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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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die er billig bei den Bauern erstand, als teuere, unfehlbare Medizin gegen die Pest auf dem Markt der Stadt Lahr angeboten wurden. Die Herstellung hatte er bedeutend verbessert. Er hatte zwar selbst noch nie eine echte Alraunenwurzel in der Hand gehabt, aber sie sahen irgendwie so echt aus, dass er selbst ganz begeistert war. Er hatte das Verfahren der Herstellung beschleunigt und war sehr zufrieden mit sich. Natürlich konnte das Ganze immer noch verbessert werden. Er steckte voller Ideen.
    Seinen Jahrmarktstand hatte er vergrößert. Neue Bilder waren aufgehängt, noch viel eindrucksvoller als die ersten, einen Fiedler und einen Trommler hatte er zu dem Dudelsackpfeifer engagiert. Sie konnten gemeinsam und einzeln spielen, sie konnten sich auch abwechseln. Er musste sie natürlich bezahlen. Aber das waren Hungerleider, Musikanten, die froh um jedes Stück Brot sein mussten, das er ihnen gab. So blieb für ihn selbst genügend übrig, er konnte sich ausrechnen, dass er sich in kurzer Zeit mit einer riesigen, nie geahnten Geldsumme zur Ruhe setzen konnte.
    Und die Pest?
    Der Frosch hatte vor ihr keine Angst. Er hatte das Gefühl, dass Geld der beste Schutz vor der Krankheit war. Niemals war Blutgeld besser angelegt worden.
    Und jetzt folgte die Krönung. Da war dieser Bote aus Straßburg, der ihn einlud zu geschäftlichen Gesprächen. Es schwindelte ihn: Er, der kleine Gauner, der Habenichts, auf dem alle herumgetrampelt waren, sollte womöglich Teilhaber werden! Teilhaber eines der reichsten Männer am Oberrhein. Zumindest würde ein wirklicher Kaufmann Geld in sein Geschäft stecken. Er konnte das Geschäft in großem Stil fortsetzen, vielleicht sogar eines Tages mit echter Mandragora handeln. Sein Erfolg hatte sich in der Geschäftswelt herumgesprochen!
    Schade, dass der Diener, der so reich gekleidet war, nicht den Namen seines Herrn verraten hatte. Im Geschäftsleben dürfe man nicht alles an die große Glocke hängen. Noch sei ja kein Abschluss gemacht. Der Diener hatte aber ganz locker mit ihm über geschäftliche Dinge geplaudert und gezeigt, wie gut er sich auskannte. Und er hatte ganz gut mitgehalten bei diesem Gespräch. Er hatte gleich gemerkt, dass ihm der Diener auf den Zahn fühlen sollte, und er hatte sich bestens geschlagen. Der Diener war auch befugt ihn nach Straßburg zu begleiten – ob er nicht überhaupt seinen Stand in Straßburg aufbauen wolle?
    So kamen sie nach Straßburg mit Dudelsackpfeifer, Trommler und Fiedler. Den Stand solle er erst nach der Unterredung aufbauen, hatte ihn der Diener angewiesen, er solle sich zuerst sehr unauffällig verhalten, weil sein Herr auf seinen guten Ruf bedacht sein müsse. Deshalb könne er ihn leider vorerst auch nicht in sein Haus aufnehmen.
    Der Frosch hatte aber nicht widerstehen können und auf einem kleinen Platz einen kleinen Stand, nur mit den alten Bildern und dem Dudelsackpfeifer, aufgebaut. Er verkaufte recht gut. Man konnte den Umsatz steigern, indem man in die Verkaufsrede die Juden mit einbezog, wie sie die Brunnen vergiften würden, und wie gerade die Alraunenwurzel das beste Mittel gegen dieses Gift sei.
    »Es ist erprobt, meine Herren und schönen Damen«, rief er, »es ist erprobt in Italien, Spanien und in der Schweiz mit den besten Erfolgen, freilich ist es nicht ganz billig und nicht jeder kann es sich leisten. So gibt es leider trotz dieses Wundermittels sehr, sehr viele Tote in den genannten Ländern. Und hier in Straßburg wird ja nichts gegen die Juden, diese Brunnenvergifter, unternommen. Kauft, ihr Leute, kauft.«
    Welch ein Glück, dass er in Straßburg war, wo den Juden nichts geschah.
    Da stand endlich der Diener seines künftigen Geschäftspartners vor ihm. Er solle heute Abend in ein von ihm genau bezeichnetes Haus kommen an der Ill, wo man miteinander reden könne, ohne dass halb Straßburg davon Wind bekomme. Sein Herr bedauere das sehr, aber er lasse ihn grüßen und hoffe, dass der Gang der Geschäfte den Herrn – wahrhaftig, er nannte ihn einen Herrn – völlig zufrieden stellen werde.
    Es war keine gute Gegend, wohin der Diener ihn bestellt hatte. Vom Gerberviertel herüber stank es nach Gerberlohe.
    Wie er diesen Geruch hasste, der ihn an seine armselige Herkunft erinnerte! Sein Vater war Gerbergehilfe in Pforzheim gewesen und hatte sein bisschen Lohn immer versoffen. Seine Mutter musste sich und ihren Sohn mit Gefälligkeiten für Männer durchbringen, wie sie das nannte. Da war kein Geld für eine Lehre gewesen.

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