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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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der vielen großen Probleme, denen er bei der Erschaffung einer fast ganz aus gelbem Luxin bestehenden Mauer begegnet war, war der Umstand, dass das gesamte Luxin versiegelt werden musste. Das Siegel war immer der schwächste Punkt. Wenn man diese eine Stelle durchschmelzen konnte – keine geringe Leistung, aber trotzdem –, zerfiel das ganze Gebilde. Da er seine Mauer abschnittsweise gebaut hatte, war jeder Abschnitt für sich versiegelt. Wenn ein Abschnitt versagte, wäre das eine Katastrophe – ein ganzer Abschnitt der Mauer, fünfzig Schritt breit, würde binnen Sekunden zu flüssigem Licht zerlaufen.
    Das war wahrscheinlich der Grund, warum vor Gavin niemand idiotisch genug gewesen war, eine ganze Mauer aus gelbem Luxin zu erschaffen.
    Die Lösung war der Gipfel der Einfachheit gewesen: zwei Schichten Luxin, die sich gegenseitig schützten, und die Siegel auf der Innenseite. Diese Methode war nicht neu, aber das Siegel war immer das Letzte, das man berührte. Also konnte man es nicht wirklich innen anbringen, jedenfalls nicht bei etwas so Großem wie einer Mauer. Man konnte ein Siegel schützen, indem man es mit weiterem Luxin bedeckte und dieses versiegelte, aber ein Siegel würde immer auf der Außenseite sein. Die meisten Wandler hätten das Siegel bedeckt und das zweite Siegel ebenfalls und noch einmal das dritte und es dabei belassen.
    Für Gavin war das nicht gut genug gewesen. Er hatte die gesamte zweite Schicht der Mauer auf Stützen erbaut und auf der Unterseite versiegelt. Als die Zugpferde die Stützen wegzogen und die zweite Schicht der Mauer sich auf die erste senkte, entstand eine Struktur, deren Versiegelung – soweit Gavin bekannt war, zum ersten Mal überhaupt – wirklich geschützt war, nicht nur durch das gelbe Luxin, sondern auch durch das gewaltige Gewicht der Mauer. Und da die einzelnen Mauerabschnitte miteinander verzahnt waren, würde es umso schwieriger sein, einen Teil der Mauer anzuheben, um an die Versiegelung zu kommen.
    Gavin baute etwas Monumentales, etwas Reines, und es fühlte sich großartig an. Dieses Bauwerk würde noch lange nach seinem Tod stehen. Es gab nicht viele Männer, die das von sich behaupten konnten. Die Einheimischen nannten es bereits die Leuchtwassermauer.
    Nachdem Gavin zu dem Ingenieur hinübergeeilt war, der gerufen hatte, fand er heraus, dass eine der Stützen nicht weit genug weggezogen worden war. Die obere Mauerschale war daraufgekracht und hatte die zwei Schritt breite Säule zur Hälfte in die Erde gerammt. An dieser Stelle fügten sich die benachbarten Abschnitte der Mauer nicht so perfekt zusammen, wie sie es sollten.
    »Drei Minuten, bis unsere Artillerie ihre Position eingenommen haben wird!«, rief Corvan nach unten.
    Verdammter Mist! Gavin ließ sich neben der breiten gelben Stütze auf die Knie fallen und wischte hastig Schmutz weg. Die Stütze war im Gegensatz zu den Mauersektionen genau für diesen Fall gut sichtbar auf der Außenseite versiegelt. Genau … da! Gavin sandte ein wenig Infrarot in das Siegel, und die gesamte Stütze löste sich auf. Das gelbe Luxin verflüssigte sich auf der Stelle. Die Mauer senkte sich mit einem tiefen Grollen und Rumpeln in die vorgesehene Position.
    Zum ersten Mal seit Stunden – es fühlte sich an, als seien Tage vergangen, obwohl erst früher Abend war – zog er seine Aufmerksamkeit von der Mauer ab, betrachtete die versammelten Menschen und hielt Ausschau nach demjenigen, den er brauchte.
    Es hatten sich Tausende versammelt. Die meisten der Bewohner Garristons wollten sehen, wie die Mauer gebaut wurde. Verkäufer hatten ihre Wagen und Buden aufgestellt. Minnesänger schlenderten durch die Menge, spielten und bettelten die Leute um Münzen an. Soldaten hielten Durchgänge frei und begannen Gerätschaften, Pulver, Seile, Kugeln und Schrot für die Kanonen sowie Feuerholz für die Öfen zu transportieren, außerdem zusätzliche Rüstungen, Pfeile und Musketen. Andere bedienten die Kräne, sobald die zweite Schicht an ihrem Platz war. Wandler strömten durch das Innere der Mauer, versiegelten auffällige Risse und hielten nach kleinen Mängeln Ausschau, die sie beheben konnten, oder nach größeren, die Gavins Hand bedurften. Die Schwarzgardisten – annähernd hundert Männer und Frauen – standen ebenfalls in der Nähe.
    Sie hatten bereits alle aufgefordert zu gehen, aber sie konnten nicht genug Männer erübrigen, um Ordnung zu erzwingen. Die Menschen waren zu neugierig; sie wussten, dass

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