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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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sein.«
    Für einen Moment war er sich eines menschlichen Gefühls bewusst, das sich kaum an der Schwelle seiner Wahrnehmung befand. Verlust – Zorn darüber, dass er jahrelang, Jahre der Entwürdigung lang, Pisse und Öl geschrubbt hatte, für nichts und wieder nichts. Sein Bruder hatte kein Interesse daran, ihn zu entwürdigen. Das war nicht seine Art. All diese Anstrengung, für nichts und wieder nichts. Er drehte diese Gefühle wie einen seltsamen Stein in seinen Händen hin und her, dann warf er sie beiseite. Sie trübten nur seine Sicht.
    Irgendetwas war direkt vor seiner Nase, und er sah es nicht. Es musste etwas Offenkundiges sein, etwas, das nicht mehr erforderte, als dass er das Problem aus einem neuen Blickwinkel betrachtete. Sein Bruder war in dieser Art von Überlegungen so gut gewesen.
    »Vielleicht ist die einzige Frage die, ob du dies auf Gavins Art oder auf Dazens Art tun wirst?«, überlegte der tote Mann laut. Er hatte dieses kleine, überlegene, spöttische Lächeln. Dazen wollte ihm das Gesicht einschlagen, wenn er so grinste.
    Aber vielleicht hatte er recht. Das war die Falle: zu versuchen, dies auf Gavins Art zu tun. Wenn er dies auf die Art seines Bruders tat, würde es nur tiefer hinabführen.
    Er legte seine luxgefüllten Hände auf den Boden und ertastete die Anlage der gesamten Struktur. Die Zelle war natürlich versiegelt, gehärtet und geschützt gegen simple magische Einwirkung, aber wie zuvor fühlte es sich im Süden anders an. Nicht dass er sicher gewesen wäre, dass es die Südseite war, er hatte lediglich beschlossen, dass dieser eine Bereich, der sich anders anfühlte, für ihn Süden war, sein Magnet. Das war die Stelle, an der sein Bruder stand, wenn er ihn besuchte. Er war seit langer Zeit nicht mehr gekommen, aber hinter den blauen Luxin-Wänden dort befand sich ein Raum, in den Gavin gehen konnte, wenn er nach seinem Bruder schauen und sich davon überzeugen wollte, dass er noch immer ein Gefangener war, noch immer sicher weggesperrt vor der Welt, noch immer leidend, wie er es gehofft hatte.
    Das würde die Schwäche sein. Das Luxin dort musste dünner sein, simpler, damit Gavin es manipulieren konnte, um hindurchzuschauen. Es würde natürlich mit Zaubern belegt sein, aber Gavin konnte nicht an alles gedacht haben. Er hatte nur einen Monat Zeit gehabt.
    Doch jeder Versuch Dazens mit Feuer war ein Fehlschlag gewesen. Rotes Luxin war entflammbar, daher hatte er gedacht, dass er, wenn er sich schnitt, rotes Luxin wandeln könnte. Das konnte er auch, ein klein wenig. Aber das brachte nichts, es sei denn, er konnte es brennen lassen. Ein Feuer würde ihm ein volles Spektrum von Licht geben, mit dem er arbeiten konnte – und er würde aus seinem Gefängnis fliehen können. Aber er hatte nichts, um einen Funken zu entfachen. Der Versuch, Hitze aus seinem eigenen Körper zu locken, hatte beinahe funktioniert – oder zumindest hatte er gedacht, er sei nahe dran, und er hatte sich um ein Haar selbst getötet, als er seinen Körper das letzte Mal zu weit abgekühlt hatte.
    Es war einfach nicht möglich. Er würde hier unten sterben. Es gab nichts, was er tun konnte.
    Er wandelte einen Vorschlaghammer und schlug damit schreiend auf die Wand ein. Er zersprang natürlich. Die Wand hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
    Dazen rieb sich das Gesicht. Nein, der Feind war Verzweiflung. Er musste seine Kräfte schonen. Morgen würde er wieder die Schale ausreiben. Vielleicht würde morgen der Tag sein.
    Er wusste, dass es nicht so sein würde, aber er hielt trotzdem an der Lüge fest.
    In der Wand begann der tote Mann zu kichern.

23
    »Wir müssen über die Zukunft sprechen«, sagte Gavin. »Du musst einige Entscheidungen treffen.«
    Kip sah das Prisma über ihr Feuer hinweg an. Die Nacht kam schnell auf ihrer kleinen Insel. Kip hatte anscheinend stundenlang geschlafen und Garriston vollkommen verpasst; er war erst erwacht, als ihr Boot schlingerte und bei Einbruch der Nacht auf den Sand traf.
    »Wie lange werde ich leben?«, fragte Kip. Er war verdrossen, hungrig und begann gerade erst, einige der Konsequenzen dessen, was während der letzten zwei Tage geschehen war, zu begreifen.
    »Eine Frage für Orholam persönlich. Ich bin nur sein bescheidenes Prisma«, erwiderte Gavin, und ein schiefes Lächeln zupfte an seinen Lippen. Er blickte in die Dunkelheit hinein.
    »Ihr wisst, was ich meine.« Es kam schärfer heraus, als Kip beabsichtigt hatte. Alle, die er kannte, waren tot, und

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