Schwarzes Verlangen
aufwühlenden Empfindungen und der Hitze und dem Druck und der Begierde … in allem. Die Vergangenheit hatte sich in nichts aufgelöst. Ihre Todessehnsucht, geschwächt, wie sie war, hatte ihren letzten Atemzug getan. Kane war zu ihrer eigenen kleinen Welt geworden, und sie hatte nie wieder daraus zum Vorschein kommen wollen.
Und er hatte ebenfalls bei ihr bleiben wollen. Doch … tja. Doch: Das Wort, das alles ruiniert hatte. Sie hatte die Wahl gehabt. Entweder sie blieb mit ihm zusammen und riskierte den Zorn des Königs, oder sie lebte ohne ihn und beschützte ihn so.
Ihn zu beschützen erschien ihr wichtiger als ihre Begierde – aber nur gerade so.
Eines Tages würde Kane ihr vielleicht sogar dankbar sein. Zum Teufel, sogar jetzt schon war er ohne sie glücklich. Er hatte den Ball gemeinsam mit Synda verlassen,und obwohl Josephina nach ihm gesucht hatte, war er ihr seitdem nicht mehr unter die Augen gekommen. Sie hatte keine Ahnung, was zwischen den beiden vorgefallen war, doch die Gerüchteküche brodelte. Kane hatte die Nacht auf der Suite der Prinzessin verbracht.
Eine Träne rollte ihr die Wange herunter, und mit dem Handrücken wischte sie sie fort.
Egal. Josephina war allein im Bedienstetenflügel, und auf Zehenspitzen schlich sie sich über den Flur und spähte aus dem Fenster, das auf die Zufahrt hinausging. Auf der Straße wartete eine lange Reihe von Kutschen; in jeder davon saß mindestens ein Opulen, der wahrscheinlich fast platzte vor Begierde, das Palasttor zu erreichen. Jede Sekunde sollte die Trauung beginnen.
Es gab keinen besseren Zeitpunkt für ihre Flucht. Die Bediensteten waren unten beschäftigt. Der König und die Königin waren abgelenkt. Die Wachen mussten das Gelände bewachen, um sicherzustellen, dass die Phönixe nicht angriffen.
„Im Ernst jetzt?“, erklang hinter ihr eine Stimme. „Du läufst tatsächlich vor mir weg?“
Augenblicklich wirbelte sie herum und stand einem äußerst wütenden Kane gegenüber. Er trug keinen Hochzeitsfrack. Genau genommen sah er sogar … verlottert aus. Auf seinem zerknitterten T-Shirt stand „Honey Badger Don’t Care“, was auch immer das heißen sollte, und seine Hose war an mehreren Stellen zerrissen. Seine Augen waren blutunterlaufen, und um seinen Mund hatten sich tiefe Falten der Anspannung gelegt.
„Warum bist du nicht in der Menschenwelt? Oder, noch besser, warum bist du nicht unten und bereitest dich auf deine Hochzeit vor?“, herrschte sie ihn an und hasste ihn, hasste sich selbst.
„Hast du’s so eilig, mich zu verheiraten?“
Stur hob sie das Kinn. Sie würde sich ihren inneren Aufruhr nicht anmerken lassen. „Du hast die Prinzessin flachgelegt, oder etwa nicht? Ich glaube, du hast es eilig genug für uns beide.“
Seine Züge wurden weicher, und auf einmal sah er so jungenhaft und hoffnungsvoll und entzückend aus, dass ihr die Brust schmerzte. „Entdecke ich da einen Anflug von Eifersucht, Tink?“
„Ganz sicher nicht! Mir ist vollkommen egal, was du tust und mit welchem Flittchen du es tust.“
Das war gelogen. Sie hasste Lügen. Was war nur los mit ihr? Seit sie ihm begegnet war, hatte sie sich in mehr als eine Heulsuse verwandelt. Sie war zu einer Schreckschraube geworden.
Augenblicklich verschwand die Sanftheit aus seinem Gesicht, und er zog die Augenbrauen zusammen. „Okay, alles klar. Ja, ich hab mit ihr geschlafen. Außerdem hab ich mit einer ganzen Wagenladung Frauen geschlafen, schon bevor ich überhaupt nach Séduire gekommen bin. Aber weißt du was? Mit Synda hatte ich den besten Sex meines Lebens.“
Es traf sie wie ein Schlag in die Magengrube, nein, so tief unter die Gürtellinie, dass sie sich nicht sicher war, ob sie sich je davon erholen würde. Die Demütigung ließ ihre Wangen brennen, und möglicherweise mischten sich auch Enttäuschung und Wut darunter. Wie konnte er nur! Wie konnte er nach Josephinas Küssen mit Synda ins Bett steigen und dann auch noch damit prahlen?
Plötzlich überschattete die Wut sämtliche anderen Emotionen.
„Glückwunsch“, sagte sie so trocken wie möglich. „Du bist offiziell genauso wie jeder andere Mann in diesem Königreich.“ Sie hatte ihm das Leben gerettet, und umgekehrt ebenso. Die Umstände hatten nicht zugelassen, dass sie ein Paarwurden, aber sie hätten Freunde sein können. Die ganze Zeit über hatte sie seine Freundin sein wollen. Doch gerade eben hatte er jede Hoffnung auf einen solchen Ausgang zunichtegemacht. „Ich wünschte, du hättest
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