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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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schlechten Entscheidungen gesehen, sondern Gavins »Verrat« und ihre Enttäuschung. Kip war ein zerschlagener Traum gewesen.
    Binnen einer halben Stunde wurde Kip müde. Seine Arme brannten. Er dachte daran, dass Gavin stundenlang praktisch gerannt war. Die Vorstellung, das Prisma schon so bald zu wecken, erfüllte ihn mit Scham. Er war immer schnell müde geworden, aber wenn er seine ursprüngliche Erschöpfung überwunden hatte, hatte er stets eine Menge Durchhaltekraft besessen.
    Er würde das Prisma nicht wecken. Auf keinen Fall. Der Mann sollte sich ausruhen. So viel war Kip ihm schuldig. Kip würde weitergehen, bis Gavin erwachte. Selbst wenn es ihn umbrachte. Er schwor es sich.
    Der Eid erfüllte Kip mit einem guten Gefühl. Er war bedeutungslos. Ein Nichts. Aber er konnte dem Prisma den Schlaf einer Nacht schenken. Er konnte etwas tun. Er konnte eine Rolle spielen, in einem kleinen Maß, aber in einem größeren Maß, als er das je zuvor in seinem Leben getan hatte.
    Er ging weiter. Das Prisma hatte ihn heute gerettet. Das Prisma persönlich! Gavin hatte König Garadul in die Knie gezwungen. Er hatte zwanzig oder mehr von Garaduls Spiegelmännern getötet – und war davongegangen. Und Kip hatte wahrscheinlich alles in Gefahr gebracht, indem er versucht hatte, den König anzugreifen. Wie dumm konnte man sein? Bei all den Wandlern dort hatte Kip gedacht, er könne den König bezwingen? Dumm!
    Trotz der Kühle der Nacht dauerte es nicht lange, bis Kip schweißdurchnässt war. Aus seinem schnellen Schritt war ein Trotten geworden, aber dieses Trotten trieb das Boot immer noch so schnell an wie der Galopp eines Pferdes.
    Kip war so konzentriert darauf durchzuhalten, dass er das Lager erst bemerkte, als er es bereits erreicht hatte. Am Feuer zechten vielleicht ein Dutzend Männer, tranken und lachten, während einer von ihnen auf einer übel verstimmten Laute spielte. Kip trottete weiter, und sein Gehirn begriff zuerst nicht recht, worum es sich hier handeln mochte. Die Männer waren alle bewaffnet, einschließlich des einen, der aussah, als solle er Wache halten – dieser eine hielt noch immer seine Armbrust gespannt, bereit auf seiner Schulter …
    Kip dachte daran zu flüstern, um Gavin zu wecken, aber sie waren so nah an dem Lager, dass alles, was laut genug war, um das Prisma zu wecken, vielleicht auch laut genug war, um über den Fluss zu dem Armbrustschützen vorzudringen, der am Rand des vom Feuer erhellten Kreises stand, den Körper dem Fluss zugewandt, den Kopf jedoch zu seinen Kameraden gedreht.
    Das Boot glitt mit einem leisen Rauschen durchs Wasser, das sich kaum vom Plätschern der Wellen am Flussufer abhob. Gewiss würde es nicht zu hören sein in dem munteren Knistern des Feuers. Die Banditen hatten den Fluss zum Teil eingedämmt, mit Felsen, die zu beiden Seiten aus dem Wasser ragten. Sie hatten Planken darüber gelegt, um einen Gehweg mit nur einer winzigen Lücke in der Mitte zu schaffen. Jedes Boot, das versuchte durchzukommen, würde zumindest in Reichweite ihrer Speere sein.
    Kip könnte sich rasch von den Rudern losmachen und Gavin berühren – aber was würde Gavin tun? Es war Nacht. Es gab nicht viel Licht, mit dem ein Prisma hätte arbeiten können. Vielleicht wenn Kip ihn früher geweckt hätte. Jetzt war es zu spät. Er hatte sie wahrscheinlich beide getötet. Er würde auf die Lücke zuhalten und das Beste hoffen müssen.
    Er lenkte das Boot auf die Lücke zu und keuchte auf, als in der letzten Sekunde das Mondlicht die letzte Falle der Banditen enthüllte: Ein kräftiger, geschärfter Pfahl steckte im Flussbett und ragte ein paar Daumenbreit über die Oberfläche des Wassers auf. Jeder, der versuchte, durch die Lücke zu fahren, würde aufgespießt werden, mit einem klaffenden Loch in seinem Rumpf.
    Der Luxin-Rumpf des Bootes berührte den Pfahl kaum und glitt vorbei.
    Kip warf einen Blick auf den Armbrustschützen, als das Boot durch die Zähne der Falle der Banditen schlüpfte. Der Mann war nur wenige Jahre älter als Kip. Er lachte glücklich und streckte die Hand einem der anderen Männer hin, um einen Weinschlauch zu erbitten.
    Dann war Kip durch. Der Bogenschütze drehte sich um, schüttelte den Kopf und erstarrte, als er Kip sah. In der Dunkelheit musste das durchscheinende Luxin des Bootes beinahe unsichtbar gewesen sein, und das Feuer verdarb dem Wachposten die Nachtsicht. Er sah einen fetten Jungen, der an ihm vorbeirannte – auf der Oberfläche des Flusses.

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