sie bei den Soldaten hervorrief, und den psychologischen

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