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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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einige wertvolle SOE-Geheiminformationen benutzt, um Davids Vorgesetzte dazu zu bringen, bei dem Verrat mitzumachen. Jedenfalls haben Mac und David die vier Tage nach dem Einsatz zusammen in London verbracht. Mac hat sich immer gern an sie erinnert. Es waren mit die schönsten Tage seines Lebens.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Und die anderen? Wer ist da lebendig rausgekommen? Sie haben mich im Lager hängen lassen. Haben der Schuhmacher, Rachel und Jan Rostock erreicht? Haben sie es bis nach Schweden geschafft?«
    »Wunderbarerweise haben sie es geschafft. Sie haben sich drei Wochen im Haus von Avrams früheren Angestellten versteckt. Sie brauchten so lange, um die Überfahrt in einem Schmugglerboot zu arrangieren. Es kostete sie alle drei Diamanten, aber sie haben Schweden erreicht. Dort wurden sie interniert, bis der Krieg vorüber war.«
    »Was hat Rachel nach dem Krieg getan?«
    »Sie ist nach Palästina gegangen und hat ihre Tochter gesucht.«
    »Nach Palästina? Ich hätte gedacht, daß Hannah in irgendeinem britischen Waisenhaus geendet wäre.«
    »Sie unterschätzen Jonas Stern«, sagte Leibowitz. »Mit all den Diamanten, die Rachel und sein Vater ihm gegeben hatten, hat er dafür gesorgt, daß eine jüdische Familie in London sie aufgenommen hat. Er hat mit den Briten in Frankreich gekämpft, dann später mit der jüdischen Brigade. Er hat eine Handvoll Orden kassiert, ist dann nach Palästina zurückgekehrt und hat die Briten und die Araber vertrieben. Hannah hat er mitgenommen.«
    »Na sowas! Und Rachel hat sie gefunden?«
    »Mit Avrams Hilfe. Die beiden sind im Winter 1945 von Schweden aus nach Palästina gereist. Hannah lebte mit Jonas und seiner Mutter in Tel Aviv.«
    »Meine Güte. Waren Rachel und Stern dann ein Liebespaar?«
    Leibowitz lächelte. »Das weiß ich nicht. Sie haben Hannah und Jan einige Jahre lang unter demselben Dach erzogen. Sie haben allerdings niemals geheiratet. Soweit ich weiß, hat Sterns Arbeit ihn um die ganze Welt geführt, und er blieb immer länger fort. Er war ein geborener Kämpfer. Er hat sein ganzes Leben in verschiedenen Abteilungen des israelischen Geheimdienstes verbracht. Schließlich hat Rachel einen anderen Mann geheiratet. Hannah ist jetzt natürlich eine erwachsene Frau, und Jan ist Anwalt geworden, wie sein Vater. Er lebt in Tel Aviv.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Und Avram?«
    »Avram ist vor 20 Jahren gestorben. Mit 86.« Die Zeitebenen vermischten sich in meinem Kopf. Für mich war Avram Stern ein Mann von 55, Hannah Jansen ein kleines Mädchen von zwei Jahren. »Woher wissen Sie das alles?« fragte ich. »Hat mein Großvater mit allen Kontakt gehalten?«
    »Er hat ihnen geschrieben. Nicht sehr oft, aber oft genug, um die wichtigen Dinge zu erfahren. Alle zwei bis drei Jahre hat er einen Brief von Stern erhalten. Gewöhnlich mit Briefmarken aus allen Ecken der Welt.«
    Ich saß schweigend da und versuchte alles aufzunehmen. Der Mann, der mich erzogen hatte, der Großvater, den ich mein ganzes Leben lang so gut zu kennen geglaubt habe, war eigentlich jemand ganz anderes gewesen. Leibowitz hatte recht. Ich fühlte mich anders, jetzt, nachdem ich die Geschichte gehört hatte. Wie vielen grauhaarigen Köpfen war ich in den Straßen begegnet, und mit wie vielen hatte ich in der Notfallaufnahme gesprochen, ohne zu ahnen, daß sie sich einst über die Steuerknüppel eines angeschossenen Bombers in der Dunkelheit über Deutschland gebeugt oder in einem eisigen Graben gelegen hatten, während SS-Männer einen Wald nach ihnen durchkämmt hatten.
    »Der Rest der Geschichte geht nicht so glücklich aus«, sagte Leibowitz. »Weniger als die Hälfte der Frauen und Kinder, die mit dem Lastwagen entkommen sind, haben den Krieg überlebt. Ich habe viele Jahre damit verbracht, sie aufzuspüren. Das Leben in den Wäldern des besetzten Polen war hart. Einige sind auf die falschen Widerstandsgruppen gestoßen. Andere sind an Krankheiten gestorben oder sogar verhungert. So ist das eben. Die dramatischste Flucht aus einem Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg fand in Sobibor statt. Dort sind 300 Menschen durch ein Loch im Zaun entkommen; aber nur eine Handvoll haben die Minen und die Maschinengewehre der SS überlebt.«
    »Lieber Himmel.« Ich verstand jetzt, warum mein Großvater so verwirrt war über das, was er getan hatte. »War es das wert, Rabbi? Wieviel von dem, was mein Großvater vermutet hatte, stimmt? Wieviel von dem, was Brigadegeneral Smith ihnen erzählt hat,

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