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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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nahm sie plötzlich Kampfhaltung ein, aus ihren Unterarmen sprangen lange, schützende Dornen empor, und Platten blauen Luxins verfestigten sich wie Panzer über ihrer Haut.
    Scheiße!
    »He, Mädchen! Ich sagte, Wein!«, erklang eine Stimme.
    Liv drehte sich um und fand sich Auge in Auge mit einem Mann wieder, dessen ganzer Körper von grauenvollen Brandnarben bedeckt war. Ein Infraroter, mit dem eigenartigen Schimmer von Feuerkristallen, die durch seine Halos gebrochen waren. Er hielt Liv ein Glas hin, und sie füllte es zitternd mit Wein und wandte den Blick ab, bis er ebenfalls wegschaute. Der Mann hielt in einer Hand eine Nebelpfeife, und überall auf seiner Haut waren frische Brandwunden. Als Liv genauer hinschaute, wurde ihr klar, dass er sich die Brandwunden mit Absicht zufügte. Er versuchte, seine ganze Haut tief genug zu vernarben, um jedes Gefühl darin zu verlieren. Bis dahin stumpfte er sich auf jede ihm zur Verfügung stehende Weise gegen den Schmerz ab.
    Es musste unglaublich gefährlich sein, sich auch nur in solcher Nähe zu einem wahnsinnigen Feuerwandler aufzuhalten. Er konnte sich normalerweise nicht kontrollieren, und jetzt war er betrunken und berauscht von Nebel.
    Der Mann war kaum weggegangen, als Liv einige hundert Meter entfernt einen Flammenstrahl in den Nachthimmel schießen sah. Sie hielt inne, und einige der Farbwichte taten das Gleiche, stießen ihren Nachbarn an und deuteten auf das Spektakel.
    Was immer es gewesen war, der Wandler, der es getan hatte, war mächtig gewesen. Das war eine Menge Feuer, um es in die Nacht zu schleudern. Woher hatte er das Licht, um das zu tun? Von einem der Lagerfeuer?
    Dann geschah es noch einmal, und das Feuer beherrschte mehrere Sekunden lang den Himmel. Furcht schnürte Liv die Kehle zu. Kip! Nein, das war lächerlich. Kip war grün/blau. Feuer, Infrarot, war das entgegengesetzte Ende des Spektrums. Es konnte nicht Kip sein. Die Farbwichte lachten nur, als sei einer von ihnen dort draußen und amüsiere sich.
    Orholam, Kip könnte dort draußen in der Nacht getötet werden. Liv musste gehen.
    Sie drehte sich um und verließ das Lager. Sie rannte beinahe in ein Dutzend Spiegelmänner hinein, die eine in ein prachtvolles schwarzes Kleid gewandete Frau mit violetten Augenkappen aus dem Pavillon des Königs eskortierten. Liv blieb stehen. Karris.
    Sie eilten vorbei, aber Liv hatte keinen Zweifel, wohin sie gingen. Karris wurde in diesem seltsamen violetten Wagen festgehalten, den sie gesehen hatte. Liv hätte schon früher darauf kommen sollen.
    Trotzdem, jedweder Jubel, den Liv über die Entdeckung von Karris empfunden hatte – sie hatte sie tatsächlich am ersten Tag gefunden, in einem Lager von vielleicht hunderttausend Seelen, wenn nicht noch mehr –, wurde von ihrer Angst um Kip erstickt.
    Als sie aus dem Bereich der Wandler herauskam, setzte sie ihre gelbe Brille auf. Niemand belästigte sie. Sie erreichte die Stelle, an der sie mit Kip verabredet war, gerade rechtzeitig, aber er war nicht da. Er kam auch nicht mehr.
    Am nächsten Tag erfuhr sie, dass ein dicker Junge mit tyreanischer Haut und blauen Augen angegriffen worden war und fünf Männer getötet hatte – oder zehn oder zwanzig oder außerdem noch fünf Frauen, je nach dem Gerücht – und Feuer in die Luft geworfen hatte. Wandler und Spiegelmänner hatten ihn mitgenommen. Trotz der Unmöglichkeiten – Kip konnte kein Infrarot wandeln – bestätigte ihr die Intuition ihren Verdacht. Es war Kip gewesen. Sie war sich sicher. Jemand hatte Feuer gewandelt, jemand anders hatte diese Menschen getötet, und Kip war fortgeholt worden.
    Sie suchte zwei Tage lang nach ihm. Ohne auch nur eine Spur zu finden.

72
    Während die Sonne sich dem Horizont entgegenschleppte, gab Gavin das Zeichen, und die Peitschen der Fuhrmänner knallten. Die Zugpferde machten einen Satz nach vorn. Ihre Geschirre und die Zugseile, die sie mit den großen gelben Luxin-Stützen verbanden, spannten sich für einen Moment. Dann fielen die Stützen, und die Pferde rissen sie von der fallenden Mauer weg.
    Die letzte Schicht gelben Luxins schlug donnernd auf dem Boden auf und erschütterte die Erde. Gavin ging schnell hinüber, um sich davon zu überzeugen, dass alles plangemäß verlief.
    »Eine Wegstrecke entfernt!«, rief Corvan. Er stand auf der Mauer und schaute zu König Garaduls gewaltiger Armee hinüber.
    »Scheiße!«
    »Hier, Lord Prisma!«, rief einer der Ingenieure.
    Gavin eilte zu ihm hinüber. Das letzte

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