Schwarzer Valentinstag
hervorbrachte, das er feierlich auf den Tisch vor den Straßburger Ratsherren legte.
Der Sprecher machte eine lange Pause und sagte dann mit gedämpfter Stimme: »Das Gift, meine Herren.«
Totenstille im Saal.
Herr Einschieß machte eine bedeutsame Miene: »Liebe Herren, wir wissen auch, wie das Gift zusammengesetzt ist: Es enthält Menschenblut, Urin, zu Pulver vermahlene geweihte Hostien, die man aus den Sakramentshäusern der Kirchen gestohlen hat, und einige Zauberkräuter – «
Ein Kaufmann der Stadt Straßburg trat vor, er hatte ein schmales Gesicht und war nicht sehr groß: »Ich heiße Peter Schwarber.« Er schaute die beiden Berner scharf an: »Woher kennt man die Zusammensetzung des Gifts?«
»Ein Aussätziger hat es verraten, der den Juden für Geld geholfen hat.«
»Unter der Folter?«
»Ja.«
»Hat man gesehen, wie der Jude das Gift aus diesem Säckchen genommen und in einen Brunnen geschüttet hat?«
»Man hat das Gift ausprobiert an einem Huhn, an einem Hund, an einem Schwein und an einem Juden. Sie sind alle daran eingegangen«, sprach Herr Einschieß und Herr Füegli nickte.
»Hat dieses Gift dem Juden gehört?«
»Man hat es in seinem Hause gefunden.«
»Herr Einschieß, wart Ihr dabei, als man das Gift gefunden hat?«
»Man hat mich geholt und da war das Gift.«
»War einer von den Herren dabei, die vor unseren Rat gekommen sind?«
»Man hat alle geholt. Und alle haben gesehen, dass das Gift in dem Hause war. Wir beschwören das.«
»Habt Ihr gesehen, wie der Jude das Gift in den Brunnen getan hat?«
»Er hat es gestanden.«
Herr Füegli nickte.
»Unter der Folter?«
»Ja.«
»Bald?«
»Nach fünf Stunden. Vierzehn Grade.«
Herr Schwarber trat zu dem Juden: »Ich, Peter Schwarber, Rat und Kaufmann der freien Reichsstadt Straßburg, frage dich: Bei dem Gott deiner Väter, hast du das Gift in die Brunnen der Stadt Bern geworfen?«
»Ich verwahre mich entschieden dagegen, wie hier in unserem ehrsamen Rat mit der Hilfe einer uns befreundeten Stadt umgegangen wird.« Es war ein dicker Mann mit kostbaren Kleidern, dem aber etwas Mehl am Ärmel hing.
»Herr Bäckermeister Wangenbaum, ich möchte in einer so ernsten Sache nicht – «
»Eben, Herr Schwarber, eben, wenn ich auch nur ein einfacher Bäckermeister bin und Ihr ein großmächtiger Kaufmann, so weiß ich doch, was sich gehört. Da machen die verehrten Ratsmitglieder der Stadt Bern, einer befreundeten Stadt, eine so weite Reise, um uns zu helfen, und Ihr – «
»Es geht nicht um eine weite Reise, es geht um die Frage: Ist es wahr?, Herr Wangenbaum. Es geht um das Leben und die Ehre von vielen Menschen, die unserer Fürsorge anvertraut sind.«
»Eben, Herr Schwarber, eben, es sind uns das Leben und die Ehre der Christen in unserer guten Stadt anvertraut. Ihr müsst blind sein, Herr Schwarber, blind!«
»Die Wahrheit, Herr Wangenbaum – «
»Ja, die Wahrheit, Herr Schwarber, da stehen sechs Mitglieder eines ehrsamen Rates der Stadt Bern und stehen für die Wahrheit ein, und was macht Ihr, Herr Schwarber, Ihr fragt einen überführten und geständigen Juden, Herr Schwarber, ich bitte Euch!«
»Meine Herren, meine Herren, kaltes Blut, ich bitte Sie!«, mischte sich jetzt Herr Dopfschütz ein.
Herr Kropfgans atmete auf.
»Was sagen die Statuten unserer Stadt Straßburg, meine Herren?« Herr Dopfschütz drehte sich um sich selbst und schaute jedem der Ratsherren ins Gesicht. »Ich meine gelesen zu haben, aber bitte, ich kann mich täuschen, dann bitte ich Sie um Nachsicht, meine Herren. Und bitte, Herr Wangenbaum, Ihr wisst, dass ich immer Euer Freund gewesen bin – es soll keine Feindschaft geben zwischen dem Handelsmann und dem Handwerksmann, sage ich immer.«
Herr Kropfgans presste die Hände ineinander.
»Zu den Statuten: Die Statuten unserer lieben und freien Stadt Straßburg sagen, dass nur Geständnisse vor dieses Gericht gebracht werden dürfen, die vor dem Gericht und Rat der Stadt Straßburg gemacht worden sind. Es tut mir Leid, Herr Wangenbaum, Eueren Eifer in Ehren, auch Euch, Ihr Herren aus Bern, bitte ich um Nachsicht, besonders Herrn Einschieß und Herrn Füegli nach ihrer langen Reise. Aber ich bin auf die Statuten der Stadt Straßburg vereidigt und nicht auf die Statuten der schönen, guten und befreundeten Stadt Bern! Und ich meine, das seid auch Ihr, Herr Wangenbaum, so wie jedes Mitglied dieses ehrsamen Rates. Ich glaube nicht, dass wir abstimmen müssen, meine Herren.«
Herr Wangenbaum hatte
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