Schwarzer Valentinstag
nicht vorstellen, welche – «
»Macht will er – dazu braucht er das Geld! Salpeter, Schwefel und Kohle will er kaufen!« Nachum schrie es heraus.
»Dann wäre Herr Dopfschütz der Mann, der nachts – es kann einfach nicht sein.« Löb hatte seine Stirn mit den Fingern umspannt.
»Aber man muss doch nur zwei und zwei zusammenzählen, Vater. Er hat die Mittel, die Macht zu ergreifen: nämlich das Substrat, das ihn unbesiegbar macht, und er hat das Geld, um diese Machtergreifung durchzuführen! Du selbst hast es ihm gegeben.«
»Es passt alles sehr gut zusammen. Das muss ich sagen. Aber nur unter der Voraussetzung, dass die Beschreibung Christophs nicht einen anderen Grund hat.«
»Einen anderen Grund, Vater?«
»Die Beschreibung lief durch ganz Straßburg, zugegeben, sie war unter den Bettlern besonders verbreitet, weil sie gezielt dort ausgestreut wurde – man hat Christoph unter den Bettlern vermutet. Aber ein Mann wie Herr Dopfschütz, der die Augen und die Ohren überall hat, kann diese Beschreibung auch von einem seiner Diener oder Knechte gehört haben. Kurz – er sieht Christoph, erinnert sich daran und macht sich den Spaß, Christoph genau so zu beschreiben wie bei den Bettlern. Er hat einen eigenartigen Humor – ich kenne ihn ja schon lange, das passt zu ihm. Man muss von den Menschen nicht immer gleich das Schlimmste denken, Nachum.«
»Vielleicht wollte er damit Christoph und uns auch nur erschrecken, zur Strafe, dass wir ihm Christoph nicht vorgestellt haben.« Esther atmete auf und legte den Arm um ihren Vater.
Nachum war nicht mehr so sicher: »Ich kann es nicht so recht glauben, Vater. Man sollte es genau wissen.«
»Der Frosch – «, begann Löb, »aber aus dem ist nichts mehr herauszubringen.«
»Doch«, sagte Christoph.
Die Nachrichten aus dem Gebiet des Oberrheins waren schrecklich. Überall wurden die Juden auf die Straßen gejagt und zu den Holzgerüsten getrieben, wo sie verbrannt wurden, in Basel war es einige Tage vor Benfeld geschehen, in Zürich, in Solothurn, in Schaffhausen, in Konstanz, in Mühlhausen, in Colmar, in Schlettstadt, in Freiburg, in Speyer, in Worms, in Mainz und in vielen kleineren Städten, selbst in Dörfern verbrannte man Juden. Die Morde an den Juden verbreiteten sich vom Oberrhein aus über das ganze Reich.
In Straßburg lebten die Juden wie auf einer Insel.
Scharen von Flüchtlingen aus ganz Deutschland gingen heimlich in der Nacht nach Osten, wurden dennoch unterwegs ertappt, ausgeraubt und beschimpft, mit Steinen beworfen und mit Prügeln erschlagen, in Flüsse und Sümpfe geworfen. Tausende ließen auch hier noch ihr Leben. Nur ganz wenige ließen sich taufen, obwohl Maimonides, der große Vorfahr der Familie Baruch, ausdrücklich geschrieben hatte, dass dies erlaubt sei, wenn man damit sein Leben retten könne.
»Aber dann geht das Judentum unter«, wiederholte Nachum die Worte seines Vaters, »dann doch lieber auswandern.«
In Straßburg gab es Auflaufe der kleinen Leute. Sie schrien und johlten und forderten die Durchsetzung der Benfelder Beschlüsse auch für die Stadt Straßburg.
Herr Wangenbaum hatte große Auftritte.
Aber der Rat, der mehrfach tagte, lehnte die Beschlüsse ab. Herr Schwarber, Herr Dopfschütz, Herr Eisenhut und Herr Kropfgans setzten sich jedes Mal durch, vor allem mit dem Hinweis auf die Macht des Bischofs, die man stütze, wenn die Juden umgebracht oder vertrieben würden.
»Der Bischof hält es mit den kleinen Leuten, er hetzt sie auf, weil er durch sie wieder Einfluss in der Stadt bekommen will«, sagte Herr Schwarber.
»Wir müssen an das Wohl der ganzen Stadt denken!« So redete Herr Dopfschütz und Herr Kropfgans nickte.
Herr Wangenbaum rang die Hände.
In den Wirtshäusern hockten die Männer am Feierabend länger als sonst: »Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen! Man muss etwas tun!«
»Die reichen Herren machen, was sie wollen. Sie machen Geschäfte mit den Juden, verdienen in einer Woche mehr Geld, als eine ganze Schmiedewerkstatt mit Meister und Gesellen in einem Jahr auffressen kann, und scheren sich einen Dreck, wie es dem einfachen Mann ergeht! Wenn dann der schwarze Tod kommt, so hauen sie ab.«
In Gruppen standen sie in den Gassen. Herr Wangenbaum bekam von Tag zu Tag mehr Zuhörer.
Der Frosch rieb sich die Hände: diese Pest! Er hätte nie gedacht, dass eine Krankheit so einträglich sein konnte.
Der Kauf der neuen Wurzeln war gut gelungen. Niemand ahnte, dass die Rüben,
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