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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dich bitte von deinem heiligen Arsch erheben und mir helfen?
    General Danavis hatte während der letzten Tage Garristons Verteidiger organisiert, ausgebildet, gefördert, gefeuert und wiederum ausgebildet. Zwanzig Stunden am Tag, manchmal zweiundzwanzig. Es war unmenschlich, und doch war es nicht genug. Gavin war an die Disziplin und die förderliche Mischung aus Führbarkeit und Selbständigkeit von Veteranen gewöhnt. Am Ende des Kriegs der Prismen hatten seine Männer hervorragend zusammengearbeitet. Seine Veteranen hätten buchstäblich nur ein Drittel der Zeit gebraucht, die diese Männer brauchten, um die Mauer mit Vorräten auszustatten. Seine altgedienten Kanoniere wären längst feuerbereit gewesen. Aber diese Männer hier kannten einander kaum und trauten einander erst recht nicht. Dadurch ging alles quälend langsam, und Gavin gewöhnte sich schlecht daran, wie langsam sie waren.
    Wir sind zum Scheitern verurteilt.
    Aber dann wandelte er rasch ein Podest, um von außen etwas Abstand von dem offenen Torbogen zu gewinnen, und bei dieser Gelegenheit sah er die Mauer zum ersten Mal so, wie seine Feinde sie sehen würden.
    Dieser verdammte junge Künstler hatte sein Meisterwerk geschaffen.
    Gavin war derjenige gewesen, der die Formen ausgefüllt hatte, aber er hatte immer über ihnen geschwebt, und während er dafür gesorgt hatte, dass die Sektionen zusammenpassten, hatte er sich stets auf der anderen Seite der Mauer befunden. Jetzt sah er sie im Ganzen.
    Die gesamte Mauer – die ganze gewaltige, gebogene Wegstrecke – erstrahlte in der Farbe der Sonne, wenn sie zum ersten Mal ihr Gesicht zeigt. Dieses Strahlen kam von dem flüssigen Gelb – um Haaresbreite von perfektem, hartem Gelb entfernt –, das hinter der ersten Schicht von perfektem Gelb trieb. Das flüssige Gelb würde jedweden Schaden beheben, der die Außenmauer befiel. Aber dann sah Gavin innerhalb dieser dünnen Schicht, dass seine alten Wandler, zweifellos unter der Anleitung von Aheyyad, ihre eigene Note hinterlassen hatten. Wenn ein Feind nahte, würde er sehen, dass es auf der ganzen Mauer von verabscheuenswürdigen Dingen nur so wimmelte. Spinnen, so groß wie der Kopf eines Mannes, schienen über die Mauer zu kriechen und innezuhalten, während ihre kleinen Kiefer klackten. Winzige Drachen schienen herabzustoßen und sich zu drehen. Missbilligende Gesichter kreiselten aus der Düsternis empor. Eine Frau lief vor einer Kreatur mit vielen Reißzähnen davon, wurde in Stücke gerissen und lebendig verschlungen, ihr Gesicht eine Maske der Verzweiflung. Ein Mann, der am Fuß der Mauer entlangzugehen schien, wurde von Händen gepackt, die aus dem Nebel auftauchten und ihn hineinrissen. Schöne Frauen, verwandelt in Ungeheuer mit gegabelten Zungen und riesigen Klauen. Blut sickerte zu Boden und bildete dort Pfützen. Und das waren nur die Dinge, die Gavin mit einem flüchtigen Blick erfassen konnte. Es war, als seien die Wandler zusammengekommen und hätten sämtliche Albträume in die Mauer einfließen lassen, die ein jeder von ihnen jemals gehabt hatte. Dies alles waren Illusionen, bloße Bilder innerhalb der Mauer, aber ein Feind würde das nicht von Anfang an wissen, und selbst wenn er es wusste, war das Spektakel so beängstigend wie die Immernacht selbst. Besser noch, es würde feindliche Bogenschützen und Musketiere ablenken und daran hindern, akkurate Schüsse auf die von diesen Bildern verborgenen Schießscharten abzugeben.
    Und das waren lediglich die einfachen Mauerabschnitte. Dazwischen blickte von jedem Kragstein der Mauer die finstere, erschreckende Gestalt eines Prismas auf die Angreifer hinab. Gavin sah, dass jedes Prisma der vergangenen vierhundert Jahre in die Wand eingearbeitet war, mit Lucidonius an der rechten Seite und Gavin an der linken. Über ihnen, über dem gewaltigen Torloch, ragte die finster blickende Gestalt Orholams selbst auf, strahlend und zornig, und seine Arme bildeten die Bögen des Tores. Jeder, der dieses Tor angriff, würde Orholam selbst angreifen und all seine Prismen. Ein genialer kleiner Trick, um den Angreifern Unbehagen einzuflößen. Jede Figur, Orholam eingeschlossen, hatte schlau versteckte Gusserker, um Angreifer mit Steinen, Feuer oder Magie zu empfangen.
    Gavin verkniff sich einen weiteren Fluch. Er hatte gute fünf Sekunden innegehalten und seine eigene verdammte Mauer bewundert. Er hatte keine Zeit.
    Für einen Moment dachte er daran, die Torlücke einfach zu schließen, einfach eine

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