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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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jetzt ein guter Zeitpunkt sei, um sich zu verkrampfen, und beide taten es. Dann sein linker Arm. Er schlug mit dem anderen Arm aufs Wasser wie ein lahmer Vogel, bekam etwas Luft in die Lunge und versank wieder. Ein Teil von ihm wusste, dass er sich treiben lassen konnte. Er war erst gestern mehrere Wegstrecken weit flussabwärts getrieben, aber die Panik hatte ihn noch immer voll im Griff. Er strampelte, holte zur falschen Zeit Luft und bekam Wasser in die Lunge.
    Sein Kopf schmerzte. Orholam, es war, als risse ihm jemand sämtliche Haare aus.
    Er spuckte und prustete. Er war an der Luft! Süße, herrliche Luft! Jemand hatte ihn an den Haaren gepackt und aus dem Wasser gezogen. Er hustete noch zweimal und schlug dann die Augen auf.
    Das Prisma zwinkerte ihm zu – nein, es war kein Zwinkern. Das Prisma blinzelte sich das Wasser aus den Augen, das Kip ihm gerade ins Gesicht gespuckt hatte.
    Lass mich jetzt sterben.
    Der Mann zerrte Kip ins Boot, das inzwischen breiter geworden war, einen Kiel hatte und viel stabiler war als zuvor. Kip ließ den Kopf hängen und rieb sich Arme und Beine, bis er sie wieder bewegen konnte. Das Prisma stand abwartend über ihm. Kip schluckte, zuckte zusammen und wappnete sich gegen den Zorn des großen Mannes. Er blickte einfältig auf.
    »Ich liebe ein Bad am Morgen«, sagte Gavin. »Ziemlich erfrischend.« Und er zwinkerte.

22
    Dazen Guile erwachte langsam, und seine Sinne wurden von der erstickenden, blauen Einförmigkeit seines Kerkers bombardiert. Ein dreimaliger dumpfer Aufprall, ein dreimaliges Zischen, und sein Frühstück landete auf dem Kerkerboden. Ungeachtet der Kälte in seinen Gliedern, ungeachtet der Steifheit und des Schmerzes in seinem Körper, weil er mit nur einer dünnen Decke auf blauem Luxin geschlafen hatte, setzte er sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Der tote Mann pfiff unmelodisch vor sich hin, lehnte sich an die gegenüberliegende Wand und wackelte zu einem nicht existenten Rhythmus mit dem Kopf.
    Der Wahnsinn aus Blau war ein Wahnsinn der Ordnung. Ein Giist hätte jede Nuance von Gavins Gefängnis verstanden. Aber wann immer Dazen in dem Wahnsinn versank, hatte er Angst, dass er nie wieder daraus hervorkommen würde. Sein letzter Versuch musste Jahre zurückliegen. Seither hatte er eine Menge Blau gewandelt. Wenn er sich jetzt wieder für einen Abstieg in das Blau entschied, könnte er sich damit durchaus für seine Auslöschung entscheiden.
    »Dazen«, sagte der tote Mann. »Du bist heute Morgen Dazen, nicht wahr?« Es war ein Lieblingstrick des toten Mannes, so zu tun, als sei Dazen der Verrückte. »Du denkst doch nicht etwa daran, zu einem Giisten zu werden, oder?«
    Er hasste seinen Bruder dafür, dass er das tat, dass er diese Entscheidung erzwang. Aber in seinem Hass lag keine Leidenschaft. Er war eine nackte Tatsache, so nackt wie seine eigenen Glieder, jedes Mysteriums beraubt.
    Genug. Besser Untergang aus freien Stücken als ewige Folter nach dem Willen seines Bruders.
    Dazen wandelte Blau, als hole er tief Luft. Seine Fingernägel nahmen dieses hassenswerte Blau an, seine Hände, seine Arme. Es breitete sich wie ein eisiger Krebs auf seiner Brust aus, und es kühlte ihn ab. Sein Hass selbst wurde zu einer Kuriosität, einem Mysterium, zu etwas, das so irrational und mächtig war, dass es nicht zu ermessen oder zu verstehen war, sondern nur grob abzuschätzen. Das Blau tränkte seinen ganzen Körper.
    »Schlechte Idee«, sagte der tote Mann. »Ich denke nicht, dass du diesmal rechtzeitig hinauskommen wirst.« Er begann mit kleinen, blauen Luxin-Kugeln zu jonglieren. Er schaffte es jetzt mit fünfen. Als Dazen ihm das erste Mal begegnet war, hatte der tote Mann nicht einmal mit dreien jonglieren können.
    Ohne Leidenschaft, die sein Studium trübte, konnte er die Zelle betrachten. Sein Bruder war brillant. Was hatte er gesagt, nachdem er ihn eingekerkert hatte? »Ich habe diesen Kerker in einem Monat geschaffen, und du wirst so viel Zeit haben, um auszubrechen, wie du brauchst. Betrachte es als eine Prüfung.« Wann immer er aufgegeben hatte, war er zu dieser Bemerkung zurückgekehrt. Es war ein Eingeständnis der Unvollkommenheit. Die Zelle konnte aufgebrochen werden. Es gab eine Schwäche; er brauchte sie lediglich zu finden.
    »Der Höllenstein ist nicht der Schwachpunkt«, murmelte der tote Mann. »Habe ich es dir nicht gesagt? Er respektiert dich zu sehr. Es wird nicht wenige Fingerbreit tief sein, es wird zwei Schritte tief

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