Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
Vom Netzwerk:
abgeschlossen. Eines Dezembertages hatte er zu den
Klängen von Sinatra eine Weihnachtskarte an Präsident Nasser geschrieben und
ihm sowohl für die Invasion, seine schmähliche Kriegsniederlage und die
daraus resultierende Unterstützung der Tankreeder gedankt.
    »Das hast du getan?« Vebjørn lieferte seine feststehende
Replik mit der immer gleichen Munterkeit ab, damit Georg Gelegenheit bekam, die
gleiche Geschichte zum x-ten Mal zum Besten zu geben.
    Georg Spenning war reich, so reich, wie ein großer
Tankreeder sein konnte; so reich, dass sein Reichtum nie ein Thema war.
Zusätzlich zur Tankerflotte hielt er auch noch Anteile an diversen anderen
Unternehmen sowie große Aktienpakete in den USA und Großbritannien. Spennings
bester Hauptgeschäftsführer war Vebjørn Lindeman. »Du bist die
Ankerkette«, brach es manchmal aus ihm heraus. »Du bist, verdammte Axt noch
mal, das Seil, das den ganzen Laden zusammenhält, du alter Suffkopp.«
    Von gebildeten Journalisten wurde der Reeder gerne als
»vielschichtig« und »schillernd« bezeichnet. »Ein Erdbeben« lautete eine
Metapher, die im Reederverband häufig für ihn verwendet wurde. Als Georg
beispielsweise eines Morgens ins Büro kam und in seinem Vorzimmer eine neu
angestellte, wohlgeformte Blondine sitzen sah, rief er umgehend den
Personalchef an und befahl ihm, eine ebenso schöne Brünette einzustellen.
Lautstark verkündete er, dass ihm das Konzept
Black & White
gefiele. Als der Personalchef andeutete, dass die dunkelhaarige überflüssig
sei, antwortete Spenning aufgebracht: »Wenn Black bis zum Lunch nicht an Ort
und Stelle ist, bist
du
überflüssig.« Er war stolz auf seine harten
Seiten. »Ich bin nicht Millionär geworden, weil ich die andere Wange
hingehalten habe. Wir müssen das wilde Fleisch loswerden, Vebjørn, da muss
man eben bis auf den Knochen schneiden.«
    Vebjørn schätzte die Offenheit und die direkte Ansprache
seines Chefs, hatte jedoch schon vor einigen Jahren begriffen, dass Georg
Spenning ein Mann war, der sich auf Dauer nur mit Jasagern umgeben konnte.
Deshalb war ihm klar, dass er nicht ewig in der Reederei würde bleiben
können. Vebjørn war höflich und umgänglich, aber er besaß Integrität –
und es gab eine
Grenze.
Er war in vielerlei Hinsicht das absolute
Gegenteil des Reeders. Wenn Spenning mit vor Zorn erblasstem Gesicht jeden
verwünschte, der neue Traumhöhen des Reichtums blockierte, steckte Vebjørn
kühl den Weg zum Erfolg ab. Wenn es sein musste, ignorierte er Befehle, um das
Boot sicher in den Hafen zu bringen.
    Mit Sicherheit wusste Georg Spenning, dass seine jüngste
Tochter Bette Line für eine geraume Zeit Vebjørns Geliebte gewesen war. Doch
er hatte sich nie etwas anmerken lassen. Nicht einmal, wenn Bette Line auf
einem Stapellauf die Champagnerflasche am Schiffsrumpf zerschmetterte oder der
Veranstaltung auf andere Weise Glanz verlieh. Am liebsten tauchte sie auf, wenn
Vebjørn in Begleitung von Liv war. Bei einem ebensolchen Stapellauf stellte
Liv Vebjørn schließlich zur Rede. Sie waren im Hotelzimmer und machten sich
für das Fest bereit.
    »Lüg nicht, damit machst du dich nur lächerlich. Alle
sehen es, alle wissen es. Sie haben Mitleid mit mir, und du glaubst, dass ich
das nicht merke?«
    Vebjørn hatte nicht gewusst, was er erwidern sollte. Im
tiefsten Inneren war er sich sicher, dass seine Gefühle für Liv das waren,
was man gemeinhin Liebe nannte. Er hatte eine feste Vorstellung von dem Leben,
das er sich ersehnte. Es war ein Bild, auf dem vier Personen zu sehen waren:
Liv, die beiden Jungen und er selbst an einem Tisch im Esszimmer oder während
einer Pause auf einer Skitour, wenn sie auf ihren Skiern saßen und im Schnee
Apfelsinen schälten. Eine Art Harmonie und die Bestätigung, dass die
wichtigste Entscheidung seines Lebens sinnvoll gewesen war. Derartige Bilder
passten nur schlecht zu der Szene im Hotelzimmer. Liv stand am Fenster, er an
der Tür. Sie starrten einander still an, bis er verstohlen auf seine
Armbanduhr sah und sagte:
    »Das Essen. Bist du so weit?«
    »Wofür? Um deine Huren zu treffen?«
    Bette Line Spenning war Mitte zwanzig, und wie die meisten
Töchter reicher Reeder war sie schön, selbstbewusst, verwöhnt und maßlos.
Bette Line war eine Frau, die sich so lange nehmen würde, was sie begehrte,
bis sie eines Morgens in den Spiegel sah, die ersten Anzeichen von Falten
erkannte und begriff, dass es an der Zeit war,

Weitere Kostenlose Bücher