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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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nie daran gedacht, dass dieser – wie hieß er noch – Nunda die Pistole nicht für sich selbst besorgt haben könnte?«
    »Doch«, erwiderte ich nach einer Weile. »Ich habe daran gedacht. Aber ich kann es nicht glauben.«
    »Ihre Sache. Bleiben wir also bei diesem sauberen Doktor Fahlenberg.«
    »Mein Problem bei der Sache ist, dass ein Amtshilfeersuchen an die Italiener ihn nur aufscheuchen würde. Wenn er auf Sardinien ähnlich gute Verbindungen hat wie hier, dann wird er vermutlich eine Viertelstunde später auf irgendeiner Yacht in internationalem Gewässer herumschippern und mir eine Nase drehen.«
    »Wenn ich Sie wäre …« Machatscheck drehte nachdenklich sein leeres Weinglas hin und her. »… dann würde ich noch heute nach Sardinien fliegen und mit dem Mann reden. Auge in Auge. Sie haben die Überraschung auf Ihrer Seite. Er wird nicht vorbereitet sein. Und wenn Sie geschickt sind und ein bisschen Glück haben, dann verplappert er sich. Nehmen Sie ein Tonband mit.«
    »Das Ergebnis der Aufzeichnung dürfte ich nicht verwenden.«
    »Aber ich.« Machatscheck grinste in sich hinein. »Wenn Sie ihn nicht zu packen kriegen, dann könnte ich ihm wenigstens das Leben so ungemütlich wie nur möglich machen. Der Mann könnte sich in Deutschland lange nicht mehr blicken lassen. Und falls wir zwei Hübschen noch mehr Glück hätten und die Suppe kocht so richtig schön hoch, dann könnten am Ende auch die Italiener nicht mehr stillhalten.«
    »Sie sind nicht wählerisch in Ihren Methoden«, sagte ich und meinte es fast anerkennend.
    Machatscheck atmete tief ein und aus.
    »Sehen Sie, Herr Gerlach, Sie und ich, wir leben in verschiedenen Welten. Sie in den grünen Tälern der Gerechtigkeit. In Ihrer Welt funktioniert die Justiz, wie sie sollte. Da oben, wo die Leute wohnen, mit denen ich mich herumplage, da gedeiht das Recht nicht mehr. Leichen stinken nicht in so großen Höhen. Gesetze sind dort oben relative Größen, Menschenleben sind Ressourcen und Kostenstellen. Sie wissen, dass die Amerikaner Leute, die sie gerne etwas gründlicher verhören möchten, einfach in Länder verfrachten, wo Folter nicht verboten ist? Und das alles im Namen der Demokratie und Menschenrechte und natürlich einiger großer Konzerne, die praktischerweise alle irgendwie mit dem Präsidenten verwandt oder verschwägert sind.«
    »Das weiß jeder. Die Amerikaner ticken eben ein wenig anders als wir.«
    »Ach, bitte glauben Sie nicht, die Deutschen seien besser. Sie haben sich bisher nur noch nicht erwischen lassen.« Stirnrunzelnd betrachtete er eine Weile einen Punkt auf meiner Stirn. »Erinnern Sie sich, dass vor anderthalb Jahren in Moskau eine komplette Etage einer psychiatrischen Klinik ausbrannte? Fünfundvierzig Frauen sind dabei ums Leben gekommen. Elend verbrannt, weil komischerweise weder das Klinikpersonal noch die Feuerwehr den Schlüssel zur Etagentür finden konnte.«
    »Natürlich erinnere ich mich an die Geschichte.«
    »Und würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen erzähle, dass vierundvierzig dieser toten Frauen reine Kollateralschäden waren? Dass der Anschlag einer Einzigen galt, die man aus guten Gründen in dieser Klinik versteckte, in der Hoffnung, niemand würde sie dort suchen?«
    »Dass in Russland zurzeit nicht alles mit rechten Dingen zugeht, weiß man.«
    Machatscheck tastete nach seiner Waffe und sah wieder in Richtung Tür.
    »Das eigentlich Spannende an der Geschichte ist, dass der Verantwortliche für dieses Massaker in der obersten Etage eines der größten deutschen Konzerne sitzt. Wenn alles gut geht, dann werden Sie das Gesicht dieses Herrn demnächst in den Fernsehnachrichten bewundern dürfen.«
     
    Später begleitete ich Machatscheck zum Bahnhof zurück. Als wir uns in der Halle verabschiedeten, hielt er lange meine Hand fest, und sein Grinsen wurde fast zum Lächeln.
    »Nicht dass Sie jetzt denken, dieser Machatscheck sei ein linker Spinner oder ein fanatischer Weltverbesserer. Ich bin Realist. Die Leute, über die wir gesprochen haben, sind so anständig oder unanständig wie Sie und ich. Die machen ihren Job wie wir. Sie tun, was dem Unternehmen dient, das sie bezahlt. Nur sind sie komischerweise oft der Ansicht, Gesetze seien etwas für die kleinen Leute. Natürlich hat der Mann, hinter dem ich her bin, den Tod dieser Frau nicht angeordnet. Da heißt es natürlich nicht: ›Müller, machen Sie die Frau kalt‹, sondern: ›Müller, wir haben da ein kleines Problem. Sie werden schon wissen,

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