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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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ausführlicher, schließlich handelte es sich um die Wochenendausgabe, man hatte Platz. Da sich noch immer niemand gemeldet hatte, der die Frau kannte, musste man davon ausgehen, dass sie nicht aus der Gegend stammte.
    Nun ist der Hochsommer naturgemäß eine schlechte Zeit zur Identifizierung Unbekannter. Zahllose Wohnungen und Häuser stehen leer, weil ihre Bewohner verreist sind. Wenn jemandem überhaupt auffällt, dass er einen Nachbarn länger nicht gesehen hat, dann wird er diesen in der Regel im Urlaub vermuten. Dieses Mal betrachtete ich das Foto länger als beim ersten Mal und las die Beschreibung aufmerksamer. Ein Etikett in der Bluse verriet, dass diese aus portugiesischer Produktion stammte. Als Schmuck hatte die Unbekannte einen schmalen, silbernen Ring mit einem Bergkristall an der linken Hand getragen sowie ein billiges, ebenfalls silbernes Kettchen mit einem kleinen Kreuz am Hals. Die beiden einfachen Schmuckstücke, die man eher an einem Teenager als an einer erwachsenen Frau erwartet hätte, waren neben ihrem Gesicht vergrößert abgebildet.
    Meine Zwillinge waren an diesem Tag zusammen mit Freunden in Frankfurt, zum ersten Mal in ihrem Leben allein in einer richtigen Großstadt, und ich war deshalb ein wenig unruhig. Vielleicht war dies der Grund dafür, dass ich mich endlich überwinden konnte, einen neuen Schlauch für mein altes, früher einmal sehr geliebtes Motobecane Zwölfgang-Rennrad zu besorgen und auch gleich zu montieren. Da ich schon einmal dabei war, gönnte ich mir gleich noch einen wunderbar weichen Gelsattel als Ersatz für den alten, über die Jahre rissig gewordenen sowie eine neue Klingel, da die alte nur noch heisere Rasselgeräusche von sich gab. Mit zunehmendem Vergnügen putzte, ölte und schraubte ich an meinem Rad herum, und da es nicht gar so heiß war, steckte ich am Ende ein wenig Geld ein und begab mich am späten Nachmittag auf eine Probefahrt.
    Natürlich war es kein Zufall, dass ich den Königstuhl als Ziel wählte. Aber es trieb mich auch keine innere Unruhe, höchstens Neugierde. Jedenfalls hatte es überhaupt nichts mit Schicksal oder Vorsehung zu tun.
    Die Straße zum Gipfel hinauf war verteufelt steil, stellte ich rasch fest. Im kleinsten Gang quälte ich mich aufwärts. Unentwegt wurde ich dabei von bunt gekleideten und meist auch noch fröhlich schwatzenden Radfahrern auf ihren High-Tech-Sportgeräten überholt, und mehr als einmal stand ich kurz davor umzukehren. Aber diese Blöße wollte ich mir dann doch nicht geben.
    Oben angekommen, gönnte ich mir auf der Terrasse des Ausflugslokals ein großes, eiskaltes Weizenbier und genoss dieses lange nicht gekannte Gefühl, Muskeln zu haben, einen Körper, und dazu diese herrliche Aussicht auf den Neckar, das Rheintal, heute ausnahmsweise sogar die Vulkankegel der Pfälzer Berge und die Dampffahnen über den Kühltürmen des Kernkraftwerks Philippsburg. Ich war schweißgebadet und ein wenig glücklich.
    Um mich herum herrschte lärmender Trubel. Die Luft war hier oben viel frischer als im Tal, die Schatten wurden schon länger, es duftete nach sonnendurchglühtem Wald. Eine Wespe machte sich des Mundraubs an meinem Bier schuldig.
    Der Alkohol machte mich müde, und so legte ich mich vor der Weiterfahrt in der Nähe in den Wald. Ich hatte mir sogar Lektüre mitgebracht. Ein abgegriffenes, für den Fahrradtransport geeignetes Bändchen, das ich kürzlich beim Sortieren meines Bücherregals wiedergefunden hatte: Tucholsky, Schloss Gripsholm. Das Buch beginnt damit, dass Tucholskys Ich-Erzähler mit seiner Lydia nach Schweden in Urlaub fährt. Beim Lesen der Sätze »Sie war mir Geliebte, komische Oper, Mutter und Freund. Was ich ihr war, habe ich nie ergründen können« musste ich an Theresa denken. Wir hatten beschlossen, zur selben Zeit Urlaub zu machen, damit wir nicht länger als unbedingt nötig getrennt sein mussten. Das war nicht ganz einfach gewesen, denn zu meinem Leidwesen war Theresa nicht nur verheiratet, sondern ihr Mann auch noch mein Vorgesetzter, Polizeidirektor Liebekind. Und wenn der oberste Polizeichef und der Leiter der Kripo gleichzeitig Urlaub machen, dann ist das ein bisschen kompliziert, hatte ich lernen müssen. Aber irgendwie hatte es dann auf einmal doch geklappt, und ich bin überzeugt, Theresa spielte dabei eine nicht unwesentliche Rolle.
    Nach Thailand war meine Liebste zusammen mit ihrem Mann geflogen, eine Bildungsreise, von der sie schon seit Ewigkeiten träumte, und erst in drei

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