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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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Taufe zu bewegen. Ein Mönch sprach lange darüber, dass man den Juden ihre kleinen Kinder wegnehmen müsse, um sie zu taufen und in den Klöstern christlich zu erziehen. Das sei verdienstvoll, und der Himmel sei einem sicher.
    »Blödsinn«, hörte Christoph einen Mann sagen, der angezogen war wie ein Ritter, »wer soll denn das bezahlen? Die Juden kosten uns auch so schon genug, wenn wir ihre Zinsen bezahlen sollen. Wen kümmern ihre Bankerte?«
    Ein Geistlicher, vielleicht ein Pfarrherr, redete nur kurz. Er begann damit, dass die Juden das auserwählte Volk Gottes seien und dass man dem Urteil Gottes nicht vorgreifen dürfe, dass dies auch die Auffassung des Papstes sei, der Morde an Juden verboten habe – noch alle Päpste hätten Morde an Juden verboten. Schließlich sagte er: »Gott will keine Menschenopfer, Abraham musste Isaak nicht opfern. Wir Christen haben als Erstes die Pflicht der Liebe.« Er hatte mit leiser Stimme gesprochen, so hatten ihn nur die vordersten Reihen hören können. Die begannen jetzt ein solches Geschrei, dass der Redner nicht mehr zu hören war.
    Der Bischof, der ihm zornig zugehört hatte, gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen.
    Schließlich redete ein dürrer Herr im schwarzen Talar sehr lange. Er gab einen historischen Überblick: Wie die Juden in allen Ländern versucht hätten sich festzusetzen und wie ihnen das noch nie richtig geglückt sei dank der Wachsamkeit vieler Christen. Vor allem zurzeit der Kreuzzüge sei hier Vorbildliches geleistet worden – gerade auch in den Ländern um den Rhein, wo man die Juden zu Hunderten verbrannt habe. Vorbildliches habe aber vor allem der Papst geschaffen anno 1215, als er den Juden jede Arbeit verbot außer Kleinhandel und Geldverleih gegen Zinsen.
    »Keine jüdischen Handwerker mehr, keine jüdischen Bauern mehr, fast keine jüdischen Kaufleute mehr, man kann sich ja heute schon kaum mehr vorstellen, dass es das alles einmal gegeben hat.
    Das hat sie getroffen bis ins Mark! Der Papst hat auch gute Vorschläge gemacht zum Äußeren der Juden. Aber die Stadt Straßburg hat unverständlicherweise ihre an Gorgon gegebenen Kleiderverordnungen wieder zurückgenommen. Kein Wunder, dass es noch immer Heiraten gibt zwischen Juden und Christen, Ehen, die selbstverständlich vor Gott ungültig sind von Anfang an. Damals, anno 1215, wurde ein Ende eingeleitet, und jetzt muss endlich Schluss sein damit. In Köln stand ihre Synagoge Wand an Wand mit dem christlichen Rathaus, der Bischof von Speyer hat vor vierhundert Jahren Juden in seine Stadt geholt, um den Ruhm der Stadt zu vermehren – das alles muss anders werden. Ich bitte Sie, meine Herren!«
    Christoph hatte das meiste schon von Löb gehört und wusste, dass es stimmte.
    Aber auch in den letzten Jahrzehnten seien immer wieder großartige Dinge geschehen. Er erinnere nur an die Verdienste des Ritters Rindfleisch in Franken, auf dessen Betreiben vor fünfzig Jahren über hundert Judengemeinden ganz ausgelöscht worden seien, nachdem Juden in Rötungen eine Hostie durchbohrt hätten, um Zauber gegen Christen auszuüben. »Tausende von Juden hat man zu ihrem Heil lebendig verbrannt! Heute wissen wir, dass die Juden die Brunnen vergiften, um die Pest unter den Christen zu verbreiten – «
    Herr Wangenbaum sprang auf und klatschte in die Hände.
    Christoph sah Philo, der in einer Ecke stand und mit vielen Bällen und Löffeln gleichzeitig jonglierte, auf der Stirn balancierte er dabei einen großen Kochlöffel. Er hatte Publikum. Ein Graf und einige Ritter hatten sich mit dem Rücken zum Redner gesetzt, um dem Jongleur zuschauen zu können.
    Herr Dopfschütz hatte das Kinn auf die Brust gesenkt und schlief.
     
     
    Am Nachmittag wurde unter viel Lärm und Streit ein kleiner Rat bestimmt, der die Beschlüsse zur Abstimmung am Abend vorbereiten sollte.
    »Ich glaube kaum, dass ich in diesen kleinen Rat hineinkann«, sagte Christoph zu Philo.
    »Das macht nichts«, sagte Philo lachend, »ich bin schon drin!«
    Christoph schaute ihn verwundert an: Wie ein Pfau stolzierte Philo plötzlich einher, ein Wappen auf die Brust gestickt.
    »Du siehst den Diener eines mächtigen Grafen vor dir.«
    »Aber der hat doch seine Diener. Wie – «
    »Der Graf von Reichenweiher hat mich eingestellt, auf Lebenszeit. Er will keinen anderen Leibdiener mehr und ich soll ihn mit Gaukeln unterhalten, so eine Art Hofnarr und Hofgaukler gleichzeitig. Er hat mir schon ein Handgeld von drei Gulden gereicht. Dabei

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