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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ziemlichen Schock erlitten«, sagte er und ging langsam die Reihen der Bücher durch. »Mac und ich saßen zu Hause und sahen CNN. Das Ultimatum für Desert Storm war kurz davor, abzulaufen. Wir sahen einen Bericht, in dem amerikanische Soldaten darauf gedrillt wurden, sich im Falle eines Giftgasangriffs Atropin zu spritzen. Der Moderator erwähnte vor allem Sarin als die gefürchtetste Waffe im irakischen Arsenal.«
    »Mein Gott!«
    Leibowitz drehte sich von dem Regal weg. »Es ist wahr. Bis heute sind Sarin und Soman die tödlichsten Giftgase der Welt.«
    Die Enthüllungen des Rabbi waren schockierend, aber in Wahrheit dachte ich schon nicht mehr an Waffen und Orden. Ich nahm die alte Holzschachtel und holte das Schwarzweißfoto heraus, auf dem die blonde Frau zu sehen war. Sie war wirklich wunderschön.
    »Diese Frau ist Anna Kaas, richtig?«
    Leibowitz nickte. »Sie war das eigentliche Geheimnis im Leben Ihres Großvaters, Mark.«
    »Was ist mit ihr passiert?«
    »Sie hat bis zum Kriegsende in England gelebt. Ich weiß nicht, ob sie und Mark zusammenlebten oder nicht. Aber als der Krieg zu Ende ging, kehrte er nach Amerika zurück.«
    »Sie ist dageblieben?«
    »Ja.«
    »Und er hat meiner Großmutter niemals etwas von ihr erzählt?«
    »Niemals. Zwei Jahre nach dem Krieg ist Anna Kaas nach New York ausgewandert. 1952 hat sie ihr Arztexamen auf der Cornell Medical School abgelegt.«
    »Beeindruckend. Hat mein Großvater sie danach noch einmal wiedergesehen?«
    Der Rabbi schien zu zögern. »Zwei- oder dreimal«, antwortete er schließlich. »In dieser ganzen Zeit. Auf medizinischen Kongressen in New York oder Boston. Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Er hat etwas mit Anna geteilt, was niemand außer Jonas Stern verstehen konnte, und vermutlich nicht einmal der. Stern war aus anderem Holz geschnitzt, glaube ich.«
    Ich stand auf, müde, nach der durchwachten Nacht, aber gleichzeitig von einer merkwürdigen Energie erfüllt. »Es ist sehr schwer zu verstehen«, sagte ich. »Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen oder tun soll. Ich vermute, ich kann nichts tun.«
    Rabbi Leibowitz warf mir einen vielsagenden Blick zu.
    »Was?« fragte ich. »Sekunde mal. Wissen diese Leute, daß mein Großvater tot ist?«
    Er lächelte wehmütig. »Jonas Stern ist selbst schon tot, Mark«
    »Wie bitte?«
    »Er ist 1987 gestorben. Eines Tages erhielt Mark in seinem Büro ein schlichtes Telegramm. Es stammte von Hannah Jansen, aber natürlich hatte sie mit ihrem Ehenamen unterschrieben. Darin stand, daß in Sterns Testament verfügt war, Mark von seinem Tod zu benachrichtigen. Aber das war auch schon alles. Wir haben nie herausgefunden, wie er gestorben ist. Ich habe zwar einige Freunde in Israel angerufen, aber die Israelis sind wie besessen, wenn es um ihre Sicherheit geht.«
    »Und Rachel? Weiß sie es?«
    »Sie weiß es. Ich habe sie am Tag des Unfalls angerufen.«
    Ich ging im Zimmer herum und wurde unerklärlicherweise mit jeder Minute nervöser.
    »Anna weiß es allerdings noch nicht«, sagte Leibowitz. »Und ich finde, Sie sollten es ihr sagen.«
    Ich blieb stehen. »Ich? Warum ich?«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Ich glaube, es wäre passend.«
    »Wo sagten sie, lebt sie? In New York?«
    »Ja. In Westchester. Sie heißt jetzt Anna Hastings.«
    »Sie hat geheiratet?«
    »Natürlich. Sie war nicht der Typ, der sich sein ganzes Leben lang in Einsamkeit verzehrte. Ihr Ehemann ist allerdings vor einigen Jahren gestorben.«
    »Nun, es ist eine Stunde später in New York. Ich denke, ich könnte sie in ein paar Stunden anrufen.«
    Leibowitz wirkte schockiert. »So etwas erledigt man nicht am Telefon, mein Junge.«
    »Sie meinen, ich sollte nach New York fliegen?«
    »Ist das so schwierig? Würde es Sie soviel Zeit kosten? Sie können an einem Tag hin- und zurückfliegen. Sie fahren nach Atlanta, steigen ins Flugzeug und sind da.«
    Ich versuchte mich an meinen Dienstplan im Krankenhaus zu erinnern, und dann fiel mir peinlicherweise ein, daß ich ja die nächsten drei Tage frei hatte. Immerhin waren gerade erst der Mann und die Frau gestorben, die mich aufgezogen hatten. Ich wußte, daß ich eine Weile brauchen würde, um die finanziellen Angelegenheiten zu regeln und so weiter; aber es war klar, daß dies ein paar Tage, wenn nicht gar Monate warten konnte.
    »Was soll's?« sagte ich. »Okay. Ich würde gerne wissen, was sie all die Jahre gemacht hat. Vielleicht bekomme ich ja auch ihre Seite der Geschichte zu

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